Final Four der Basketball-Euroleague
Beim Final Four der Basketball-Euroleague treffen in Berlin die Fans zweier Erzrivalen aufeinander. Immer wieder gab es bei Derbys der griechischen Klubs Panathinaikos und Olympiakos Ausschreitungen. Von Lukas Witte
Dieser Beitrag wird nicht mehr aktualisiert. Frische Informationen zu beiden Halbfinals finden Sie hier.
Der Besuch eines Basketball-Spiels gilt hierzulande als familienfreundliche Aktivität. Wer zu Bundesliga-Partien von Alba Berlin geht, den erwartet fast immer eine friedliche Atmosphäre, gut gelaunte Zuschauer, viele Kinder und ein respektvoller Umgang mit Gästefans.
Doch an diesem Wochenende könnte sich in der Arena am Ostbahnhof ein völlig anderes Bild ergeben. Beim Final Four der Euroleague kommt es zum Aufeinandertreffen zweier Erzrivalen, die auf eine traditionsreiche, aber auch von Gewalt und Ausschreitungen geprägte Geschichte zurückblicken.
Nach 2009 und 2016 wird es bereits das dritte Mal sein, dass das Finalturnier der europäischen Königsklasse Halt in Berlin macht. Am Freitag finden erst die beiden Halbfinals statt, am Sonntag stehen dann das Finale und Spiel um Platz drei an. Die Euroleague ist die höchste Spielklasse im europäischen Basketball und ihr Gewinn äußerst prestigereich.
Dementsprechend prominent sind auch die Teilnehmer, die am Wochenende auf dem Parkett stehen: Neben dem Rekordsieger und aktuellen Titelträger Real Madrid (11 Titel), ist mit Fenerbahce Istanbul auch eines der erfolgreichsten türkischen Teams dabei. Für besondere Brisanz sorgt in diesem Jahr die Teilnahme der beiden griechischen Top-Klubs Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen.
Auch sie gehören zu den erfolgreichsten europäischen Teams aller Zeiten, gewannen mehrere Male die Euroleague und liefern sich regelmäßige Kopf-an-Kopf-Duelle in den nationalen Wettbewerben. Doch gerade dort kommt es immer wieder zu unschönen Szenen. Die Rivalität der beiden Teams beschränkt sich nämlich nicht nur auf das Sportliche, sondern auch zwischen den Fanlagern hat sich mit der Zeit eine große Feindschaft entwickelt.
Ob es in Berlin auf dem Feld tatsächlich zum griechischen Derby kommt, hängt vom Ausgang der beiden Halbfinals ab. Piräus trifft am Freitag auf Madrid, während Athen gegen Istanbul ran muss. Weil aber die Tickets immer für ganze Tage und nicht einzelne Spiele verkauft wurden, werden sich die Anhänger beider Seiten in jedem Fall in der Halle gegenüberstehen.
Und dabei könnte es ordentlich knallen. "Das Derby der ewigen Feinde" oder "Mutter aller Kämpfe" werden Aufeinandertreffen von Olympiakos und Panathinaikos in Griechenland genannt. Und tatsächlich gibt es im europäischen Basketball wohl kaum ein Derby, in dem mehr Feuer steckt.
Die Rivalität geht vor allem auf kulturelle und soziale Unterschiede zurück. Piräus ist eine Hafenstadt direkt vor den Toren Athens und geht nahtlos in die Metropole über. Hier war früher die Arbeiterklasse zuhause, aus der sich auch Olympiakos gründete. Panathinaikos kommt hingegen aus dem Zentrum der Hauptstadt und gilt als Klub der Wohlhabenden. "Das ist superemotional. Die Vereine sind dort deine Religion. Die Menschen sind ihr Leben lang Fans, sehr loyal und sehr stolz auf ihr Team", erklärt Patrick Femerling.
Der ehemalige Nationalspieler hat für beide Vereine jeweils zwei Jahre gespielt und dementsprechend einige Derbys selbst mitgemacht. "Das war teilweise vogelwild. Da flog alles durch die Halle und in den gegnerischen Fanblock und die Polizei war in voller Montur mit Helm, Plattenpanzer und Schild in der Halle", erinnert sich der Center.
Körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Fans, Schmähgesänge mit übelsten Beleidigungen, Pyrotechnik in der Halle und Gegenstände, die aufs Spielfeld fliegen – all das wäre in der Basketball-Bundesliga völlig undenkbar, gehört zum "Derby der ewigen Feinde" aber fest dazu.
Besonders in Erinnerung geblieben ist Femerling ein Duell aus der Saison 2001/02, bei dem der serbische Spieler Dejan Bodiroga so lange von den Olympiakos-Fans beleidigt und bespuckt wurde, bis er wutentbrannt eine Wasserflasche auf die Zuschauer warf. "Und dann hat es einfach nur geregnet. Da wurde dann alles, was in den Händen war, auf das Spielfeld geworfen. Der Schiedsrichter hat es nicht rechtzeitig unter den Plastikschutz geschafft und eine Münze unters Auge bekommen, so dass er eine Platzwunde hatte. Dann wurde das Spiel abgebrochen."
Zu dieser Zeit waren bei den Derbys noch Gästefans erlaubt. Bereits vor einigen Jahren reagierte die Liga jedoch auf die Vorfälle und schloss Auswärtsfahrer von jeglichen Hochrisikospielen aus. Spielabbrüche gibt es trotzdem immer wieder. Zuletzt kam es im vergangenen Sommer im vierten Spiel des Finals um die griechische Meisterschaft dazu, nachdem Spieler und Trainer von Olympiakos ununterbrochen mit Laserpointern geblendet und später pyrotechnische Gegenstände auf die Gästebank geworfen worden waren.
Diese Vorfälle beschränken sich längst nicht nur auf Basketball. Egal ob Fußball, Wasserball, Handball oder Tischtennis – wenn Olympiakos auf Panathinaikos trifft, dann kracht es oft. Teilweise auch mit tragischen Ausgängen. Immer wieder kam es in der langen Geschichte des Duells zu Gewalt, durch die sowohl Fans als auch Sicherheitskräfte teils schwer verletzt und sogar getötet wurden.
Erst im vergangenen Dezember war bei Ausschreitungen rund um ein Volleyballspiel zwischen Athen und Piräus ein 31-jähriger Polizist ums Leben gekommen, nachdem er von einer Leuchtrakete getroffen worden war. 400 Randalierer waren daraufhin festgenommen worden.
In den letzten Jahren wurde der griechische Sport immer wieder von solchen Gewaltexzessen heimgesucht. Ein Grund für die Häufung sollen Streitigkeiten zwischen Reedern und anderen Unternehmern sein, die die wichtigsten Teams des Landes besitzen. Griechische Medien werfen den Besitzern der Mannschaften Mitschuld an den Ausschreitungen vor, weil sie keinen mäßigenden Einfluss auf die Anhänger nehmen würden. Die Polizei stellte zudem Verbindungen der Randalierer mit kriminellen Vereinigungen fest.
Während die verfeindeten Anhänger im eigenen Land bei den Derbys wegen des Gästefan-Verbots zumindest nicht mehr innerhalb der Halle aufeinandertreffen können, sieht das im Finalturnier der Euroleague anders aus. Hier dürfen sie gemeinsam in die Arena.
Bereits 2009 standen sich Olympiakos und Panathinaikos in Berlin gegenüber – damals war es friedlich geblieben. Anders sah es 2012 in Istanbul aus, das vorerst letzte Final Four mit Beteiligung beider griechischen Top-Teams. In der türkischen Metropole kam es zu Ausschreitungen in der Innenstadt, die von der Polizei nur durch den Einsatz von Tränengas unterbunden werden konnte. Zudem hatte eine Gruppe aus hunderten Panathinaikos-Anhängern Fanbusse ihres Rivalen angegriffen und dabei schwer beschädigt.
