Nach einer über weiten Strecken enttäuschenden Leistung hat es Hertha BSC doch noch zu einem Sieg beim SC Paderborn gebracht. Eklatanten Abwehrfehlern stand dabei vor allem eine enorme Effektivität entgegen. Und starke Einwechselspieler.
Hertha nun nur noch fünf Punkte hinter Rang drei
Paderborn mit zwei Lattentreffern und lange das bessere Team
Herthas Einwechselspieler beleben das Berliner Spiel
1,17 zu 0,62 bei den Expected Goals zu Gunsten von Paderborn
Im zehnten Duell gegen Paderborn der siebte Sieg für die Berliner
Zum Auftakt des 28. Spieltags in der Zweiten Fußball-Bundesliga hat Hertha BSC die Chance gewahrt, doch noch einmal ins Aufstiegsrennen einzugreifen. Beim SC Paderborn gewannen die Berliner mit 3:2 (1:1). Die Tore erzielten Raphael Obermair (16. Minute) und Visar Musliu (59.) für Paderborn sowie Aymen Barkok (17.), Bilal Hussein (86.) und Haris Tabakovic (90.) für Hertha. Durch den Sieg rückt die Mannschaft vorübergehend auf Rang sechs, mit nun nur noch fünf Punkten Rückstand auf Relegationsplatz drei.
Eine wieder mal aufregende Woche liegt hinter Fußball-Zweitligist Hertha BSC. Nach einem kleinen Eklat während der Spieltagspressekonferenz zeigt sich Trainer Pal Dardai in Paderborn trotzig. Und gewinnt trotz und wegen dieser fünf Gründe. Von Ilja Behnisch
Hertha foult mit Folgen
Paderborn begann schwungvoll, vor allem das Tempo von Außenstürmer Sirlord Conteh bereitete der Hertha immer wieder Probleme. Dessen Hereingabe nach Konter war es auch, die Berlins Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny zum vermeintlichen 1:0 ins eigene Netz lenkte (6. Minute). Allerdings zählte das Tor wegen einer vorausgegangen Abseitsstellung zurecht nicht.
Hertha wusste sich anschließend häufiger nur durch Foulspiel zu helfen. Nicht ohne Folgen. So setzte zunächst Calvin Brackelmann einen Freistoß aus rund 20 Metern an die Latte. Und das mit derart viel Schmackes, dass naheliegende Seismographen sich zumindest kurz gewundert haben dürften (11.).
Fünf Minuten später war es erneut ein Freistoß, der dann zur Paderborner Führung gereichte. Gegen den perfekt ins Toreck fliegenden Freistoß von Raphael Obermair waren sowohl die Berliner Mauer (und das will, historisch betracht, etwas heißen) als auch Torhüter Marius Gersbeck gänzlich chancenlos.
Paderborn mit einem Gastgeschenk
Umso erstaunlicher, dass die Gäste, die bis dahin nicht erwähnenswert in Erscheinung getreten waren, nur eine Minute später zum direkten Ausgleich kamen. Allerdings nur unter Annahme eines großzügigen Gastgeschenks von Paderborns Kai Klefisch, der sich unter minimalen Gegnerdruck nicht entscheiden konnte, ob er den Ball annehmen oder passen wollte, weshalb er ihn auf nur schwer wiederholbare Weise direkt in Berliner Beine brachte. In der Folge liefen Palko Dardai und Aymen Barkok im Paarflug und ohne Gegner in Sicht auf das Paderborner Tor zu. Nach Querpass von Dardai hatte Barkok schließlich keine Mühe, aus wenigen Metern zum 1:1 einzuschieben.
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Danach aber fand das Spiel in seine scheinbar natürliche Form zurück. Hertha bot Paderborn Räume und Möglichkeiten. Allein ein weiteres Tor wollte nicht fallen, trotz guter Möglichkeiten (Conteh, 30. und 44., Zehnter, 41.) und einem weiteren Lattentreffer. Nach einem Eckball köpfte Paderborns in diesem Augenblick äußerst luftig verteidigter Abwehrchef Visar Musliu gekonnt gegen den eigenen Laufweg, aber doch nicht genau genug (36.).
Hertha dreht das Spiel aus dem Nichts
Auch die zweite Halbzeit begann unverändert. Nach Hereingabe von der rechten Seite war es Sebastian Klaas, der den Ball nach Strafraumgetümmel zwar an Hertha-Schlussmann Marius Gersbeck vorbei stocherte, jedoch nicht an der Rettungsgrätsche von Kenny (48.). In der 60. Minute gelang dem erneut absurd ungedeckten Musliu schließlich, wofür er eine Stunde lang trainiert hatte — ein Kopfballtor nach Eckball.
Hertha schien geschlagen, kam aber doch noch zum Ausgleich. Weil Paderborn nach der Führung zu wenig investierte und Hertha wie aus dem Nichts zunächst durch den eingewechselten Bilal Hussein zum Ausgleich kam (86.), als er eine flache Hereingabe von Kenny aus wenigen Metern über die Linie brachte. Nur um in der 90. Minute nach Konter und famoser Einzelleistung des ebenfalls eingewechselen Ibrahim Maza sogar den Siegtreffer durch Haris Tabakovic bejubeln zu dürfen. Der Schweizer musste nach Querpass von Maza aus zwei Metern nur noch den Fuß hinhalten. In der sechsten Minute der Nachspielzeit hatte Hertha dann noch einmal Glück, als Paderborns Klaas den Ball aus drei Metern nicht richtig kontrollieren konnte und über das Tor brachte.
Reaktionen zum Spiel
Pal Dardai (Hertha BSC): "Wir haben zum Schluss ein bisschen Glück gehabt, aber für dieses Glück haben wir sehr viel gearbeitet. Die erste Halbzeit war nicht gut und der Gegner deutlich besser. [...] In der Halbzeit haben wir Einiges eingeordnet und mit den Wechseln neuen Schwung und eine neue Spielweise gezeigt. Da hat man gespürt: Es kann etwas passieren."
Raphael Obermair (SC Paderborn): "Da waren schon ein paar Dinger dabei, die man machen kann. Wir waren auch immer wieder gefährlich vor dem Tor. Wir müssen da vielleicht noch ein, zwei Dinger mehr machen und dann läuft das vielleicht anders. Sehr bitter heute."
Fabian Reese (Hertha BSC): "Wir sind zwei Mal zurückgekommen - letzte Woche auch schon. Wir haben das ganze Spiel noch gedreht. Ich glaube, wir hatten im Laufe der Saison nicht viele Spiele, die wir dreckig gewonnen haben. Heute endlich mal ein Spiel, das wir dreckig gewonnen haben. Am Ende kommt es auf die drei Punkte an. Das macht uns glücklich. Auch wenn heute bei Weitem nicht alles perfekt war."