Das Bayern München der Regionalliga
Union Berlins Frauenteam hat sich im vergangenen Sommer professionalisiert. Prompt folgte der Aufstieg in die zweite Liga - und zwar in einer historischen Manier. Wie gut die Saison der "Eisernen Ladies" war, zeigt der genaue Blick auf die Zahlen.
Am Sonntag war es dann soweit. Das Frauenteam von Union Berlin hat die zweite Begegnung in den Aufstiegsspielen bei Henstedt-Ulzburg souverän mit 2:0 runtergespielt und ist in die zweite Liga aufgestiegen. Das Fazit von Torjägerin Sarah Abu Sabbah lautete nach dem Spiel: "Wir sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen, ungeschlagen, die geilste Mannschaft, die geilsten Fans! Dass es so überragend läuft, hat keiner erwartet und daher bin ich einfach unfassbar stolz."
Dass diese unglaubliche Saison keiner erwartet hätte, ist bei der schier unglaublichen Dominanz der Unionerinnen in der Regionalliga Nordost kaum vorstellbar. Denn die Spielzeit war wahrlich historisch.
Vor Beginn der Saison sagte Trainerin Ailien Poese noch: "Wir wollen jedes Spiel gewinnen." (nd.de) In der Regel sagen das gerne Fußball-Lehrerinnen und -Lehrer nach einem Spiel, bei dem es wieder nur zum Unentschieden gereicht hat, obwohl man doch so viel Siegeswillen ausstrahlen will.
Poese allerdings meinte es ernst. Und ihr Team hat das genau das gemacht - jedes einzelne Spiel wurde gewonnen. In der Regionalliga Nordost hat das noch kein Team geschafft. Nur zwei Vereine waren fast so gut wie die Köpenickerinnen: Hertha Zehlendorf 1996/97 und Tennis Borussia Berlin 2000/01. Beide mussten kurz vor Saisonschluss Federn lassen und verpassten die perfekte Saison.
Im Sommer war die große Geschichte im Berliner Frauenfußball: Union hat sich professionalisiert. Das hieß im Konkreten: Die Spielerinnen verdienen bei Union ihren Lebensunterhalt, das Trainerteam wurde um einen Athletik-Trainer, eine Torwarttrainerin und zwei Physiotherapeuten erweitert, täglich wurde jetzt zwei und nicht mehr nur einmal trainiert, neue Spielerinnen mit Erst- und Zweitliga-Erfahrung kamen. Die neuen Strukturen griffen - und wie.
Die Mannschaft erzielte 145 Tore - in einer 22 Spiele währenden Saison schoss keiner mehr. Dabei kassierte das Team nur fünf Gegentreffer - ebenfalls Rekord. 29 Mal so viele Tore erzielt wie kassiert zu haben - dafür sorgten ein paar Kantersiege. Und das waren sie: In 17 von 22 Spielen schoss das Team fünf oder mehr Treffer - vier Mal netzte man zweistellig.
Sinnbildlich für Unions neue Dominanz steht Sarah Abu Sabbah. Die Stürmerin kam vom Bundesliga-Absteiger SV Meppen. Aus dem Stand erzielte sie 42 Treffer. Aus den vier Regionalliga-Staffeln hat keine Spielerin mehr Tore geschossen - nicht mal Niklas Füllkrugs Schwester Anna-Lena, die für Hannover 96 in der Regionalliga Nord immerhin 27 Mal netzte.
Bei Union war es auch im Angriff keine One-Woman-Show: Die beiden Berlinerinnen Dina Sophia Orschmann (25) und Kapitänin Lisa Heiseler (23) landeten in der Torjägerliste auf Platz zwei und drei.
Union hat seinen fünften Meistertitel geholt und ist damit vor TeBe und Hertha Zehlendorf alleiniger Rekordhalter. Insgesamt 19 Jahre verbrachten die Unionerinnen in der dritthöchsten Spielklasse. Dabei holte der Verein 720 Punkte. In der ewigen Tabelle der Regionalliga Nordost steht man damit auf Platz Eins. Der Verein holte damit 126 Pukte mehr als der zweitplatzierte Magdeburger FFC, der sogar noch sieben Jahre länger in der RLNO spielte.
Nach dieser historischen Spielzeit und den bei den Eisernen gegriffenen Strukturen ist es nur schwer vorstellbar, dass Unions so bald wieder in der Regionalliga spielen wird.
Sendung: rbb radioeins, 17.06.2024, 12:00 Uhr
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