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Audio: Fritz | 30.05.2024 | O-Ton: GdP-Sprecher Benjamin Jendro | Quelle: IMAGO/Herbert Bucco

Fußball-EM in Deutschland

Polizei wittert Risiken - Fans fürchten überzogenes Eingreifen

Mit Blick auf die Europameisterschaft freuen sich viele auf ein friedliches Fußballfest. Um das sicherzustellen, bringt die Polizei ihre Einsatzkräfte in Stellung. Fanvertreter warnen vor einer "Eskalationsspirale".

Ausgerechnet der vermeintlich "körperlose Sport" Basketball hat am Wochenende denjenigen Recht gegeben, die während der anstehenden Fußball-Europameisterschaft 2024 möglichst weitreichende Sicherheitsvorkehrungen wollen.

Am S-Bahnhof Prenzlauer Allee ging es am Samstagabend plötzlich sehr körperlich zu: Anhänger zweier rivalisierender griechischer Basketballklubs fielen übereinander her, bewaffnet mit Baseballschlägern, Knüppeln und Gürteln. Es ging brutal zur Sache, einer wurde lebensgefährlich verletzt. Anlass der Auseinandersetzung war ein in Berlin stattfindendes Sportereignis, in dem Fall das "Final Four"-Turnier der Basetball-Euroleague, das in der Uber-Arena ausgetragen wurde.

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Fanmeile habe kriminelles Potenzial

In Bezug auf das anstehende Fußball-Großereignis in Deutschland sagt Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, der rbb24 Abendschau: "Die Fußballspiele in den Stadien sind sehr, sehr sicher." Jendro spricht von einem großen "Personalkörper", der für Sicherheit während der Begegnungen sorge.

Allerdings: Um das Stadion herum fänden ebenso zahlreiche Events statt. "Und jeder kann sich vorstellen, wenn da 300.000, 400.000 Menschen auf der Fanmeile sind, das weckt dann vielleicht auch Potenzial beim einen oder anderen für irgendwelche Straftaten."

Die Europameisterschaft, sie soll ein Fußballfest werden und die Vorbereitungen dafür laufen auch in Berlin auf Hochtouren. Die Hauptstadt empfängt ja nicht nur zu sechs EM-Partien im Olympiastadion, darunter das Finale am 14. Juli (21 Uhr). Sie beherbergt mehrere begleitende Massen-Events, wie Public-Viewings etwa am Brandenburger Tor sowie in der 15.000 Zuschauer fassenden Fanzone inklusive Pop-Up-Stadion am Reichstag.

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Drohnenabwehr, Straßenblockaden

Die Gefährdungslage sei "abstrakt, aber unverändert", betonte die Berliner Innensenatorin Iris Spranger vor zwei Wochen. "Die Sicherheit der Berlinerinnen und Berliner sowie unserer Gäste hat oberste Priorität." Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik werde seit zwei Jahren am Sicherheitskonzept gearbeitet.

Die Berliner Polizei wird während des Turniers von Einsatzkräften aus anderen Bundesländern sowie von der Bundespolizei unterstützt.

Hooligans, Terrorismus, Krawalle, es sind Gefahren, die bei Fußball-Großereignissen zumindest mitschwingen. Damit es nicht zum Ernstfall kommt, setzt die Polizei außer auf zahlreiche Beamte unter anderem auf Gesichtserkennung, verdeckte Einsatzkräfte, Mittel zur Drohnenabwehr sowie Straßenblockaden.

Es gebe mehr zu beachten, als es noch zur Weltmeisterschaft 2006 der Fall war, so Michael Mertens, NRW-Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Damals war Deutschland ebenfalls Gastgeber. Mittlerweile hätte die "Bedrohung durch den Terror die Welt verändert und auch solche Großereignisse verändert", sagte Mertens im rbb24 Inforadio.

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Fanhilfen sind besorgt wegen brutaler Einsätze

Bei den Vertretern des Dachverbands der Fanhilfen schrillen mit Blick auf die EM ebenfalls die Alarmglocken – allerdings wegen überzogener Polizeieinsätze, wie befürchtet wird.

Auf jeden Fall betrachtet man die abgelaufene Spielzeit als "Saison der Polizeigewalt", wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung des Dachverbands hervorgeht. Darin wird auf den gemeinsamen Bericht der einzelnen Fanhilfen verwiesen, nach dem es in 24 Partien zu erheblichen Grenzüberschreitungen durch die Polizei gekommen sei. "Selten zuvor gab es in einer Saison eine derart große Zahl von überzogenen Einsätzen der Polizei gegen Fußballfans", wird Linda Röttig in der Mitteilung zitiert. Sie ist Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen. Eine "erschreckende Brutalität" sei von den Einsatzkräften teils ausgegangen.

Auch auf ein Heimspiel von Hertha BSC im Februar wird verwiesen: Die Partie gegen den 1. FC Magdeburg sei von "massiver Polizeipräsenz begleitet" gewesen. Die Polizei habe auf unkonventionelle Einlasskontrollen zurückgegriffen, mit Spürhunden beim Gästeanhang. Bei der Abreise sei es auch zu einem Einsatz von Pfefferspray gekommen. Herthas Fanhilfe habe im Nachgang von einer "realitätsfernen Leistungsschau der Polizei" gesprochen. Selbst bei den jüngsten Krawallen beim Regionalliga-Spiel zwischen dem BFC Dynamo und Energie Cottbus, als 155 Polizisten verletzt wurden, verweist die Fanhilfe darauf, dass "ein Großteil der verletzten Einsatzkräfte nicht durch Fangewalt, sondern den Einsatz des eigenen, offensichtlich nicht kontrollierbaren Pfeffersprays verursacht wurde". Das habe die Polizei selber so angegeben.

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"Angriff auf die Fankultur"

Fälle wie diese haben bei den Fanhilfen den Verdacht geschürt, dass der Liga-Alltag genutzt worden sein könnte, "um nicht nur Fans ganz bewusst einzuschüchtern, sondern auch um Einsatztaktiken und gezielte Aktionen für das Turnier zu erproben." So stellt es Röttig vom Vorstand des Dachverbands der Fanhilfen dar. Das aus ihrer Sicht teils überzogene Einschreiten der Polizei betrachtet sie "als Angriff auf die Fankultur. Das sind massive Eingriffe in die Freiheits- und Bürgerrechte", sagte sie in einer Medienrunde am Mittwoch. Es sei "eine Eskalationsspirale der Polizei, die aufhören muss - gerade im Hinblick auf die EM."

"In erster Linie treten wir immer deeskalierend auf", antwortet Polizeigewerkschaftler Mertens auf die Frage, wie die Polizei auf mögliche angespannte Situationen im Laufe der EM denn reagieren wolle. "Auch wenn wir eine starke Präsenz zeigen an manchen Standorten, in manchen Spielen, dann dient das dazu, dass die Menschen wissen, dass sie in Sicherheit ins Stadion gehen können und sich auch da bewegen können."

Die Präsenz der Polizei sei aber auch eine Botschaft an alle, die "etwas anderes vorhaben, als nur Fußball zu schauen."

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.05.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

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