Trainingsauftakt bei Energie Cottbus
Energie Cottbus ist zurück in der dritten Liga. Und während so mancher Fan schon von einem Durchmarsch träumt, warnen die Verantwortlichen vor falschen Erwartungen. Ehrgeizige Ziele formulieren sie dennoch. Von Ilja Behnisch
Wenn es nach den Betreuern des FC Energie Cottbus geht, dürften sich die kommenden Gegner des Drittliga-Aufsteigers auf so einiges gefasst machen. "Donnermischung" steht auf einer flachen, braunen Tüte, die in einer Holzkiste der Spieler-Kabine liegt, neben großen Dosen mit Nahrungsergänzungsmitteln. Womit wir direkt schon beim Trainer sind. Denn Claus-Dieter Wollitz würde wohl so manches dafür geben, wenn seine Mannschaft genau das wäre: eine Donnermischung.
Damit sie zumindest möglichst nah dran kommt, will Aufstiegscoach Wollitz mit dem Trainingsstart an diesem Montag die Zügel anziehen. Nicht, dass seine Jungs in der vergangenen Regionalliga-Saison nicht fit genug gewesen wären. Aber, so Wollitz, die dritte Liga? "Das wird ein richtiges Brett."
Der Cottbuser Trainer zeigt sich fest überzeugt davon, dass "Intensität" ein Schlüssel zum Erfolg sein werde in der kommenden Saison, die am 2. August beginnt. Und natürlich müsse man "auch mental stark sein. Aber mental kannst Du dann stark sein, wenn Du eine gute Fitness hast. Wir wollen fitter sein als im letzten Jahr."
Er selbst scheint dabei mit guten Beispiel vorangehen zu wollen. Wollitz war nie einer, der zur Plauze neigte. Dermaßen schlank im Gesicht hat man den 58-Jährigen aber auch noch nicht oft erlebt. Dass Wollitz, der zu Beginn des Gesprächs noch wahnsinnig erholt und tiefenentspannt wirkt, sich schnell wieder in die ihm typische Leidenschaft redet, hat hingegen schon fast Tradition.
Jeder Satz wie eine Kampfansage. Erst, als es um die Ziele für die kommende Spielzeit geht, wird die Stimme nochmal ruhiger. "Das Allerwichtigste: Wir sollten bescheiden bleiben", sagt Wollitz. Das große Ziel des Vereins müsse sein, in naher Zukunft erstmal nicht mehr in die Regionalliga zurückkehren zu müssen.
Damit das gelingt, wird an allen möglichen Stellschrauben gedreht. Auch wenn das finanziell durchaus schwierig ist, wie Cottbus-Präsident Sebastian Lemke sagt. Die Mehreinnahmen der dritten Liga würden durch die Mehrausgaben nahezu vollständig aufgefressen, so Lemke. "Diese Liga ist eine enorme Herausforderung."
Fans, die von einem Durchmarsch in die zweite Liga träumen, so wie er in der vergangenen Saison Münster und Ulm geglückt ist, erteilt Lemke eine rigorose Absage: "Das sind Fußballmärchen. Aber es ist total unrealistisch. Unser klares Ziel lautet Klassenerhalt."
Damit der gelingt, soll auch der Kader verändert werden. Drei Spieler sind bereits gekommen. Besonders Tolcay Cigerci, der schon mit Viktoria Berlin in der dritten Liga spielte, hat es seinem neuen Trainer dabei angetan. "Dass wir ihn für uns gewinnen konnten, ist auch ein Ausrufezeichen", sagt Claus-Dieter Wollitz.
Nur um sich kurz darauf selbst einzubremsen und eine altes Energie-Mantra von sich zu geben: "Der Zusammenhalt ist uns wichtiger als ein einzelner Spieler." Man nimmt es ihm allerdings durchaus ab. Auch, weil er zuvor schon davon geschwärmt hat, mit welchem "Zusammenhalt" seine Mannschaft "die letzten Monate und Jahre" bewerkstelligt habe.
Auch deshalb will Wollitz auch in der höheren Spielklasse denen vertrauen, die den Verein erst dort hingebracht haben. "Sie haben ja auch eine Qualität unter Beweis gestellt. Dann alles neu zu gestalten, finde ich nicht richtig", so Wollitz. Auch wenn er durchblicken lässt, noch das "ein oder andere" verändern zu wollen. Eine Veränderung wurde dann sogleich noch bekannt. So verlässt Cedric Euschen den Klub nach nur einem Jahr wieder. Der Vertrag des 26-jährigen Offensivspielers wurde "in gegenseitigem Einvernehmen" aufgelöst, wie der Verein mitteilte.
Doch auch abseits des Kaders versucht sich der Verein neu aufzustellen. Wollitz hat einen neuen Co-Trainer an seiner Seite, dazu einen neuen Athletik-Trainer. Ein neuer Physio-Therapeut soll noch kommen. Auch bei der Leistungsdiagnostik geht man nun andere Wege, hat den Anbieter gewechselt. "Sehr, sehr teuer, aber das ist etwas, was wir brauchen", so Wollitz.
Was sie auch brauchen: ein neues, ein zweites Spielsystem. Grundsätzlich wolle er zwar weiter auf das 4-3-3 bauen. Doch um die Flexibilität zu erhöhen, solle noch eine Variante dazu kommen.
In der vergangenen Regionalliga-Saison seien sie an genau dem Vorhaben noch gescheitert, so Wollitz. Doch mit der gesteigerten Intensität im Training, mit mehr Umfängen, die diese mit sich bringe, wolle man nun einen neuen Anlauf nehmen.
Ansonsten sollte er vielleicht mal bei seinen Mannschaftsbetreuern nachfragen. Wer weiß, wozu die Donnermischung noch so gut ist.
Sendung: Brandenburg aktuell, 24.06.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Ilja Behnisch
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