Konstant war in dieser Saison bei Hertha nur die Inkonstanz
Hertha BSC geht ohne Trainer Pal Dardai in die kommende Saison. Die Trennung hatte sich seit Wochen, ja Monaten abgezeichnet. Und sie ist richtig, weil dem Team Balance und Mut fehlten, kommentiert Lars Becker.
Pal Dardai ist es zwar gelungen, Hertha BSC nach Abstieg und Umbruch zu stabilisieren, aber ein kontinuierlicher Ansatz, eine erkennbare Spielidee, eine sichtbare Weiterentwicklung ist bei dem Fußball-Zweitligisten ausgeblieben.
Konstant war in dieser Saison nur die Inkonstanz. Ja, der Anfang war kompliziert, erst zum Abschluss der Transferperiode Ende August stand der Kader, da hatte Hertha bereits die ersten drei Partien verloren. Mehr sei mit dieser Mannschaft in einer zur Übergangs-Saison ausgerufenen Spielzeit nicht möglich gewesen, war zu hören.
Fußball-Zweitligist Hertha BSC trennt sich im Sommer von seinem Cheftrainer. Pal Dardai wird in der kommenden Saison nicht mehr für die Profimannschaft der Berliner zuständig sein.
Die Balance hat gefehlt - und der Mut
Doch: Es wäre mehr möglich gewesen. Hertha hat diverse Gelegenheiten verschleudert, ernsthaft in den Aufstiegskampf einzugreifen. Es gab immer wieder Spektakelfußball, aber die Balance zwischen Offensive und Defensive hat gefehlt - und oft genug der Mut. Das war gerade gegen die Top-Teams der Liga offensichtlich.
Die beiden designierten Aufsteiger St. Pauli und vor allem Kiel haben es vorgemacht: Holstein hatte einen ähnlich gravierenden Umbruch zu verkraften wie die Berliner, musste seine besten Spieler abgeben. Den Besten übrigens, Fabian Reese, an Hertha BSC. Aber Kiel hat mit einem deutlich geringeren Etat bessere Transfers getätigt, den deutlich attraktiveren und vor allem erfolgreichen Fußball gespielt. Das lässt sich von Hertha BSC nicht behaupten.
Verdienste trotzt Scheitern unbestritten
Aber auch alle Dardai-Kritiker - und die Zahl ist im Laufe der Saison erheblich gestiegen - werden seine Leistungen und Verdienste um Hertha BSC mit großem Respekt anerkennen. Der Rekordspieler, die Vereins-Ikone durch deren Adern nach eigener Aussage "blaues Blut" fließt, hat Hertha zweimal vor dem Abstieg gerettet, in seiner ersten und längsten Amtszeit ab 2015 den Klub sogar auf die europäische Bühne in die Europa-League geführt.
Es rumort heftig rund um Hertha-Investor 777 Partners. Der Vorstand der Fußball-Sparte wurde laut Berichten umgekrempelt und externe Insolvenzberater engagiert - Hertha reagiert beschwichtigend. Andernorts im 777-Netzwerk eskaliert die Situation.
In Abstiegsgefahr geriet Hertha in diesen Jahren nie. 2021 war Dardai erneut als Retter erfolgreich. Die dritte und letzte Mission von Dardai, der erneute Weg in die Vergangenheit, ist jetzt gescheitert.
Fußballerisch attraktiver Ansatz muss her
Es ist richtig, sich neu zu orientieren, zukunftsorientiert zu denken. Der berühmte neue Impuls, der frische Wind, ein anderer, fußballerisch attraktiver Ansatz muss her. Es liegt jetzt an den Verantwortlichen von Hertha BSC, an Sportdirektor Benjamin Weber und Andreas "Zecke" Neuendorf, den richtigen Trainer und das passende Personal für das Unternehmen Wiederaufstieg zu finden.
Völlig unabhängig davon wird Pal Dardai eine Vereinslegende von Hertha BSC bleiben.