Umstrittener neuer Weg
In dieser Saison wurde der BFC Dynamo bereits mehrfach mit Strafen belegt, weil dessen Anhänger Pyrotechnik im Stadion abbrannten. Nun wagt der Regionalligist ein Novum: Erstmals soll ein Teil der Geldstrafen auf die Fans umgelegt werden.
21.000 Euro – so hoch ist die Summe der Strafen, zu der der BFC Dynamo in der laufenden Saison bereits vom Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) für das Abbrennen von Pyrotechnik verurteilt wurde. Eine Menge Geld für die klamme Kasse des Regionalligisten, der für das Fehlverhalten einiger Fans aufkommen muss.
Für den Berliner Klub ist das kein neues Problem. Immer wieder zünden die eigenen Anhänger im Stadion pyrotechnische Gegenstände und immer wieder hat der Verein die Kosten dafür zu tragen. Bereits in der vergangenen Saison beliefen sich die Strafen laut Verein auf mehr als 30.000 Euro. Auch in diesem Jahr wird die Summe bis zum Ende der Spielzeit wohl noch weiter ansteigen.
Laut einer Vereinsmitteilung stellt das mittlerweile ein nicht kalkulierbares wirtschaftliches Risiko dar. Man habe als Verein nur bedingt Einfluss auf das Verhalten der Zuschauer und es sei "eine Situation, die den Verein aus nachvollziehbaren Gründen zu einer entsprechenden Reaktion zwingt", heißt es weiter.
Deswegen will der BFC nun auf andere Art und Weise versuchen, das Problem zu lösen: Statt die Strafen allein aus der Vereinskasse zu tragen, sollen diese nun teilweise auf die Fans umgelegt werden. Und zwar über die Eintrittspreise. Ausgesucht hat man sich dafür das Spitzenspiel gegen den FC Energie Cottbus am 4. Mai, wo mit einem rappelvollen Stadion im Sportforum Hohenschönhausen (Kapazität von 4.500 Plätzen) zu rechnen ist.
Dort wird der Verein dann erstmals einen Zuschlag in Höhe von drei Euro pro Ticket erheben. Insgesamt 18 Euro (ermäßigt 13 Euro) wird somit ein Tagesticket für die Viertliga-Partie kosten. "Eine Maßnahme, die zum Nachdenken für die Zukunft anregen soll und die verdeutlicht, dass Pyroaktionen dem Verein finanziell schaden", erklärt der BFC. Zusätzlich sprach man sich aber auch für einen zeitnahen Diskurs zwischen Verband, Vereinen und Fans zu dem Thema aus.
Diskurs fordert auch Jost Peter. Er ist 1. Vorsitzender der Fanorganisation "Unsere Kurve", welche für die Belange von Fußball-Fans einsteht. Von dem Vorgehen des BFC Dynamo hält er wenig. "Dadurch das man jetzt jeden Besucher in Haftung nimmt, wird es eher polarisieren als dem Thema helfen", erklärt er.
Von dem Ticketpreis-Aufschlag seien schließlich nicht nur die Pyro-Zünder betroffen, sondern auch alle anderen Menschen im Stadion. Sogar die Gästefans von Energie Cottbus sind nicht von dem Aufschlag befreit. "Damit regt man die Fans ja nicht zum Nachdenken an. Das ist zerstörerisch und der erhoffte Dialog wird gerade dadurch schwieriger, weil sich die Fronten verhärten", erklärt er.
Für den wirtschaftlichen Schaden der Berliner habe er aber grundsätzlich Verständnis und sieht viel mehr die Verbände in der Pflicht. "Das Problem wird nicht mit Geldstrafen für die Vereine gelöst, schließlich hat sich an der Situation in den letzten Jahren auch gar nichts verändert. Es bräuchte vom Verband einen Vorschlag zum Dialog, der tragfähig ist. Aber dieser existiert seit Jahren nicht."
Peter wünscht sich, dass durch einen intensiven Diskurs, an dem auch Polizei und Feuerwehr beteiligt sind, Lösungen gefunden werden, wie das Abbrennen von Pyrotechnik in Stadien reguliert und sicher gemacht werden könnte.
Laut NOFV-Geschäftsführer Till Dahlitz stehen die Türen für einen Diskurs immer offen. "Der generelle Austausch zwischen Verband, Vereinen und Fans ist wichtig und dem stehen wir grundsätzlich nicht im Wege. Unsere Position zum Thema Pyrotechnik ist allerdings klar und es ist fraglich, ob man da auf einen Nenner kommt."
Denn die deutschen Fußballverbände lehnen das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen im Stadion aus Sicherheitsbedenken strikt ab. Deswegen sieht Dahlitz auch trotz der klammen Vereinskassen der Regionalligisten kaum eine Alternative zu den Geldstrafen. "Es ist nun mal verboten und alles, was verboten ist, müssen wir sanktionieren. Einige Vereine sind da sicherlich macht- und hilflos, aber die Sanktionen zu reduzieren oder auszusetzen ist aktuell keine Alternative."
Viel Raum für Verhandlungen gäbe es in einem Diskurs zwischen Verband, Vereinen und Fans also wohl nicht. "Ich wünschte mir sehr, es gäbe eine Patentlösung für das Problem. Aber selbst in höheren Ligen gibt es diese eben nicht. Deswegen erhoffen wir uns, dass die Vereine unter anderem mithilfe der Sanktionen angeregt werden, mit den Fans in den Austausch zu gehen, damit das vereinsschädigende Verhalten seitens der Fans unterlassen wird", sagt der NOFV-Geschäftsführer.
Das scheint beim BFC bislang nicht funktioniert zu haben, weshalb die Berliner nun die Fans zur Kasse bitten und damit einen neuen Weg gehen. "Ob das der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Ich kann das Anliegen und die Situation des BFC Dynamo grundsätzlich verstehen, aber es ist die Frage, ob erhöhte Eintrittspreise nicht eher die Fans verschrecken, die mit dem Zünden von Pyrotechnik überhaupt nichts zu tun haben. Ich hoffe es nicht", sagt Dahlitz.
Es ist aber zumindest ein Versuch, etwas an der schwierigen Situation zu ändern, in der der Verein derzeit der größte Verlierer ist. Die Partie gegen Cottbus wird zu einer vielbetrachteten Premiere werden und zeigen, ob der Ticket-Aufschlag künftig auch für weitere Begegnungen und auch andere Klubs in Frage kommen könnte.
Sendung: Der Tag, 08.04.2024, 18 Uhr
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