Ex-Profi Torsten Mattuschka
Torsten Mattuschka wechselt bei der VSG Altglienicke vom Co-Traineramt in die sportliche Leitung. Im Interview spricht er über sein neues Aufgabenprofil, seine Ex-Vereine und gibt einen Tipp ab, wer Europameister wird.
rbb|24: Torsten Mattuschka, einige Jahre waren Sie bei der VSG Altglienicke als Co-Trainer tätig, nun wechseln Sie in die sportliche Leitung. Warum der Schritt?
Mattuschka: Hauptsächlich, weil ich nicht mehr den Kopf dazu habe, Co-Trainer zu sein. Ich bin wegen meiner Tätigkeit bei "Sky" sehr eingeschränkt und konnte keine 100 Prozent mehr für den Trainerjob geben. Ich habe dem Verein dann gesagt, dass ich es nicht mehr kann und den Posten freimache. Der andere Job hat sich dann in den letzten Wochen ergeben. Ich glaube, das ist eine gute Lösung für alle.
Was genau wird in Ihren Aufgabenbereich fallen? Wie Sie sagen, ist es ja nicht so, als seien Sie als TV-Experte unterbeschäftigt.
Ich plane derzeit den Kader mit und versuche, Spieler zu akquirieren, die wir als sportliche Leitung gut finden - charakterlich, aber natürlich auch sportlich. Das ist im Moment meine Hauptaufgabe. Ich bin gerade sehr viel am telefonieren (lacht). Nächste Woche Donnerstag geht es dann schon mit dem Training und der Saisonvorbereitung los.
Insgesamt ist im Moment viel Bewegung drin bei der VSG: Mit Semih Keskin haben Sie einen neuen Cheftrainer, mit Tolcay Cigerci verlässt ein Leistungsträger den Klub in Richtung Cottbus und 3. Liga, einige Neuzugänge stehen aber auch bereits fest. Steht Altglienicke vor einem Neuanfang?
Ja, schon. Wobei wir letztes Jahr noch schlimmer dran waren, wenn man das so sagen kann. Damals hatten wir zum Trainingsstart nur vier Spieler unter Vertrag. Da sind wir jetzt schon eindeutig weiter. Es wird aber immer so sein, dass uns Spieler verlassen oder wir nicht mehr mit ihnen arbeiten wollen, das wird bei der VSG immer eine Aufgabe bleiben. Eine Fluktuation wird es immer geben. Es ist alles in Ordnung, auch wenn wir einige Spieler gerne gehalten hätten, die aber andere Ideen hatten. Wir schauen jetzt nach Spielern, die zu uns kommen wollen. Wir haben uns in den letzten Jahren zu einer Spitzenmannschaft der Regionalliga entwickelt. Wir sollten uns also nicht kleiner machen als wir sind.
Karsten Heine war mehr als vier Jahre lang Trainer der VSG und war mit seiner großen Erfahrung sehr erfolgreich. Wie schwer ist es, ein solches Trainer-Urgestein im Berliner Fußball zu ersetzen?
Die Entscheidung gegen Karsten haben damals noch andere getroffen. Ich war damals noch Co-Trainer und wir hätten gerne weiter mit ihm zusammengearbeitet. Der Verein hat sich aber für eine andere Personalie entschieden, das ist im Fußball dann so. Jetzt war Murat Salar da und wir haben uns nochmal dazu entschlossen zu wechseln. Wir hoffen, dass wir mit Semih Keskin wieder länger zusammenarbeiten können, weil wir eigentlich nicht dafür bekannt sind, ständig den Trainer zu wechseln. Wir wollen es jetzt mit neuem Schwung und neuen Gesichtern angehen.
Wie sieht die genaue Zielsetzung für das nächste Jahr aus?
Wir wollen das Maximum erreichen und das ist nunmal Platz eins. Das ist eine Herausforderung und wir werden sehen, ob es uns gelingt. Die Regionalliga Nordost ist sehr ausgeglichen und mehrere Vereine haben große Ziele. Wir sagen also nicht: Wir sind der große Favorit und müssen unbedingt aufsteigen. Es sind uns sicherlich auch einige Verein ein bisschen voraus, was die Infrastruktur angeht, aber auch daran arbeiten wir.
Von der Regionalliga auf die ganz großen Fußball-Bühne: Am Freitag startet in Deutschland die EM. Sind Sie schon im EM-Fieber?
Ja, so langsam kribbelt es. Ich bin gerade mit meiner Frau auf dem Weg nach Usedom, um dort das Public Viewing zu eröffnen. Natürlich gucke ich mir das erste Spiel der Deutschen gegen Schottland dann auch an - ist ja logo. Ich hoffe, dass wir am Freitag gut starten und endlich mal wieder eine Euphorie im Land entfachen können. Wir haben eine gute Mannschaft, die wird mir immer etwas zu negativ betrachtet. Es gibt bei dieser EM nicht den einen großen Favoriten. Es werden vier bis sechs Nationen am Ende unter sich ausmachen.
Und wer wird dann Europameister?
Deutschland natürlich. Ich bin Berufsoptimist.
Zum Abschluss noch einmal zurück zum regionalen Fußball: Einer Ihrer Ex-Vereine, der FC Energie Cottbus, ist zurück im Profifußball. Wie haben Sie den Aufstieg verfolgt? Und glauben Sie, dass sich Energie besser in der 3. Liga etablieren kann als in der Vergangenheit?
Ich hab den Aufstieg natürlich aus nächster Nähe begleitet, wir haben schließlich mit der VSG in derselben Liga gespielt. Wir haben Cottbus ja auch noch geholfen, in dem wir Greifswald am vorletzten Spieltag geschlagen haben. Ich bin in Cottbus geboren und unsere Familien sind noch dort. Ich bin froh, dass Energie aufgestiegen ist, und hoffe, dass die dritte Liga gehalten wird - und vielleicht auch da mit Euphorie noch mehr geht. Vielleicht gelingt ja auch in Cottbus mal wieder etwas ganz Großes und man kann bis in die 2. Liga durchmarschieren - ohne dass man das verlangen darf.
Ihr zweiter Herzensverein, der 1. FC Union, hat eine harte Saison hinter sich. In diesem Sommer stellt sich der Verein komplett neu auf. Wohin geht die Reise für Union in der kommenden Saison?
In dieser Saison war die Fallhöhe mit der Champions League zum Beginn natürlich extrem. Es war allerdings auch die Saison, die seit Langem erwartet wurde. Man muss sich aber immer daran erinnern, dass jetzt schon das sechste Jahr in der Bundesliga kommt - das ist doch irre. Um mehr als den Klassenerhalt geht es erst einmal nicht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb sport.
Artikel im mobilen Angebot lesen