Interview | Ex-Fuchs Heinevetter über Spitzenduell
"Stimmungstechnisch ist das Spiel das Maß aller Dinge"
Tabellenführer Füchse Berlin spielt am Sonntag in der Handball-Bundesliga gegen Verfolger Magdeburg. Silvio Heinevetter hat eine Vergangenheit bei beiden Vereinen. Ein Gespräch über die Stimmung in der Halle, die Rivalität und seine Zukunft.
Handball-Torwart Silvio Heinevetter verbrachte die längste Zeit seiner Karriere bei den Füchsen Berlin. Zuvor spielte der 204-fache Nationalspieler für den SC Magdeburg. Deshalb nimmt er sich vor dem Spitzenduell in der Handball-Bundesliga (Sonntag, ab 16 Uhr live im rbb Fernsehen und im Stream auf rbb24.de) gerne Zeit, um über das Topspiel zu reden - auch wenn er seit 2022 beim TVB Stuttgart im Tor steht.
rbb|24: Guten Morgen, Herr Heinevetter. Am Sonntag spielt in der Bundesliga der Erste gegen den Zweiten: Freuen Sie sich schon auf das Duell?
Silvio Heinevetter: Absolut, das ist ein vorentscheidendes Spiel um die Meisterschaft. Ich glaube, dass es im deutschen Handball aktuell nichts Besseres gibt.
Noch dazu ist es ein Derby: Wie kam es zur Rivalität der beiden Vereine?
Früher war das fast so ein bisschen künstlich aufgebauscht, weil Berlin ebenfalls im Osten von Deutschland spielt. Auch wenn die Füchse ein gebürtiger Westklub aus dem alten Westberlin sind. Aber Derby heißt ja nicht immer, dass man räumlich ganz nah beieinander sein muss. Mittlerweile ist durch die engen sportlichen Duelle eine große Rivalität entstanden.
Sie standen bei dem Duell auf beiden Seiten. Wie erinnern Sie dich an die Spiele zurück?
Das war immer etwas ganz Besonderes, es waren immer wichtige Spiele. Dieses Jahr ist es nicht nur ein unglaublich wichtiges Derby, sondern auch tabellarisch absolut entscheidend.
Die Füchse erwartet in Magdeburg eine besondere Stimmung.
Ich glaube, stimmungstechnisch ist es das Maß aller Dinge, was bei so einem entscheidenden Spiel abgehen wird. Das wird ein absoluter Hexenkessel. Den brauchen die Magdeburger Spieler aber auch, wenn man sich mal den Spielplan anguckt. Die spielen am Donnerstag in Vezprem um den Einzug ins Viertelfinale der Champions League. Die Füchse haben schon am Dienstag gespielt und dabei Mathias Gidsel geschont. Das ist vom Papier her ein klarer Vorteil für Berlin. Deshalb ist die Halle für den SCM sehr wichtig, um das wieder auf Null zu setzen.
Damit sind wir beim Sportlichen. Was sagen Sie als Experte: Wer hat den besseren Torwart?
Ich glaube, man kann gar nicht so genau sagen, wer der bessere Torwart ist. Beide Mannschaften haben gute Abwehrreihen. Wenn Berlin in der Abwehr spielt wie im Hinspiel, dann wird Berlin auch punkten. Aber ich glaube nicht, dass Magdeburg nochmal so harmlos auftreten wird. Die werden einiges entgegensetzen. Beide Torhüter sind gut, entscheidend wird die Kombination aus Abwehr und Torwart.
Füchse-Trainer Jaron Siewert hat seine Abwehr nach dem 39:32-Heimsieg gegen Erlangen kritisiert. Sie haben während des Spiels den Zugriff verloren.
Sie haben deutlich gegen Erlangen gewonnen, das muss man auch erstmal schaffen. Ich glaube, das war jetzt gar nicht so die arge Kritik, er wollte die Jungs eher sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, weil das nächste Spiel eine andere Qualität ist. Wenn sie nochmal so Abwehr spielen, wird es schwierig, deshalb wollte er den Fokus mehr auf die Abwehr legen. Beide Mannschaften können das und werden am Sonntag in Topformation spielen.
Also wird das Spiel vor allem über die Abwehrleistung entschieden.
Ich denke schon. Abwehrleistung heißt ja auch den Angriff und die Individualität des Gegners zu stoppen. Wenn du es schaffst, wenig leichte Tore reinzubekommen, hast du einen Vorteil.
Wer ist der Favorit am Sonntag?
Grundsätzlich würde ich sagen Magdeburg, aber anhand des Spielplans und weil Magdeburg die weite Auswärtsreise nach Veszprem in den Knochen hat, ist die Magdeburger Favoritenstellung fast aufgehoben. Paul Drux und Fabian Wiede sind wieder zurück. Die können das Spiel nicht entscheiden, aber die können einen Gidsel und einen Andersson entlasten. Und das braucht man in solchen Spielen.
Kommen wir zu Ihnen: Wie läuft es in Stuttgart?
Die ersten Mannschaften spielen in einer anderen Liga, aber dahinter wird es dann schon eng. Wenn man sich die Tabelle anguckt, ist zwischen Platz 8 und 15 noch alles relativ eng. Das sind nur ein, zwei, drei, vier Punkte Abstand. Deswegen müssen wir konstant punkten. Wir sind gut in den Monat gestartet und wollen so weiter machen.
Das Kapitel Stuttgart ist für Sie im Sommer vorbei. Dann geht es zurück in Ihre Heimat Thüringen. Freuen Sie sich auf den Wechsel nach Eisenach?
Ich habe mich sehr bewusst für den Wechsel entschieden und freue mich deshalb auch darauf. Ich hoffe natürlich, dass sie es schaffen, in der ersten Liga zu bleibe. Aber bis ich da bin, zählt für mich nur Stuttgart. Ab Sommer bin ich dann aber sehr gerne zurück in Thüringen.
Berlin war elf Jahre Ihre Wahlheimat. Schlägt Ihr Herz am Sonntag deshalb für die Füchse?
Ich kann das gar nicht so genau sagen. Beiden Klubs gehört ein Teil meines Herzens. In Berlin war ich natürlich viel länger. Ich gönne es aber wirklich beiden Mannschaften. Magdeburg spielt in den letzten Jahren so eine große Rolle im deutschen Handball und Berlin hat es jetzt geschafft, mit Superstars wie Gidsel und Andersson eine gute Chance auf eine Meisterschaft zu haben.
Glauben Sie denn, dass es die Füchse endlich schaffen, die erste Meisterschaft nach Berlin zu holen?
Ich glaube, dass das Spiel am Wochenende mit entscheidend sein wird. Aber egal, wie es ausgeht: Wir werden einen Meister sehen, der bis zum letzten Spieltag kämpft und auch die Spiele gegen die vermeintlich Kleinen konstant gewinnen muss.