Hertha BSC vor Heimspiel
Viel ist passiert, seitdem die Dauerrivalen Hertha und Schalke zuletzt als Zweitligisten im Olympiastadion aufeinandertrafen - unter anderem ein Mauerfall. Nun wollen die Berliner inmitten einer schwachen Rückrunde wieder einen Heimsieg feiern.
"Es ging schon zu Beginn der Saison ziemlich steil nach unten", sagt Torsten Wieland, Moderator des Schalker Fan-Podcasts TausendFreunde, über die bisherige Spielzeit. "Und weggekommen ist Schalke da unten nie wirklich." Tatsächlich rangierten die mit Aufstiegsambitionen gestarteten Königsblauen in der laufenden Spielzeit noch kein einziges Mal auf einem einstelligen Tabellenplatz.
Der Knackpunkt ist die Defensive. 49 Gegentore kassierte das Team aus Gelsenkirchen bislang, genauso viele wie Schlusslicht VfL Osnabrück. Insbesondere die rechte Abwehrposition mit Henning Matriciani und Cédric Brunner macht Wieland als Schwachstelle aus. Die beiden "hatten echte Probleme, die Seite hinten dicht zu bekommen."
Zuletzt rückte Trainer Karel Geraerts den bislang hinter den Erwartungen bleibenden Mittelfeld-Neuzugang Ron Schallenberg in die Innenverteidigung und positionierte davor Paul Seguin als defensive Schaltstelle. "Das hat gut geklappt", findet Wieland. In zwei Spielen mit dieser Besetzung holte Schalke immerhin vier Punkte, darunter den überraschenden 3:1-Sieg gegen Spitzenreiter FC St. Pauli. Allerdings muss Geraerts für die anstehende Partie in Berlin defensiv erneut umstellen: Der Ex-Unioner Paul Seguin ist gesperrt, außerdem fehlt der vielversprechende Winter-Zugang Brandon Soppy verletzt.
Erschwerend kommt hinzu: "Auswärts hat Schalke die letzten Spiele wirklich überhaupt gar nicht gut performt", so Wieland. Und das trotz regelmäßig großer Fan-Unterstützung. So werden in Berlin weit über 10.000 Schalker erwartet, Trainer Geraerts sprach gar von 15.000 bis 20.000. Trotz des enormen Rückhalts belegen die Knappen in der Auswärtstabelle aktuell nur den 16. Platz. Im laufenden Kalenderjahr hat der Ruhrgebietsklub keinen einzigen Punkt in der Fremde geholt.
"Kenan Karaman ist der beste Schalker Spieler, ganz klar", sagt Wieland. Der Offensivakteur ist mit 16 Torbeteiligungen in 20 Spielen Topscorer des FC Schalke 04. Allerdings verpasste der 31-fache türkische Nationalspieler die Mannschaftstrainings zu Wochenbeginn aufgrund muskulärer Probleme. Ein Ausfall Karamans würde die Schalker Offensive empfindlich schwächen.
Wohin geht die Reise des stolzen Revierklubs? Weit mehr als nur Prestige steht auf dem Spiel im Duell mit Hertha BSC. Eine Niederlage hieße für die Königsblauen Alarmstufe Rot im Abstiegskampf. Zumal für den Klassenerhalt in dieser Saison überraschend viele Punkte nötig sein dürften. Aktuell liegt Eintracht Braunschweig mit verhältnismäßig starken 24 Punkten nur auf dem 17. Platz und würde damit direkt absteigen. Zum Vergleich: Der 17.-Platzierte in der Bundesliga kommt auf magere 16 Punkte (FSV Mainz 05).
"Jetzt muss man zusehen, dass man den Klassenerhalt schafft", sagt Wieland. Danach solle der neue technische Direktor, der auf den jüngst verabschiedeten Vorgänger André Hechelmann folgen soll, an der Seite der Vereinslegende Marc Wilmots "natürlich seine Arbeit machen." Heißt auch: einen Kader bereitstellen, der den gewohnt großen Ambitionen auf Schalke gerecht wird. Ob allerdings Topspieler wie Kenan Karaman oder auch die neue Offensivhoffnung Keke Topp dem Verein über den Sommer hinaus erhalten bleiben, scheint ungewiss.
Pal Dardai (Hertha BSC): "Wir müssen Erfahrungen sammeln. Ich habe immer gesagt, dass es ein Übergangsjahr wird. Nächstes Jahr sagen wir vielleicht, dass wir aufsteigen wollen", sagte Dardai über die Ambitionen der Hertha. Neun Spieltage vor dem Saisonende haben die Berliner sieben Punkte Abstand auf den Relegationsrang. "Wir können träumen und haben auch geträumt. Aber die Realität ist anders."
Karel Geraerts (Schalke 04): "In Berlin in diesem Stadion zu spielen, ist besonders. Ich habe gehört, dass 15.000 bis 20.000 Schalker Fans kommen werden. Das ist nicht normal."
Marc Oliver Kempf ist bei Berlinern nach seiner Verletzung wieder ins Training eingestiegen. Der Innenverteidiger war mit seinem Doppelpack der Matchwinner beim 2:1-Sieg gegen Fürth, zog sich beim zweiten Torerfolg jedoch einen Bänderanriss im Sprunggelenk zu. Fraglich ist, ob Pal Dardai ihn gegen Schalke bereits spielen lassen wird. Ansonsten stehen Dardai bis auf den gesperrten Jonjoe Kenny sowie den langzeitverletzten Agustin Rogel alle Spieler zur Verfügung.
Gewohnt gesetzt ist Flügelstürmer Fabian Reese, der einst beim FC Schalke 04 seinen Durchbruch zum Profi schaffte, sich dort allerdings nicht wirklich durchsetzen konnte und nach Zwischenstationen in Fürth und Kiel in Berlin sein Glück finden sollte.
Unterdessen bestätigte Hertha am Freitag, dass Bence Dardai auf seine Debüt-Saison bei den Hertha-Profis zunächst keine weitere folgen lassen wird. "Bence hat uns informiert, dass er den Verein verlassen wird. Das ist am Ende legitim, dass sich jemand für einen anderen Weg entscheidet", sagte Sportdirektor Benjamin Weber. Der offensive Mittelfeldspieler wird aber bis zum Ende der Spielzeit im Kader stehen.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Zeefuik, Gechter, Leistner, Karbownik - Barkok, Klemens - P. Dardai, Winkler, Reese - Tabakovic
Hertha tritt in der Tabelle auf der Stelle, aber in der engen Zweiten Liga gilt: Drei Punkte katapultieren die Klubs meist um mehrere Plätze nach vorne. So wird der Elftplatzierte auch gegen Schalke 04 auf Sieg spielen, um die zumindest die Außenseiter-Chancen im Aufstiegsrennen aufrecht zu erhalten.
Der Tipp des Gegner-Experten: "Ich bin jetzt mal optimistisch und glaube, dass Schalke überraschen kann”, sagt Torsten Wieland und glaubt an ein 2:1-Sieg der Schalker. "Es wäre ein wichtiges Zeichen, dass der Klub auch auswärts punkten kann."
Der Redaktionstipp: Offenes Visier bei wackligen Abwehrreihen - Hertha und Schalke trennen sich 2:2-Unentschieden.
Sendung: DER TAG, 15.03.2024, 19 Uhr
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