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Quelle: dpa-Zentralbild/Bernd Settnik

Interview | Erste Frau an der Kanu-Verbandsspitze

"Ich möchte das weibliche Bild immer gleichwertig mit in den Vordergrund rücken"

Es war ein historischer Moment: Die Potsdamerin Dajana Pefestorff wurde Ende April an die Spitze des Deutschen Kanu-Verbands gewählt. Als erste Frau in 110 Jahren. Ein Gespräch über Sichtbarkeit, Klimaschutz - und den besten Paddelspot der Region.

rbb|24: Als Sie Ende April Präsidentin des Deutschen Kanu-Verbandes wurden, war - auch in der Pressemitteilung - von einem "historischen Moment" die Rede. Aus gutem Grund: In 110 Jahren Verbandshistorie sind Sie die erste Frau an der Spitze des DKV. Es war der erste Fakt in fast allen Überschriften. Wie bedeutsam ist das für Sie selbst?

Dajana Pefestorff: Für mich selbst ist es tatsächlich erst richtig bedeutsam geworden, als ich danach genau dieses Echo erfahren habe. Da ist mir aufgefallen, wie wichtig das allen anderen ringsherum ist. Wenn man weiter darüber nachdenkt, gibt es bisher eben ein ganz anders konditioniertes Bild von Führungspersonen überhaupt und auch in Sportverbänden. Insofern es gut, dass wir jetzt hier ein neues Bild schaffen - und es ist wichtig, dass andere das ebenso tun. Das gilt vor allem für unsere junge Generation, die dann ein anderes Bild konditioniert bekommt als das, was es bisher gab - und bei dem ganz selten die Frau vorne steht.

Zur Person

Kanusport hat sehr viel und eine lange Tradition. Warum hat das mehr als ein Jahrhundert gedauert, dass da jetzt eine Frau ganz oben steht?

Ach Gott, das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil so alt bin ich ja auch noch nicht. (lacht) Es war ja auch nicht so, dass ich in meiner Rolle als Frau nach oben katapultiert wurde. Das hat sich in den letzten Jahren so ergeben, dass ich - wie andere auch - im DKV mitgearbeitet habe als Präsidentin des Landes-Kanu-Verbandes Brandenburg. Ich habe einfach Lust gespürt, da mitzugestalten. Wenn man sich jetzt die Gruppe der Präsidenten der jeweiligen Landes-Kanu-Verbände anschaut, haben wir derzeit - weil ich ja nun dieses Amt für Brandenburg niedergelegt habe - nur noch eine Frau in Hamburg. Ansonsten sind es alles Männer. Es gibt natürlich nicht nur die Präsidenten, aber die Auswahl an Frauen ist geringer.

Im Präsidium des DKV fallen immerhin einige weibliche Köpfe auf.

Ja. Wir sind - wie ich finde - dort in den vergangenen vier Jahren sehr viel mit Frauen vertreten. Und das nicht, weil wir sie extra gepusht haben, sondern weil es inzwischen eine Atmosphäre gibt, in der Frauen merken, dass sie hier genauso eine Spielwiese wie Männer haben. Das wird von uns allen auch wertschätzend so gelebt.

Das Ungleichgewicht bleibt dennoch. Wird mehr Sichtbarkeit von Frauen auch in Ihrem Handeln als Präsidentin eine Rolle spielen?

Ich werde daran arbeiten, dass wir ein anderes Bild schaffen für unsere nachfolgende Generation. Nämlich das, dass auch Frauen - natürlich und selbstverständlich - Führung übernehmen können und dass das in der Wahrnehmung normal wird. Um dieses Bild zu zeichnen, habe ich mir fest vorgenommen, darauf zu achten, dass wir diese weiblichen Bilder sichtbarer machen.

Wie kann das konkret gelingen?

Ich werde meine Arbeit und mein Tun im Verband auch auf den sozialen Medien und sonstigen Wegen darstellen und zeigen, was ich da tue - so dass es normal wird. Da geht es auch darum, Sportlerinnen und Sportlern zu zeigen, was passiert, was man als Präsidentin macht und was dahintersteckt. Ich werde dabei sehr schauen, dass wir das weibliche Bild nicht extra, aber immer gleichwertig mit in den Vordergrund rücken. Wir haben nämlich eigentlich viele Frauen an Bord, die Dinge tun - bloß stehen sie nicht ganz an der Spitze.

