Real von Chamisso
2019 entschlossen sich Spieler des kleinen Kreuzberger Hockeyvereins Real von Chamisso, Kante gegen Rassismus zu zeigen. Damit traten sie eine Welle der Unterstützung los, die bis heute anhält.
Manche Meldungen gehen im Strom der Nachrichten unter. Aber sie verdienen größere Aufmerksamkeit, vor allem, wenn man die Geschichte dahinter kennt. Diese Mitteilung zum Beispiel: "Hockey-Bund setzt Zeichen gegen Rechtsextremismus", titelten am 8. Februar mehrere Nachrichtenplattformen.
Im Vorfeld der Hallen-Europameisterschaft in Berlin nutzte der Deutsche Hockey-Bund (DHB) die Aufmerksamkeit, um "die Stimme zu erheben und Gesicht zu zeigen gegen den aufkommenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus", wie es von Verbandsseite hieß.
Dabei handele es sich um die Unterstützung einer Initiative des Hockeyvereins "Real von Chamisso". Zur Einordnung: Der sogenannte RvC, das ist Hockey auf Hobbyniveau. Die abgelaufene Hallenspielzeit schloss das Team aus Kreuzberg in der Regionalliga Ost als Zweitplatzierter ab. "Wir wollen gemeinsam Hockey spielen und dabei vor allem Spaß haben", heißt es auf der Homepage des Vereins.
Es geht also um Freizeitsportler, die ein Projekt gegen Rassismus starteten, welches später vom nationalen Verband aufgegriffen wurde. Man will mehr erfahren.
Vereinsmitglied Rami-Habib Eid-Sabbagh habe vor einigen Jahren zunehmend das Gefühl bekommen, so erzählt er im Interview mit rbb24, dass der Rassismus in Deutschland "immer salonfähiger wird". Als "Extrempunkte" bezeichnet der Hockeyspieler den versuchten Massenmord eines Rechtsextremisten an Juden in einer Synagoge in Halle im Oktober 2019 sowie den Anschlag in Hanau im Februar 2020, als ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen mit Migrationsgeschichte aus rassistischen Motiven erschoss.
"Wir haben als Verein beschlossen, dass wir da ein Zeichen setzen wollen und auch ein bisschen aufrütteln wollen", so Eid-Sabbagh. Es sei vor allem darum gegangen, andere Vereine zu motivieren, sich für eine tolerante und "offene Gesellschaft einzusetzen und sich gegen Rassismus zu positionieren".
"Man muss auch immer im Hinterkopf haben: Hockey ist jetzt nicht der mega diverse Sport", sagt Klubpräsident Felix Achner, der ebenfalls als Spieler für Real von Chamisso aktiv ist. "Die Szene ist relativ bürgerlich, relativ weiß." Das habe allerdings als zusätzliche Motivation gedient, sich nicht in die "kleine Hockey-Bubble" zurückzuziehen, sondern sich der Aufgabe bewusst zu sein, "als zivilgesellschaftlicher Akteur ein Zeichen zu setzen".
Und so formulierten die Team-Mitglieder eine gemeinsame Stellungnahme und entwickelten ein Logo, bei dem sich ein schwarzer und ein weißer Hockeyschläger kreuzen, mit der Aufschrift "Hockey gegen Rassismus". Das Logo konnten sich andere Vereine zu Eigen machen. Mehrere Klubs aus ganz Deutschland sind nachgezogen, auch ein Bundesligist habe nun Interesse angemeldet, so Achner.
Laut eigenen Angaben unterstützen aktuell rund 30 Vereine und Verbände die Initiative des RvC. Auch die Referees des Berliner Hockeyverbands förderten demnach die Initiative und trügen das Logo auf den Schiri-Trikots - wodurch das Logo auf zahlreichen Plätzen Woche für Woche präsent ist.
Vor gut zwei Jahren liefen gar die deutschen Hockey-Nationalteams in den sogenannten Pro-League-Spielen mit dem Logo auf dem Trikot zu den Länderspielen auf. Und bei der Heim-EM unterstützte, wie erwähnt, der Hockeyverband öffentlichkeitswirksam die Initiative, die einst in Kreuzberg ihren Anfang nahm.
"Ich hoffe und ich glaube auch, dass das viele Menschen zum Nachdenken einlädt und wir insbesondere im Hockeysport Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass Diskriminierung auch auf dem Hockeyplatz und am Rande der Hockeyplätze ein Thema sein kann", so Achner.
"Wir werden es auf jeden Fall am April nochmal bei der Mitgliederversammlung vom Berliner Hockeyverband auch wieder aufbringen." Damit noch mehr Vereine teilnehmen können an der großen Aktion eines Kreuzberger Hobby-Vereins.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.03.2024, 14 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen