Saisonfinale in der Regionalliga Nordost
Energie Cottbus kann am Sonntag bei Hertha BSC II den Drittliga-Aufstieg schaffen. Das Duell im Jahn-Sportpark birgt jedoch Risiken. Zeitgleich trägt Rivale BFC Dynamo ganz in der Nähe sein Heimspiel aus. Die wichtigsten Infos zu Fans und Sicherheit.
Am kommenden Sonntag könnte es soweit sein: Die Rückkehr des FC Energie Cottbus in die dritte Liga nach fünf langen Jahren. Die Lausitzer müssen am letzten Spieltag der Regionalliga Nordost noch den finalen Schritt gehen - und gegen die U23 von Hertha BSC punkten. Für das Entscheidungsspiel im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ist das maximale Kartenkontigent von 10.000 Plätzen nahezu aufgebraucht, berichtet Veranstalter Hertha. Durch die "baurechtliche Stadionkapazitätsdeckung des Berliner Senats" dürfen nicht mehr Tickets verkauft werden, erklärt Hertha BSC.
Allein 7.500 Tickets sind an die Gästefans aus Cottbus gegangen, die jene Partie für ihre Mannschaft zum Heimspiel verwandeln wollen. Wobei das nur offizielle Gästekontigent darstellt. Der Verein selbst rechnet auf rbb|24-Anfrage mit sogar 8.000 bis 9.000 Cottbusern im Jahn-Sportpark, demnach werden ein paar Energie-Fans im Heimblock Platz finden. Innerhalb der ersten Stunde im Online-Verkauf waren bereits über 2.000 Tickets weg, am nächsten Tag dann das gesamte Kontigent. Der Verein gibt an, dass 10.000 bis 12.000 Tickets hätten verkauft werden können. Der Andrang war also groß.
Aufgrund zahlreicher Public-Viewing-Möglichkeiten in der Cottbuser Lokalszene ist nicht damit zu rechnen, dass sich viele Energie-Anhänger auch außerhalb des Stadions in Berlin bewegen werden.
Was zum großen Freudentag des FC Energie Cottbus werden könnte, birgt auch Sicherheitsrisiken. Grund dafür ist das zeitgleich stattfindende Heimspiel des BFC Dynamo gegen den Berliner AK im Sportforum Hohenschönhausen - nur knappe sieben Kilometer entfernt.
Am 4. Mai trafen genau dort in der Liga der BFC und Cottbus aufeinander. Während der und rund um die Begegnung kam es zu Ausschreitungen und Krawallen. Das Spiel war lange unterbrochen. Wie die Polizei dem rbb damals mitteilte, wurden insgesamt 155 Polizistinnen und Polizisten verletzt. Insgesamt seien zudem 74 Personen vorläufig festgenommen und 62 Strafanzeigen gestellt worden. Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) verurteilte die Randale am Tag danach scharf.
Die Begegnung zwischen dem BFC Dynamo und Energie Cottbus war wegen der großen Rivalität der beiden Klubs im Vorfeld als Hochrisikospiel eingestuft worden. Die Fanlager sind seit langer Zeit verfeindet, immer wieder kam es in den letzten Jahren zu Ausschreitungen. Die Nähe am kommenden Sontag birgt daher Gefahrenpotenzial, da sich beispielsweise BFC-Fans dazu motiviert sehen könnten, die mögliche Meisterschaftsfeier der Cottbuser zu stören.
Jene besondere Gefahrensituation ruft spezielle Sicherheitskonzepte auf den Plan. "Die unterschiedlichen Beteiligten haben sich sehr zeitnah zu einem gemeinsamen Austausch zusammengefunden. Sie sind sich ihrer jeweiligen Verantwortung bewusst und beziehen klar Stellung gegen Gewalt", stellt der Berliner Senat für Inneres und Sport auf rbb|24-Anfrage klar.
