Fußball-Europameisterschaft
Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland begeistern nicht nur die niederländischen Spieler, sondern auch deren Fans. Nun kommen sie nach Berlin. Das dürfte Folgen haben. Von Ilja Behnisch
Seit dem 14. Juni läuft die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland nun schon. Bis zum 14. Juli wird sie noch andauern. Eine vierwöchige Großveranstaltung quer durch die Republik, mit 24 teilnehmenden Nationen an zehn Spielorten. Und mit Zigtausenden Fans aus aller Welt. Trotzdem konnte man, wenn man denn wollte, auch ganz gut an dieser EM vorbei leben. Zumindest in Berlin. Mit dem Gastspiel der niederländischen Nationalmannschaft in der deutschen Hauptstadt scheint sich das nun allerdings zu ändern.
Zwischen 20.000 und 25.000 "Oranje"-Anhänger waren bereits bei den Vorrunden-Spielen der sogenannten "Elftal" in Hamburg (2:1 gegen Polen) und Leipzig (0:0 gegen Frankreich) dabei. Ebenso viele werden nun in Berlin erwartet, zum dritten und letzten Gruppenspiel der Mannschaft gegen Österreich am Dienstag, den 25. Juni, 18 Uhr. Und das sieht man längst überall im Stadtbild.
Berlin ist in Orange gefärbt, der Nationalfarbe der Niederländer, über die sie recht froh sind. Zumindest sagt das Sandra Tatje, die mit ihrem Wohnwagen auf dem "Hotel und Camping City Nord" untergekommen ist, ganz in der Nähe vom alten Flughafen in Tegel. "Wenn wir alle in Weiß unterwegs wären, würde man uns nicht sehen. Wir haben Glück, dass Orange unsere Farbe ist", sagt Sandra. Natürlich in Orange gekleidet.
Sie ist zum ersten Mal in ihrem Leben mit dem Wohnwagen unterwegs und fragt sich nun, warum sie nicht schon früher auf die Idee gekommen sei. So schön gemütlich sei es mit all den Holländern. "Es ist egal, ob Du für Ajax, Feyenoord oder PSV bist — wir alle sind Freunde." Ajax (Amsterdam), Feyenoord (Rotterdam) und PSV (Eindhoven), das sind die drei großen Klubs des holländischen Fußballs. Die die Meisterschaft in der Regel unter sich ausmachen. Häufig genug begleitet von Fan-Ausschreitungen.
Rund um die Nationalmannschaft ist das alles vergessen. Das hört man immer wieder. Und auch deshalb ist die Stimmung so gut.
"Wir wollen unser Land unterstützen. Deshalb singen und tanzen wir die ganze Zeit", sagt Bart. Er hat schon einen Stellplatz für das Finale gebucht und man weiß nicht, ob er es ernst meint oder aus Angst vor der Stornierungsgebühr, jedenfalls sagt er: "Wir müssen gewinnen." Andererseits bricht er seine bisherige EM-Erfahrungen auch auf die relativ prägnante Formel "viel, viel Spaß und viel trinken" herunter. Dann nimmt er einen Schluck von seinem Heineken.
Landsmann Dennis scheint ein weniger ausgeprägtes Verhältnis zum Alkohol zu haben. Jedenfalls hat er während des Gesprächs am Montagvormittag kein Bier in der Hand. In Sachen Optimismus steht er den anderen jedoch in nichts nach. Im Gegenteil. Das kommende Spiel gegen Österreich? "4:1 für Holland!" Sie hätten gute, junge Spieler. Aus seinem Mund klingt es so, als sei das nochmal besser als zum Beispiel gute, aber etwas ältere Spieler zu haben.
"Es wird Zeit", sagt Dennis schließlich, "ich hoffe, dass wir endlich wieder Europameister werden. 36 Jahre ist viel zu lang." 1988 war es, als die Niederlande zum ersten und bisher einzigen Mal Europameister wurden. Immerhin, in Deutschland.
Warum es Zeit wird, das macht Dennis, ebenfalls in Orange gekleidet, dann auch noch klar: "Wir lieben das Feiern. Wir lieben den Fußball."
Beides aufs Schönste zusammen führt der sogenannte "Links rechts"-Tanz zum gleichnamigen Lied der Band "Snollebollekes". Neun Jahre ist der Song nun schon alt. Ein Party-Kracher einer Band, deren erster Song als Teil eines Comedy-Acts und während einer TV-Show entstand – und sofort auf Platz zwei in den Charts landete.
"Links rechts" wird gesungen und getanzt, wenn Max Verstappen mal wieder Formel-1-Weltmeister wird. Oder am sogenannten Koningsdag, dem Nationalfeiertag der Niederlande. Bei den Feiern zum Koningsdag 2019 in Breda wurde "Links rechts" so sehr gefühlt von den anwesenden Party-Gästen, dass naheliegende Seismographen Ausschläge wie bei einem Erdbeben verzeichneten.
So weit ist es in Deutschland während der EM noch nicht gekommen. Ein neuer Anlauf soll nun also in Berlin unternommen werden. Ab 12:30 Uhr treffen sich alle, die "Oranje" sind oder sich so fühlen, am Hammarskjöldplatz im Berliner Westend. Anschließend sind zwei Auftritte von niederländischen DJs geplant, ehe sich ab 14:30 Uhr ein Fanmarsch zum rund drei Kilometer entfernten Olympiastadion in Bewegung setzen soll. Anstoß ist dann um 18 Uhr. Und wer in dieser Zeit in der City West zu tun haben sollte, sollte womöglich rechtzeitig mal links oder auch rechts der großen Straßenzüge nach seinem Fortkommen schauen.
"Wir bringen ein bisschen Glück nach Deutschland", zeigt sich Camperin Sandra sicher. Und auch darüber, dass "wir am Ende wieder nach Berlin kommen. Zum Finale. Gegen Deutschland. Und dann gewinnen wir." Spätestens dann dürfte es nicht mal mehr in Berlin möglich sein, an dieser EM vorbei zu leben.
Sendung: rbb24 Abendschau, 24.06.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Ilja Behnisch
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