Interview | Keven Schlotterbeck
Mit dem VfL Bochum kämpft Keven Schlotterbeck am Sonntag gegen seinen Ex-Verein Union Berlin um Punkte im Tabellenkeller. Im Interview spricht er über seine persönlich stärkste Saison, wofür er Urs Fischer dankbar ist - und seine Zukunft.
rbb|24: Im Stadion an der Alten Försterei kommt es am Sonntag für Ihre Bochumer zu einem richtungsweisenden Spiel im Abstiegskampf. Wie blicken Sie auf die Partie gegen das punktgleiche Union Berlin?
Keven Schlotterbeck: Wenn man auf die Tabelle schaut, weiß man, was das Duell bedeutet. Wer gewinnt, kann einen großen Schritt machen. Wir hatten bislang eine schwierige Rückrunde. Jetzt wollen wir unbedingt mal wieder einen Auswärtsdreier mitnehmen und dem großen Ziel Klassenerhalt näherkommen.
Nach dem Spiel gegen Union Berlin warten Meister Bayer Leverkusen und ein formstarkes Werder Bremen auf Ihre Mannschaft. Ist die anstehende Partie in Köpenick deswegen so etwas wie ein Endspiel?
Das glaube ich nicht. Wenn man ein Jahr zurückblickt, sieht man, dass wir die letzte Mannschaft waren, die Leverkusen geschlagen hat (Anm.: Bochum gewann gegen Leverkusen am 27.05.2023 mit 3:0). Für uns ist es jetzt einfach wichtig, mit einem Sieg gegen Union nach Hause zu fahren, um den Abstand auf die Abstiegszone zu vergrößern und dann hoffentlich innerhalb der nächsten drei Wochen die Liga halten können.
Der VfL Bochum schien noch zu Jahresbeginn nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben, besiegte im Februar sogar den FC Bayern. Plötzlich holte ihre Mannschaft einfach keine Punkte mehr. Wie erklären Sie den Leistungseinbruch?
Es kam einfach einiges zusammen, viele Kleinigkeiten, die dann letztlich spielentscheidend waren. Seien es Schiedsrichterentscheidungen, die für uns unglücklich waren, oder natürlich die Ausgleichstore in der Nachspielzeit, vor allem bei der Niederlage in Köln (Anm.: Bochum gab in der Nachspielzeit eine 1:0-Führung aus der Hand). Aber ich glaube, mit dem Spiel am Wochenende haben wir gezeigt, dass wir diesem Trott etwas entgegensetzen konnten (Bochum gewann 3:2 gegen TSG Hoffenheim).
Wie haben Sie im April die Trennung von Trainer Thomas Letsch erlebt, der in Bochum als hoch angesehen galt?
Eine Trennung ist nie schön, weil man zu Spielern und zu Trainern Beziehungen aufbaut. Wir hatten einfach eine schlechte Phase, die nicht nur dem Trainer geschuldet war, sondern auch vom Team ausging. Wir hätten natürlich liebend gern mit Thomas Letsch erneut die Klasse gehalten, aber im Fußball kann es manchmal schnell gehen.
In der Hinrunde hatte sich Union Berlin mit Urs Fischer ebenfalls von einem geschätzten Trainer getrennt. Wie haben Sie das aufgefasst?
Ich hatte ein wirklich tolles Jahr bei Union zusammen mit Urs Fischer und Hoffi (Anm.: Co-Trainer Markus Hoffmann). Urs hat mit dem Verein unglaublich viel erreicht, hat im ersten Jahr die Klasse gehalten, und kam immer noch eine Etage höher. Letztendlich ist es so gekommen, und natürlich aus meiner Sicht schade. Aber noch mal: Der Fußball ist manchmal sehr schnelllebig.
Wie hat Urs Fischer Sie bei Union besser gemacht?
Vor allem im Defensivspiel habe ich viel von ihm gelernt. Das hohe Rausschieben in der Fünferkette, das Eins-gegen-eins, da hat er mir schon gezeigt, wie ich es noch besser machen kann. Dadurch, dass er jahrelang als Libero gespielt hat, wusste er natürlich, wie das geht. Dass ich mich in der Defensive in den letzten Jahren weiter stabilisiert habe, liegt auch an Urs Fischer.
Was verbinden Sie mit Union Berlin?
Eine sehr schöne Zeit. Ich habe mich extrem wohl gefühlt. Ich konnte als linker Innenverteidiger viele Spiele machen. Die Zeit hat mich geprägt, weil es auch mein erstes Bundesliga-Jahr war, in dem ich mehr als 20 Spiele gemacht habe. Deswegen ist es auch immer wieder schön, bei Union Berlin anzutreten. Trotzdem werden diese schönen Dinge am Sonntag für 90 Minuten beiseite gelegt, weil ich jetzt für den VfL Bochum spiele. Und für uns geht es natürlich einzig und allein um den Klassenerhalt.
Sie haben sich beim VfL Bochum in diesem Jahr zu einem Schlüsselspieler in der Verteidigung entwickelt. Wie erleben Sie diese Statusänderung?
Das hatte ich in den letzten Jahren nicht so oft. Klar freut es mich, dass ich so dem Team helfen kann. Es macht Spaß, auf dem Platz zu stehen und die 90 oder 95 Minuten alles zu geben und alles dafür zu tun, das Team weiterzubringen.
Wir müssen noch auf Ihr Kunststück zu sprechen kommen: Zweimal haben Sie es in dieser Saison geschafft, ein Eigentor zu schießen, und wenig später ins richtige Tor zu treffen. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Ich kann es bis heute nicht erklären. Beide Eigentore waren sehr unglücklich. Gegen Mainz wurde ich angeschossen, der Ball geht rein, danach helfe ich dem Team noch mit einem Tor. Gegen Heidenheim war das Eigentor eher selbstverschuldet, weil ich nicht richtig zum Ball stand und der dann eine Bogenlampe über meinen Kopf macht. Aber wenn man Nackenschläge bekommt, muss man immer wieder aufstehen. Das versuche ich jederzeit und wollte auch gegen Heidenheim dem Team helfen. Das hat zum Glück funktioniert, sonst wäre ich der Depp des Tages gewesen.
Ihr eigentlicher Arbeitgeber ist der SC Freiburg, der Vertrag läuft noch ein Jahr. Werden Sie im Sommer dorthin zurückkehren?
Ja, natürlich. Ich bin nach Bochum ausgeliehen. Ich werde erst mal zum SC Freiburg zurückkehren und dann werden wir alles Weitere sehen. Ich glaube, ich spiele für mich persönlich eine meiner besten Saisons. Von daher schaue ich optimistisch in die Zukunft.
Medienberichten zufolge hat es von Union Berlin Interesse an Ihrer Rückkehr gegeben. Was ist da dran?
Es wird immer viel geschrieben. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nichts dazu sagen, weil ich mich voll und ganz auf den VfL Bochum und unser großes Ziel, den Klassenerhalt, konzentriere. Und wenn wir dann die Liga gehalten haben, kann ich mich mit meinem Berater an einen Tisch setzen und schauen, was die Zukunft bringt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Shea Westhoff.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.05.2024, 16:15 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen