Gegenseitige Vorwürfe in Chefetage
Der SC Potsdam sei in Gefahr, von einem Insolvenzantrag war die Rede: Was viele Mitglieder rund um den größten Brandenburger Sportklub aufschreckte, wollte der Verein am Mittwoch nicht bestätigen. Die neue Entwicklung: Teile der Chefetage treten zurück.
Der krisengeschüttelte SC Potsdam kommt nicht zur Ruhe. Am Mittwoch haben Präsident Andreas Klemund und der Verwaltungsratsvorsitzende Stephan Goericke ihren Rücktritt zum Monatsende verkündet. Als Grund geben sie in einer öffentlichen Mitteilung an, zu spät, nämlich erst am Montagabend, über einen neu ermittelten Finanzbedarf für die ausgegliederte Spielbetriebs-GmbH des Volleyball-Topteams informiert worden zu sein. Der Betrag liege bei rund 400.000 Euro und sei damit weit höher als vorher kommuniziert.
So lautet die Version von Klemund und Goericke. Anders stellt es die Vereinsseite dar, von der es in einer Mitteilung vom Mittwoch hieß, es gebe "derzeit keinen Grund dafür, unnötige Ängste zu schüren". Stattdessen werde überprüft, "ob sich der Vereinspräsident und der Verwaltungsratsvorsitzende vereinsschädigend verhalten haben".
Ihren Anfang nahmen die neuerlichen Wirren um den größten Sportverein Brandenburgs am Dienstagabend durch eine Meldung der Märkischen Allgemeinen Zeitung, nach der die Spielbetriebs-Gesellschaft am Mittwoch Insolvenz anmelden müsse. Im Bericht war es um einem Fehlbetrag im mittleren sechsstelligen Bereich gegangen, die Rede war von 450.000 Euro. In Frage steht demnach der Spielbetrieb des Volleyball-Bundesligisten für die kommende Saison.
Angesprochen auf das vermeintliche Minus sagte der Vorstandsvorsitzende Rico Freimuth dem rbb am Mittwoch, es handele sich dabei "um keine valide Zahl, die sicher ist". Mit Experten prüfe der Verein bis spätestens Ende der Woche, um welche Summe es sich tatsächlich handelt.
Die Frage stellt sich, wie es zu der Meldung einer drohenden Insolvenz kam. Die Meldung über einen vermeintlichen Insolvenzantrag erreichte die Spitzenvertreter am Dienstagabend offenbar auf einer Präsidiumssitzung. Klubvertretern zufolge waren dort weder Präsident Klemund noch der Verwaltungsratsvorsitzende Goericke anwesend gewesen.
Freimuth sprach in Bezug auf Goericke und Klemund von einem "Vertrauensverhältnis, das massiv geschädigt" sei: "Weder der Vorstand, noch unsere Presseabteilung, noch irgendein anderes Mitglied unseres Präsidiums hat irgendwelche Informationen darüber gehabt oder einen Kontakt zur MAZ. Demzufolge ist es sehr fragwürdig, wie diese Berichterstattung zustande gekommen ist."
Den Beginn der stürmischen Zeiten rund um den Verein hatte im vorigen Jahr eine Betrugsaffäre markiert. Durch Scheinverträge mit Spielerinnen und Betreuern sollen Teile von Gehältern einkommenssteuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt worden sein. Außer strafrechtlichen Aspekten sei dem Verein durch anstehende Nach- und mögliche Strafzahlungen ein erheblicher finanzieller Schaden entstanden.
Zuletzt schienen die größten finanziellen Probleme gelöst zu sein: Der in erhebliche wirtschaftliche Schieflage geratene Verein teilte im Januar mit, dass der Spielbetrieb seiner Volleyballerinnen gesichert sei. Vorausgegangen waren finanzielle Zusagen der städtischen Unternehmen in Höhe von 225.000 Euro, um das Finanzlücken zu schließen.
Sendung: DER TAG, 24.04.2024, 19:15 Uhr