Ex-Bundestrainerin im Interview
Fast 20 Jahre lang arbeitete Barbara Rittner für den Deutschen Tennis Bund. Vor Kurzem wurde dann ihre Trennung bekanntgegeben. Im Interview spricht sie über erfolgreiche Jahre und die Zukunft des WTA-Turniers in Berlin.
rbb: Barbara Rittner, Mitte Februar wurde nach 19 Jahren überraschend Ihre Trennung vom Deutschen Tennis Bund (DTB) bekanntgegeben. In dieser langen Zeit waren Sie 15 Jahre lang Bundestrainerin. Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe dafür, diese Langzeitbeziehung jetzt zu beenden?
Rittner: Ich möchte da zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts drüber sagen, außer, dass es für mich auch überraschend war.
Für Sie stand eine weitere Zusammenarbeit also im Raum.
Ja, unter gewissen Umständen wäre es für mich weitergegangen.
Sie waren lange Zeit selber Spielerin und haben dann die erfolgreiche Damen-Generation mit Angelique Kerber, Jule Görges, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki begleitet. Wie schauen Sie auf diese Jahre zurück?
Total glücklich und voller Stolz. Ich bin dankbar, dass ich diese Zeit erleben durfte. Ich habe zu all diesen Spielerinnen ein sehr gutes Verhältnis, allen voran Kerber und Petkovic, mit der ich bis zum Schluss beim DTB zusammengearbeitet habe. Das war eine erfolgreiche Zeit, die ich nicht missen möchte. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich zurückdenke.
Woran liegt es, dass die heutige Generation bislang nicht an die damaligen Erfolge anknüpfen konnte und wir im Damen-Tennis eine kleine Delle erleben?
Da kommen viele Dinge zusammen. Meine Philosophie ist, dass die Ablenkung durch die sozialen Medien und die Verführung, sich nicht komplett auf die eine Sache zu konzentrieren, sehr groß ist. Das ist schwierig. Ich persönlich bin froh, dass ich nicht so groß geworden bin. Man muss den Spielerinnen Zeit geben und Geduld haben. Da müssen wir uns auch als Trainer umstellen. Man braucht für den Leistungssport trotzdem eine gewisse Härte und muss eine Mischung finden. Die junge Spielergeneration muss mit der Trainergeneration zusammenfinden, um Erfolge zu feiern.
War die Übermittlung der Verbindung zwischen Arbeitsethos und Freiraum für Sie in den letzten Jahren schwierig?
Ich bin jemand, der sich nicht verbiegen lässt. Ich glaube, dass man nur mit harter Arbeit und dem Verlassen der Komfortzone erfolgreich sein kann. Das wollen nicht alle, aber es gibt natürlich einige, die mitziehen. Es werden aber weniger Talente, die das wollen. Am Ende ist es vielleicht auch eine Philosophie des Verbandes oder einzelner Trainer, die nicht mehr zusammenpasst.
Wem trauen Sie von den aktuellen Spielerinnen perspektivisch eine Top 50- oder Top 20-Platzierung zu?
Es ist immer schwierig Namen zu nennen. Jule Niemeier hat für mich aber auf jeden Fall das Potenzial für die Top 20. Mit Michael Geserer hat sie nun auch einen erfahrenen Trainer gefunden. Eva Lys hat ebenfalls Potenzial und ist mit Anfang 20 noch sehr jung. Dahinter haben wir mit Noma Noha Akugue, die noch die Konstanz sucht, und Ella Seidel, die gerade einmal 19 geworden ist und nebenbei ihr Abitur gemacht hat, gute Spielerinnen. Es gibt also einige Talente. Der Weg ist aber noch weit und sie müssen sich wirklich durchbeißen.
Wäre es für Sie reizvoll, eines dieser Talente in den nächsten Jahren als persönliche Trainerin zu begleiten?
Reizvoll ist für mich im Tennis alles. Ich liebe diese Sportart. Ich habe das aber die letzten 20 Jahre bewusst nicht gemacht, weil ich nicht von einer Spielerin abhängig sein wollte und ich sehr, sehr gerne für den Deutschen Tennis Bund gearbeitet habe. Ich werde jetzt aber über viele Möglichkeiten nachdenken, spruchreif ist aber noch nichts.
Neben Ihrer Tätigkeit beim DTB waren Sie TV-Expertin und werden das sicher auch bleiben. Außerdem sind Sie Direktorin des WTA-Turniers in Berlin. Hier hat sich der derzeitige Hauptsponsor ein Stück weit zurückgezogen. Konnten Sie diese finanzielle Lücke durch einen neuen Sponsor schließen?
Das Turnier heißt derzeit "Berlin Ladies Open". Wir haben also noch keinen neuen Titel-Sponsor, der in dieser Dominanz das Turnier unterstützt. Wir sind hinter den Kulissen dabei und führen viele Gespräche. Es ist in diesen Zeiten aber nicht so einfach. Trotzdem haben wir weiterhin tolle Unterstützer im Turnier. Wir werden also auf jeden Fall ein tolles Turnier 2024 erleben.
Sie haben das Turnier auf Rasen in relativ kurzer Zeit auf die Beine gestellt. Haben Sie jetzt aber die Sorge, dass das Teilnehmerfeld im Vergleich zu den Vorjahren unattraktiver werden könnte?
Nein, überhaupt nicht. Da mache ich mir keine Sorgen. Wir haben den Vorteil, dass wir in der Woche zwischen den Paris Open und Wimbledon liegen. So viele Rasenturniere gibt es dazwischen nicht und ich habe schon von vielen Spielerinnen gehört, dass sie spielen wollen. Der Meldeschluss ist erst vier Wochen vor dem Start. Sorgen mache ich mir eher, dass wir weniger gute Partner finden, die konstant zu diesem Turnier stehen. Mit Corona, dann dem Ukraine-Krieg und jetzt der Fußball-EM, die parallel stattfinden wird, haben wir immer mit Begleiterscheinungen zu kämpfen. Wir machen aber weiter.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lars Becker für das rbb24 Inforadio. Das gesamte Gespräch können Sie als Audio mit einem Klick ins Titelbild nachhören.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.03.24, 18:15 Uhr
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