Form-Check
Gleich mehrere Dinge machen für den Playoff-Auftakt der SC Volleys gegen Suhl Mut: Starspielerin Justine Wong-Orantes, der Erfolgskurs von Trainer Riccardo Boieri – und die Bilanz der letzten Jahre. Aber: Der Viertelfinal-Gegner ist unangenehm.
Nur wenige Tage vor Beginn der Playoffs hat der SC Potsdam ein starkes Zeichen gesetzt. Der Volleyball-Verein aus Brandenburg hat den Vertrag mit Trainer Riccardo Boieri vorzeitig bis 2026 verlängert. Der 36 Jahre alte Italiener übernahm den Posten erst zu Beginn der laufenden Saison und hat nun den Lohn seiner guten Arbeit erhalten. "Wir schätzen seine akribische Art, seinen Hang zur Perfektion. Sein Training ist stets sehr strukturiert", nennt Potsdams Geschäftsführer Eugen Benzel einige der Gründe für die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses. "Ich freue mich über das Vertrauen der Verantwortliche", sagte Boieri.
Boieri war von 2014 bis 2018 als Co-Trainer und Scout bei den Potsdamerinnen tätig, wechselte danach für ein Jahr in die Schweiz und wurde nach seiner Rückkehr zu den Brandenburgerinnen wieder Co-Trainer unter Guillermo Naranjo Hernandez. Nach dem Wechsel Hernandez' zu Galatasaray Istanbul wurde Boieri zum Cheftrainer befördert. Vergangene Saison wurde Potsdam unter ihm Vizemeister. Doch auch in der laufenden Spielzeit läuft es sehr gut für Boieri und seine Spielerinnen – positive Vorzeichen für das erste Spiel im Playoff-Viertelfinale gegen den VfB Suhl am Sonntag (17 Uhr).
Pokalfinale, Achtelfinale in der Champions League und das bereits erwähnte Playoff-Viertelfinale in der Volleyball-Bundesliga durch Platz vier nach Haupt- und Zwischenrunde – die Bilanz des SC Potsdam in der laufenden Saison lässt sich in jedem Fall sehen, wirkt aufgrund der Geschehnisse vor Beginn der Spielzeit aber noch einmal beeindruckender. Eine bis heute noch nicht vollständig aufgearbeitete Steueraffäre hatte den Verein erschüttert. Der Skandal hatte zur Folge, dass Potsdam sechs Punkte abgezogen wurden und es zu Nach- wie Strafzahlungen gekommen ist. Ein herber Rückschlag, der in einer sportlichen Delle hätte münden können.
Doch es kam anders. Trotz eines drastischen Umbruchs vor Saisonbeginn hat sich der SC Potsdam auf hohem Niveau eingependelt. "Wir haben viel getauscht. Eine total neue Situation, ein total neuer Staff, ein total neuer Verein. Bislang ging der Umbruch sehr gut auf. Ich habe eine Mannschaft, die sehr leicht zu trainieren ist", resümierte Trainer Boieri hochzufrieden gegenüber rbb|24. Geschäftsführer Benzel pflichtet ihm bei: "Die Ziele, die wir uns intern gesteckt haben, wurden absolut erfüllt. Es ist aber noch nicht vorbei, die Meisterschaft steht noch aus – aber bis hierhin können wir mit allem Erreichten dieser neu formierten Mannschaft zufrieden sein."
Laut Benzel wurden die Erwartungen sogar übertroffen: "So gut, denke ich, haben wir es nicht erwartet. Gerade der Start war ungewiss. Wir wussten, dass der Qualität der einzelnen Spielerinnen gut ist – vermutlich individuell nochmal besser als letztes Jahr. Wir wussten aber nicht, ob es ein Team wird. Das haben wir trotz einer zwischendurch schwierigen Phase geschafft, der Umbruch ist also geglückt."
Dass die frisch zusammengestellte Mannschaft so schnell zu sich gefunden hat, liegt auch maßgeblich an Justine Wong-Orantes. Die 28-jährige US-Amerikanerin wechselte im vergangenen Sommer aus Frankreich nach Potsdam – ein regelrechter Coup für die Brandenburger. Schließlich spielt die Libera seit langem auf dem allerhöchsten Niveau, wurde 2021 Olympiasiegerin in Tokio. "Für mich war die Bundesliga schon immer eine sehr konkurrenzfähige Liga. Als Potsdam mir das Angebot machte, wusste ich, dass sie in der Champions League spielen werden und letzte Saison Zweiter der Bundesliga geworden sind. Das war eine sehr gute Möglichkeit für mich. Ich hatte auch nur gute Erfahrungen mit Deutschland gemacht, deshalb war es ein No Brainer für mich", erklärt Wong-Orantes, die schon für Schwerin und Wiesbaden spielte, ihre Entscheidung pro Potsdam.
Es sollte sich als ein guter Karriereschritt herausstellen – Wong-Orantes wurde Anhieb eine Schlüsselfigur für Potsdam. "Justine ist erstens ein sehr guter, bescheidener Mensch. Außerdem coacht sie das Team auf dem Feld, ist wie eine zweite Trainerin. Sie versteht sehr viel von diesem Spiel und ich bin in der glücklichen Lage, durch sie Dinge über Volleyball zu lernen, da sie auf dem höchsten Level gespielt hat, das wir in Potsdam jemals hatten. Und trotzdem nimmt sie Korrekturen an ihrem Spiel sehr gut an", schwärmt Trainer Boieri von der Kalifornierin, die von Geschäftsführer Benzel als "sehr wichtiger Baustein" für das Kollektiv beschrieben wird.
"Es gab auf jeden Fall Höhen und Tiefen, aber das erleben alle Teams jede Saison. Für uns gilt: Wir haben sehr klare Ansätze davon gesehen, was unser Team im Stande ist zu leisten. Das ist sehr aufregend, besonders, da wir nun in die letzte Phase der Saison hineinkommen", fasst Wong-Orantes die bisherige Saison zusammen. "Jedes Spiel in den Playoffs wird ein Kampf. Wir können die Erfahrungen der bisherigen Saison mitnehmen und zu unserem Vorteil nutzen." In die Spiele gegen den VfB Suhl wolle sie ohne Erwartungshaltung gehen, wenngleich sie auf einen Vorteil hoffe, dass das erste Spiel Zuhause stattfindet.
Trainer Boieri beschreibt Suhl als einen sehr unangenehmen und gut organisierten Gegner. "Es ist eine Mannschaft ohne Bank, es sind nur sieben Leute – aber es sind sieben gute Leute, bis zum Schluss kämpfen. Playoffs sind immer schwierig einzuschätzen. Letztes Jahr waren wir im Viertelfinale gegen Suhl fast ausgeschieden und haben es dann doch noch bis ins Finale geschafft. Es verhält sich immer wie ein Münzwurf." Der Italiener will die letzte Saison bestätigen, die im Finaleinzug mündete. "Ich denke aber noch nicht so weit: Es wäre bereits der beste Tag meines Lebens, das Viertelfinale zu überstehen." Wie anspruchsvoll das wird, zeigen auch die Duelle mit Suhl in der laufenden Saison: Von drei Aufeinandertreffen in der Liga konnten die Potsdamerinnen nur eines für sich entscheiden.
"Ein interner Wunsch – nennen wir es mal so – ist es, da anzuknüpfen, wo wir letztes Jahr aufgehört haben", so Geschäftsführer Benzel. Potsdams Liga-Platzierung der letzten zwei Saisons: Platz zwei. Besser wäre nur die deutsche Meisterschaft.
Sendung: rbb24, 20.03.2024, 21:45 Uhr
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