Saisonabschluss in der 2. Liga
Am letzten Spieltag reist Hertha zum sicheren Absteiger VfL Osnabrück. Für beide Teams geht es um nichts mehr, außer sich mit einem Erfolg in die Sommerpause zu verabschieden. Ein Berliner Spieler könnte hingegen noch einen Titel holen.
Der VfL Osnabrück steht bereits als sicherer Absteiger fest. Nach nur einer Saison geht es zurück in die 3. Liga. "Man ist beim VfL ja Leid gewohnt. Es geht öfter hoch und runter", erklärt Gegner-Experte Marcel Hüstge. Tatsächlich gibt es in ganz Deutschland keine andere Mannschaft, die bereits so oft aus der 2. Bundesliga abgestiegen (8-mal) ist, aber auch keine, die so oft in die zweite Spielklasse aufgestiegen ist (7-mal).
Gerade die vergangenen Wochen waren für die Niedersachsen noch einmal besonders schwierig: Aus den letzten fünf Spielen holten sie nur einen Punkt, kassierten 15 Gegentore und mit der 0:4-Niederlage gegen Schalke am 32. Spieltag war der Abstieg besiegelt. Immerhin gab es nun schon etwas Zeit zum Verdauen. "In der Fanszene hat man sich mittlerweile damit abgefunden. Es zeichnete sich ja auch schon deutlich länger ab", sagt Hüstge.
Beim vorerst letzten Auftritt in der 2. Liga soll das Team noch einmal ordentlich gefeiert werden. Das Stadion ist am Sonntag gegen Hertha (Anpfiff 15:30 Uhr) restlos ausverkauft. "Unsere Fans zeichnen sich dadurch aus, dass sie trotzdem hinter dem VfL stehen. Das sollten wir mitnehmen in die 3. Liga und vielleicht geht es ja auch wieder nach oben", so der Gegner-Experte.
Zuletzt war unklar, ob der VfL sein vorerst letztes Heimspiel in der 2. Liga aber überhaupt im eigenen Stadion an der Bremer Brücke austragen kann. Vor etwa zwei Wochen hatte die Stadt Baumängel an der über 90 Jahre alten Arena festgestellt und eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen. Das Dach über der Ostkurve war einsturzgefährdet. So mussten die Osnabrücker ihre Heimpartie gegen Schalke ohne Zuschauer am Hamburger Millerntor austragen, wo sie 0:4 verloren und der Abstieg damit besiegelt war.
"Das Stadion ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Das weiß jeder. Es steht ein Neubau im Raum, aber auch eine Sanierung. Das ist alles noch nicht sicher. In der Sommerpause muss man jetzt aber auf jeden Fall etwas tun, es nützt ja nichts", erklärt Hüstge.
Für die Partie gegen Hertha wird das Stadion nun aber noch einmal voll werden. Ausgeholfen wurde sich mit einer relativ simplen Lösung: Das einsturzgefährdete Stadiondach wurde in den vergangenen Tagen kurzerhand abgetragen. "Gemessen an der sportlichen Situation ist es zwar leider kein wirkliches Happy End für den VfL. Aber ich bin sehr froh, dass der vorläufige Abschied aus der zweiten Liga am Sonntag zumindest mit erhobenem Haupt erfolgen kann", sagte die Osnabrücker Oberbürgermeisterin Katharina Pötter.
In der Defensive werden die Berliner am Sonntag vielleicht eine Sorge weniger haben. Denn dem VfL fehlt ihr Toptorjäger Erik Engelhardt. Der 26-Jährige war im Sommer von Energie Cottbus aus der Regionalliga nach Osnabrück gewechselt und kommt in seiner ersten Zweitligasaison direkt auf zehn Saisontreffer. Zuletzt fehlte er allerdings mit Knieproblemen und sein Einsatz gegen Hertha ist ungewiss.
Gegner-Experte Hüstge hat außerdem noch viel Lob für Torhüter Philipp Kühn übrig. Ihm sei es zu verdanken, dass der VfL nicht noch deutlich mehr Gegentore kassiert hat. Der 31-Jährige hatte die Rolle des Stammkeepers erst am 16. Spieltag übernommen und damit die Leihgabe des 1. FC Union Berlin, Lennart Grill, zwischen den Pfosten verdrängt. Hüstge hofft nun, dass Kühn dem Verein auch in der 3. Liga erhalten bleiben wird. "Er ist auf jeden Fall die Nummer eins im Tor und das soll auch so bleiben. Hoffentlich kommt er uns nicht abhanden, es gibt da schon die ersten Gerüchte."
Die haben sich mittlerweile bestätigt - am Donnerstagabend verkündete der Klub, dass Kühn den Verein auf eigenen Wunsch verlassen wird.
Uwe Koschinat (VfL Osnabrück): "Wir haben den Entschluss gefasst, dass wir die Saison nicht noch in irgendeiner Form ausdehnen. Das heißt, für die Spieler soll dann das letzte Element auch das Hertha-Spiel sein. Wir wollen eine inhaltlich starke Truppe auf den Platz kriegen, denn wir wollen natürlich dieses letzte Spiel gewinnen und wollen einen guten Eindruck von dieser Saison hinterlassen."
Pal Dardai (Hertha BSC): "Ich wollte Sechster werden, aber ich glaube, das schaffen wir nicht mehr. Aber: Wir wollen in Osnabrück gewinnen, ein paar Tore schießen und die Torjägerkanone für Haris sichern. Das ist das Ziel."
Große Experimente wird Trainer Pal Dardai bei seinem vorerst letzten Spiel an der Seitenlinie wohl nicht mehr eingehen und eine eingespielte Elf auf den Rasen schicken. Zwar wäre die Situation, dass es am letzten Spieltag um nichts mehr geht, eigentlich wie gemalt, um noch einmal ein paar jungen Talenten die Chance zu geben - doch die werden an anderer Stelle gebraucht.
Denn Herthas A-Junioren befinden sich gerade mitten im Rennen um die deutsche Meisterschaft. Im Hinspiel des Halbfinals trennten sie sich von Borussia Dortmund unentschieden mit 2:2. Das Rückspiel findet am Montagvormittag im Jahn-Sportpark statt und Dardai kündigte an, dass Junioren-Trainer Oliver Reiß dabei der bestmögliche Kader und ausgeruhte Spieler zur Verfügung stehen sollen.
Auch Ibu Maza ist deshalb für die U19 im Einsatz. Für ihn könnte Florian Niederlechner sein Comeback als hängender Stürmer geben. Auf dieser Position hatte er während der Saison phasenweise starke Leistungen gezeigt.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Kenny, Gechter, M. Dardai, Dudziak - Zeefuik, Hussein - P. Dardai, Reese - Niederlechner - Tabakovic
Der Tipp des Gegner-Experten: "Es wird sehr schwer für uns werden, aber mit den eigenen Fans im Nacken ist die Mannschaft einen Hauch stärker. Ich sage mal 1:1."
Der Tipp aus der Redaktion: Hertha holt zum Saisonabschluss einen 3:1-Auswärtssieg.
Sendung: Der Tag, 17.05.2024, 18 Uhr
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