Exklusiv | Für Hertha-Stadion?
Der Berliner Senat will im Olympiapark die Planung künftig alleine machen. In Charlottenburg-Wilmersdorf glaubt man, den Grund zu kennen: das neue Hertha-Stadion. Als Baufeld wird inzwischen ein anderer Standort diskutiert. Von Sebastian Schöbel
Der Berliner Senat zieht das Planungsrecht für den Olympiapark an sich. Das erfuhr der rbb aus Koalitionskreisen. Demnach haben sich CDU und SPD darauf geeinigt, die Zuständigkeit für die Entwicklung des Geländes in Westend Bausenator Christian Gaebler (SPD) zu übertragen. Als Begründung wird die übergeordnete Bedeutung des Geländes für die Stadt Berlin angeführt. Ein entsprechender Beschluss soll nun im Senat vorbereitet werden.
Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf stößt die Entscheidung allerdings auf Kritik. Er habe das Gefühl, so Baustadtrat Christoph Brzezinski (CDU) auf Nachfrage des rbb, dass damit "der Widerstand des Bezirks gegen ein neues Hertha-Stadion im Olympiapark ausgehebelt werden soll". Zudem sei problematisch, dass der Senat vom Recht, Flächen an sich zu ziehen, "inflationär Gebrauch macht", so Brzezinski.
In der von der Sportverwaltung von Senatorin Iris Spranger (SPD) eigens für den Stadionbau eingesetzten Expertenkommission werden nach rbb-Information derzeit zwei Standorte diskutiert. Bereits bekannt ist der Standort "Lindeneck" nördlich vom Maifeld. Dort müsste allerdings ein Reitverein für das Stadion weichen. Nicht öffentlich bekannt ist bislang allerdings der zweite diskutierte Standort: das alte Reiterstadion südlich vom Maifeld, an der Jesse-Owens-Allee. Auch dort müsste ein Reitverein weichen, der allerdings noch ein Areal außerhalb des Olympiaparks besitzt. Die Expertenkommission zum Fußballstadionbau soll sich laut Informationen des rbb Anfang Mai wieder zusammensetzen - zum ersten Mal seit der Wiederholungswahl 2023. Eine Sitzung Anfang des Jahres war nach dem unerwarteten Tod von Hertha-Präsident Kay Bernstein gestrichen worden.
Sollte sich die Kommission für einen Stadionbau südlich des Maifelds aussprechen, würde das dem Masterplan für den Olympiapark entgegenlaufen. Denn die sogenannte "Vision 2030" sieht unter anderem vor, das Gelände im großen Stil umzubauen und den Reitsport im südwestlichen Teil des Olympiaparks zu konzentrieren - dort, wo möglicherweise das neue Hertha-Stadion entstehen würde. Die Senatsverwaltung für Sport äußerte sich auf rbb-Nachfrage nicht zu den Plänen.
Die "Vision 2030" spielt auch eine große Rolle für eine mögliche Bewerbung Berlins für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2036 oder 2040. Geplant ist unter anderem die Sanierung der Maifeldtribünen und die Errichtung von Ausstellungsflächen für das Sportmuseum Berlin. Die Tribüne des Olympiabades soll saniert und neue Kunstrasenplätze für Hockey, Blindenfußball und Rugby errichtet werden. Zudem soll der Park ein neues Verkehrs- und Tourismuskonzept bekommen und sich mehr für die Bevölkerung öffnen. Für all diese Maßnahmen sind Ausgaben von rund 140 Millionen Euro eingeplant. Allein das Olympia-Sommerbad schlägt dabei mit rund 61 Millionen Euro zu Buche. Der Investitionsbedarf für das gesamte Gelände liegt laut "Vision 2030" bei rund 380 Millionen Euro.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.04.2024, 8:00 Uhr
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