Der Sommer, in dem die Kroaten nach Neuruppin kamen
Gut zwei Wochen war die kroatische Nationalelf für die EM zu Gast in Neuruppin. Zwar ist die Mannschaft nach der Gruppenphase bereits ausgeschieden, vielen Neuruppinern bleibt der Sommer aber dennoch in Erinnerung. Von Jenny Lichnau
Wenn man bei dieser EM von einem Sommermärchen sprechen kann, dann wohl in Neuruppin: Es kommt nicht jeden Tag vor, dass ein Fußballstar am Abend durch die Kleinstadt joggt, oder der Fußballnachwuchs des MSV Neuruppin mit Luka Modric und seiner Mannschaft trainieren dürfen.
Mit großer Hingabe hat sich der Verein MSV Neuruppin auf die Ankunft der kroatischen Nationalmannschaft vorbereitet, die für die Euro 24 in der Kreisstadt untergebracht ist: Wände wurden neu verputzt, Flutlichter ausgetauscht und der Rasen komplett neu aufgearbeitet. Der sei, gelinde gesagt, einfach geil, sagt Präsident Thomas Huch und grinst dabei breit.
Die kroatische Nationalmannschaft ist während der EM in Neuruppin untergebracht und spielt mindestens eine Partie in Berlin. In einer stark besetzten Gruppe will sich Kroatien durchsetzen. Ein Team-Check mit Ex-Herthaner Andre Mijatovic.
Tägliche Fotos des Rasens
Über Monate hinweg haben die Neuruppiner ihren Rasen umgewälzt, bewässert, gedüngt und getrimmt. Teilweise täglich hat Sven Neumann, Geschäftsführer des MSV Neuruppin, das Spielfeld aus sechs verschiedenen Perspektiven fotografiert: eine Vorgabe der Uefa. Die Fotos hat er in eine Chatgruppe mit "Rasenexperten" geschickt und auf den erlösenden Daumen hoch gewartet.
Die Ankunft der Kroaten habe wie ein Turbolader gewirkt, sagt Gregor Haake, Pressesprecher des Vereins. Investitionen, die in den nächsten zehn Jahren geplant waren, habe man innerhalb von einigen Monaten umgesetzt - mithilfe der Stadt, Investoren und vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Vereins.
Seit 9. Juni ist die brandenburgische Kleinstadt Base-Camp und Zuhause der kroatischen Fußballnationalmannschaft. Modric und Co. fühlten sich Thomas Huch zufolge sehr wohl. Einmal sei die Mannschaft sogar gemeinsam durch die Stadt zur Kirche spaziert, die Spieler seien in den Restaurants zu Gast gewesen und haben die Ruhe in Neuruppin genossen.
In anderthalb Wochen empfängt Neuruppin das kroatische National-Team in dessen EM-Camp. Es wartet ein perfekt gepflegter Rasen, Vorfreude des Bürgermeisters und die Hoffnung auf nachhaltige Effekte durch Luka Modric und Co. Von Jakob Lobach
"Nahbar und wie du und ich"
Der Höhepunkt des kroatischen Besuchs, insbesondere für die Kinder, war das öffentliche Training der Mannschaft mit rund 4.000 Zuschauern. "Die kroatischen Spieler sind total nahbar und wie du und ich", sagt Thomas Huch. Sie hätten zahlreiche Autogramme gegeben und sich Zeit genommen.
Genauso emotional wie die Ankunft der kroatischen Mannschaft, die die Neuruppiner mit einem großen Fest auf dem Schulplatz gefeiert haben, war auch der Abschied vor dem letzten Gruppen-Spiel gegen Italien.
Als die Kroaten zu ihrem letzten Spiel der Euro 2024 aufbrachen, hatte der MSV Neuruppin seine Mitglieder und insbesondere die Kinder- und Jugendmannschaften versammelt. "Das war nochmal richtig emotional", sagt Huch. Die Mannschaft habe zum Abschied von innen gegen die Scheiben getrommelt.
Auf der A24 hat es einen schweren Unfall mit drei Toten gegeben. Die Strecke Richtung Berlin war für mehrere Stunden gesperrt. Davon betroffen waren auch Mitglieder der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft.
Kroatien muss schon wieder abreisen
Am Abend trafen sich die Neuruppiner dann, um die Kroaten gegen Italien anzufeuern.
Als Luka Modric das 1:0 schoss, schnellten die Zuschauer auf dem Schulplatz von den Bänken hoch. Die Anspannung war zu spüren, als die Nachspielzeit anbrach. Noch acht Minuten mussten die Kroaten ihr Tor verteidigen, um ins Achtelfinale zu kommen. Acht Minuten, damit die Neuruppiner ihre Gäste noch etwas länger behalten dürfen.
Doch der Traum platzte: In der letzten Minute erzielte Italien das 1:1. Auf dem Schulplatz in Neuruppin wurde es nach dem ersten Schock ruhig. Der Platz leerte sich schnell. Die Enttäuschung war groß.
Aber, sagt Thomas Huch, den Sommer, an dem das kroatische Nationalteam da war, den werden die Neuruppiner nicht so schnell vergessen. Er ist sich sicher, dass es nicht das letzte Mal war, dass die Kroaten zu Besuch kommen.
Und eines bleibt auf jeden Fall erhalten: der geile Rasen.