Verbandsarbeit hat mitunter den Ruf, auch mal langweilig und verstaubt zu sein. Was reizt Sie daran, nun an erster Stelle mitzuarbeiten?

Mich reizt das Gestalten. Ich habe fünf Jahre als Präsidentin für den Kanu-Landes-Verband Brandenburg agiert und auch da eine Spielwiese geschaffen, die zeigen konnte, dass es Spaß macht, Dinge zu tun - und wirklich etwas bewirken zu können. Partner zu suchen; anzugucken, ob etwas optimiert werden kann und vielleicht auch mal ganz andere Wege zu gehen. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und arbeite sehr gerne im Team, was jetzt hier auch absolut notwendig ist. Wir sind ein großes Netzwerk von vielen ehrenamtlichen Menschen, die bundesweit in den verschiedensten Rollen agieren. Wir wollen die Menschen zusammenbringen zu bestimmten Themen und zu überlegen, wie man gemeinsam voranschreiten kann. Und ein anderes Bild abzugeben - ein modernes, agiles, weibliches.

Neue DKV-Präsidentin

Potsdamerin Pefestorff ist erste Frau an der Spitze des Deutschen Kanuverbands

Das klingt nach Aufbruchsstimmung und Fortschritt. Das passt auch gut dazu, dass Sie Sie zum Beispiel in einem Ausschuss sind, der den Namen "KanuMorgen" trägt. Was schwebt Ihnen künftig für Ihren Sport vor - und welche Rolle spielt in den Zukunftsgedanken der Klimawandel und -schutz?

Es geht darum, wie wir als Kanusport im Morgen noch agieren können und auch dürfen. Also vor allem darum, was für einen Beitrag der Kanusport zum Klimaschutz leisten kann. Wir sind per se natürlich ein sehr naturbewusster Outdoor-Sport und haben das Wasser als das Element, das für uns - im wahrsten Sinne des Wortes - sehr tragend ist. Aber mit diesem Kanusport hängen auch ganz viele Veranstaltungen, Wettkämpfe und Fahrten zusammen. Wir sind der Natur und dem Klima ausgesetzt und haben als Verband eine gesellschaftliche und sportliche Verantwortung, entsprechend zu gucken, wie die Klimaveränderungen auf uns wirken. Wenn ich an die Hitzerekorde denke, die inzwischen schon fast Normalität sind, stellt sich die Frage, wie man an Hitzetagen und -wochen etwa mit Wettkämpfen umgeht. Kann man tatsächlich bei 30 Grad in der prallen Sonne auf dem Wasser einen Wettkampf stattfinden lassen?

Der Umgang mit den Auswirkungen des Klimawandels ist das eine. Welche Maßnahmen ergreift der DKV selbst zum Klimaschutz?

Wir schauen: Wie können wir unsere Veranstaltungen - sei es so ein Wettkampf oder eine andere Kanu-Veranstaltung - nachhaltig umsetzen, welche Indikatoren gibt es da? Aber auch: Wie gestalten wir überhaupt Mobilität in unserem Verband, wenn wir zum Beispiel zu Sitzungen oder Gremientagungen zusammenkommen? Das Thema Kfz-Nutzung oder öffentliche Verkehrsmittel ist seit vielen Jahren ein Thema bei uns, bei dem wir wirklich ein Bewusstsein schaffen. Ein weiteres Feld sind die Sportstätten, die die ganzen Mitgliedsvereine bundesweit alle haben - und die zum Beispiel einer energetischen Sanierung bedürfen. Das alles ist Thema gewesen dieses einstigen Projektes "KanuMorgen", das inzwischen ein ständiger Ausschuss ist. Wir haben Handlungsempfehlungen für unsere Mitglieder erarbeitet und geben sie heraus. Und wir werden das auch weiterentwickeln, sodass wir unsere Mitglieder bestmöglich darauf vorbereiten können und ihnen die Möglichkeit des Kanusports weiterhin ermöglichen, aber eben unter Berücksichtigung der Klimaveränderung.

Für Zukunft braucht es auch Nachwuchs. Wie ist es um den ihn bestellt: Was für Konzepte gibt es, um als Verband jung zu bleiben - bei den Athleten und den Trainern?