Die Polizei Berlin "wird ihre Maßnahmen unter Berücksichtigung der Erfahrungen vom 4. Mai 2024 planen", teilt sie rbb|24 mit. Sie gibt an, dass im Stadion im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und im Stadion im Sportforum Hohenschönhausen rund 700 Polizeikräfte im Einsatz sein werden, die bereits außerhalb des Stadions für eine strikte Fantrennung sorgen und bei bekannten An- und Abreiserouten alle Zuschauenden überwachen werden. Dabei würde die Polizei Berlin von einer Einsatzeinheit aus Brandenburg unterstützt werden.
Wilfried Riemer, Spielleiter der Regionalliga Nordost, sagt rbb|24: "Es wird beim Einlass ins Stadion eine strikte Fantrennung und dementsprechend auch Pufferblöcke im Stadion geben." Veranstalter Hertha erklärt gegenüber rbb|24, dass es zu einem "Mehreinsatz an Ordnern" kommen wird, der zwar höhere Kosten verursachen, aber aufgrund der Mehreinnahmen durch den erhöhten Ticketverkauf finanziell aufgefangen wird. Der Verein berichtet, dass bei einer Sicherheitsbesprechung zum Spiel am Mittwoch beide Szenarien besprochen wurden - "sei es für ein positives Ergebnis der Cottbuser als auch einen negativen Ausgang."
Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hätte die Möglichkeit gehabt, jene Spieldopplung in Berlin zu verhindern und hatte jenes Szenario auch in Betracht gezogen. "Es gab bereits vor längerer Zeit die Überlegung, welche Variante besser sei: ob die Variante der Entzerrung oder die des gleichzeitigen Spielens", berichtet Spielleiter Riemer rbb|24. "Am Ende haben sich alle Parteien gemeinsam dafür entschieden, dass die gleichzeitigen Spiele besser sind. Das Fan-Klientel vom BFC Dynamo ist zeitgleich im Sportforum Hohenschönhausen gebunden und sollte eigentlich nicht im Jahn-Sportpark vor Ort sein." Der NOFV geht hierbei also von keinem großen Risiko aus.
Cottbus belegt vor dem Saisonfinale Tabellenplatz eins - drei Punkte vor Konkurrent Greifswald. Die Lausitzer hätten den Aufstieg bereits am vergangenen Spieltag perfekt machen können, doch das 3:3-Unentschieden gegen den FSV Luckenwalde verschob die Entscheidung. Zwar haben die Lausitzer drei Zähler mehr als der Greifswalder FC, dafür aber das wesentlich schlechtere Torverhältnis.
So gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Energie die Meisterschaft und damit den direkten Drittliga-Aufstieg packen kann. Die einfachste Variante: Cottbus holt mindestens einen Punkt gegen Hertha II, dann kann Greifswald selbst bei einem Sieg nicht mehr herankommen. Oder aber der GFC gewinnt sein Parallelspiel gegen Meuselwitz nicht und Cottbus ist automatisch Meister. Sollte Cottbus allerdings verlieren und Greifswald gewinnen, wäre der Aufstieg dahin.
Es ist gut möglich, dass Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz das kommende Entscheidungsspiel nicht am Spielfeldrand verfolgen und Einfluss auf seine Mannschaft nehmen kann. Der 58-Jährige war nach dem Last-Minute-Ausgleich gegen Luckenwalde in der sechsten Minute der Nachspielzeit über den Platz gestürmt und hatte gemeinsam mit Spielern und Fans gejubelt. Dafür sah Wollitz seine vierte gelbe Karte der Saison - und damit die Sperre für das letzte Spiel.
"Wir werden natürlich Einspruch einlegen. Wenn man bei einem 3:3 jubelt, darf man dem Trainer der jubelnden Mannschaft keine Gelbe Karte geben", argumentierte Wollitz im Anschluss gegenüber dem rbb. "Ich glaube, dass ich einen guten Einfluss auf die Mannschaft habe. In solch einem Spiel gesperrt zu sein, verbittet sich."
Wilfried Riemer bestätigte gegenüber "Sport im Osten", dass der Verband bis spätestens Freitag eine Entscheidung darüber fällen wird, ob die Wollitz-Sperre aufgehoben wird oder nicht.
Sendung: rbb Der Tag, 15.05.2024, 18 Uhr
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