In Berlin ist man aufgrund der Vorgeschichte in Alarmbereitschaft. Die Arena am Ostbahnhof wird am Wochenende mit14.500 Zuschauern ausverkauft sein. Zwar bekamen die teilnehmenden Teams nur ein schmales Kontingent von jeweils etwa 600 Tickets, doch die restlichen Karten aus dem freien Verkauf seien zu 19 Prozent nach Griechenland gegangen, teilte die Euroleague mit. Es darf also mit tausenden Anhängern aus Piräus und Athen zu rechnen sein.
Bereits beim Final Four im Jahr 2009 hatte es verschärfte Sicherheitsvorkehrungen gegeben, mit denen auch nun wieder zu rechnen ist. Damals waren unter anderem große Netze vor die Fanblöcke gespannt worden, damit keine Gegenstände auf das Spielfeld geworfen werden können. Genaue Angaben zu den Maßnahmen an diesem Wochenende wollte der Hallenbetreiber auf Anfrage nicht preisgeben, teilte aber mit, dass es eine Fantrennung geben würde und viermal so viele Ordner im Einsatz seien, wie bei einem normalen ausverkauften Basketball-Spiel.
Auch die Berliner Polizei bereitet sich schon seit dem Feststehen der Finalisten auf das Turnier vor. Dabei sei man auch mit den griechischen Behörden in Kontakt, teilte eine Sprecherin auf rbb-Anfrage mit. Rund 250 Einsatzkräfte würden jeweils am Freitag und Sonntag sowohl außerhalb der Arena als auch im Innenraum im Einsatz sein. Die Beamten sollen unter anderem dabei helfen, die strikte Fantrennung durchzusetzen und so Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden.
"In dem Bewusstsein der Herausforderungen aufgrund der Fanverhältnisse, insbesondere zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der beiden griechischen Mannschaften, führt die Polizei Berlin vor dem Hintergrund möglicher Fanmärsche und Auseinandersetzungen polizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit einer strikten Fantrennung durch. Weiterhin werden die Fangruppierungen verschiedene Eingänge in die Uber-Arena nutzen und ihnen sind innerhalb der Arena nicht direkt nebeneinanderliegende Blöcke fest zugewiesen", teilte die Polizei mit.
Bei all der Sorge vor Ausschreitungen zwischen den griechischen Anhängern, sorgte im Vorfeld des Final Fours nun auch ein Vorfall mit türkischen Fans für Aufsehen. Ein Youtube-Video zeigt die Ankunft von Panathinaikos Athen in ihrem Berliner Mannschaftshotel am Mittwochabend, bei der Trainer Ergin Ataman von einer Gruppe Fenerbahce-Fans lautstark beleidigt wurde.
Daraufhin kam es zu einer erst verbalen und später auch körperlichen Auseinandersetzung zwischen Ataman, Teamangehörigen und den Pöblern, die von anwesenden Einsatzkräften unterbunden werden konnte. Die Polizei bestätigte den Einsatz, machte allerdings vorerst keine weiteren Angaben dazu.
Das Konfliktpotential für das Aufeinandertreffen der verschiedenen Fanlager am Wochenende scheint also hoch. Ex-Alba-Profi Femerling hofft trotzdem auf ein friedliches Basketball-Fest. Er wird selbst in der Halle sein und vertraut auf die Sicherheitsvorkehrungen. "Ich glaube nicht, dass es knallt. Wir hatten das Duell ja schonmal 2009 in Berlin. Das war einfach eine tolle Stimmung und da freue ich mich jetzt wieder drauf", sagt er.
Sportlich gesehen gehen die beiden griechischen Teams eher als Außenseiter in das Turnier. Großer Favorit ist Rekordsieger Real Madrid. Wenn beide Erzrivalen also ihre Halbfinals verlieren, würden sie am Sonntag im Spiel um Platz drei aufeinandertreffen. Sollten überraschend beide gewinnen, stünden sie sich sogar im Finale gegenüber. Spätestens dann wird sich zeigen, ob das Sicherheitskonzept von Polizei und Hallenbetreiber aufgeht.
Sendung: Der Tag, 24.05.2024, 18 Uhr
Beitrag von Lukas Witte
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