Trainer sind so ein Thema. Wir haben nicht nur im Kanu, sondern auch in anderen Sportarten tatsächlich Not. Da muss unbedingt das Gespräch mit dem DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund, Anm. d. Red.) geführt werden, wie wir im Sport an dieser Stelle weiterkommen. Und das werde ich auch suchen. Ich selbst komme ja aus Brandenburg, ganz konkret aus Potsdam. Wir haben die Europäische Sportakademie, die uns im Land Brandenburg eine gute Voraussetzung gibt, um Trainerinnen und Trainer vor Ort auszubilden und den Nachwuchs im Trainerdasein zu sichern. Das ist ein Feld, auf dem wir alle im Sport nochmal die Köpfe zusammenstecken müssen, um zu gucken, wie wir tatsächlich vorwärts gehen. Dass es Bedarf gibt, steht fest.

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Und wie ist die Lage bei den Athletinnen und Athleten?

Da ergibt sich aufgrund unseres föderalen Systems in Deutschland ein sehr unterschiedliches Bild in den jeweiligen Bundesländern. Wir sind zum Beispiel bezogen auf Rennsport in Brandenburg super aufgestellt, auch durch unsere ganzen Partner, die mitarbeiten: Olympiastützpunkte, Landessportbund, Sportministerium und so weiter. Sie alle schauen, dass wir eine starke Nachwuchsarbeit im gesamten Bundesland und entsprechende Leistungsstützpunkte haben. Das ist in anderen Bundesländern nicht gleichermaßen der Fall. Das heißt, es gibt einige Bundesländer, in denen wir auch im Rennsport viel nachjustieren und schauen müssen, wie wir da überhaupt wieder Nachwuchsleistungssportler aufbauen können, weil es nur ganz wenige Strukturen und Unterstützung gibt seitens der Bundesländer. Das möchte ich unbedingt angehen nach dem Olympiajahr. Es braucht eine größere Breite als nur von einzelnen Bundesländern.

Sie selbst sind jung zum Kanusport gekommen, nun sind wiederum auch Ihre Kinder aktiv. Inwiefern ist es Ihnen also auch ein persönliches Anliegen, diesen Sport zukunftsfest zu machen - was treibt sie an?

Ich bin tatsächlich seit Kindestagen im Boot. Zwischendurch habe ich nur mal eine kurze Pause gemacht, weil ich im Ausland war und woanders studiert habe. Ich bin dann aber wieder zurückgekommen und habe mit den Kindern wieder Zugang gefunden. Das sehe ich nicht nur bei mir und das macht es so bedeutend: Wenn man früher gepaddelt ist und wieder zurück in die Heimat kommt, ist man immer willkommen im Heimatverein und findet eine Gemeinschaft vor. Diese Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, das ist etwas, was Vereine geben können. Dabei spielt es letztlich gar keine Rolle, ob man schwimmt, taucht oder fechtet. Sicherlich ist der Kanusport eine der schönsten Sportarten. (lacht) Aber es wäre schön, wenn sehr, sehr viel mehr Menschen erleben und fühlen könnten, wie schön es ist, gemeinsam einen Sport auszuüben und gemeinsam sich was zu schaffen in einem Verein. Sich gemeinsam darum zu kümmern, auch Kinder und andere Menschen, die das noch nicht so entdeckt haben, an den Sport heranzuführen und ihnen die Schönheit zu zeigen.

Zum Abschluss gerne noch ein Tipp: Sie sind Potsdamerin, die Brandenburger Gewässer sind also Ihre Heimat. Wo lässt es sich am besten paddeln?

(lacht) Ich bin Renn- und keine Wandersportlerin. Deshalb habe ich bislang nur ganz wenige längere Fahrten mit Gepäck gemacht, sondern bin eben bei mir vor Ort zu Hause auf den Seen unterwegs. Mein Lieblingssee, den werde ich Ihnen gerne verraten, ist der Petzinsee. Der ist gleich um die Ecke, in Potsdam erreichbar und liegt quasi direkt neben dem Templiner See. Da ist die Fahrtrinne nicht mehr da, es fahren also keine Dampfer von rechts nach links, sondern das ist ein kleiner See, der einfach schön ruhig ist. Vor allem als Rennsportlerin erfreue ich mich an dem sehr glatten Wasser dort, das ist ganz wichtig für uns, weil wir ja nicht gerne ins Wasser fallen mit unseren wackeligen Booten. Und am Petzinsee gibt es auch Strände, da kann man gerne anhalten und mal baden. Also: Den liebe ich.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb Sport.

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