Beschluss nach Mitglieder-Antrag
Ein Testspiel zwischen Fußball-Regionalligist Babelsberg 03 und Zweitligist Hertha BSC wird es noch geben. Danach ist damit nach dem Willen der Brandenburger erstmal Schluss. Beim Hauptstadtklub kam das zunächst nicht sonderlich gut an. Von Ilja Behnisch
Wenn der Fußball-Regionalligist SV Babelsberg 03 am Mittwoch (19 Uhr) zum Testspiel gegen den benachbarten Zweitligisten Hertha BSC antritt, dann zum vorerst letzten Mal. Zumindest im heimischen Karl-Liebknecht-Stadion. Zu verdanken hat man diese Gewissheit den Fans des Potsdamer Stadtteil-Klubs, die auf der Mitgliederversammlung am 25. Juni einen entsprechenden Antrag ein- und zu später Stunde auch durchbrachten.
Die Meldung darüber las sich zunächst wie ein Husarenstück. Mündlich hatten die Antragsteller einen letzten Tagesordnungspunkt angemeldet, gegen 21 Uhr. Zu dem Zeitpunkt waren nur noch 62 abstimmungsberechtigte Mitglieder zugegen. Der Rest hatte die Versammlung bereits verlassen, auch, um die Abendspiele der Fußball-Europameisterschaft zu schauen.
Wenn sie gewusst hätten, wie dröge die Nullnummern zwischen Dänemark und Serbien sowie England und Slowenien daherkommen sollten, hätten sie es sich vielleicht noch einmal anders überlegt. Andererseits seien auch zu Beginn der Versammlung überhaupt nur 80 Mitglieder anwesend gewesen, sagt Katharina Dahme, die Vorstandsvorsitzende des Klubs im Gespräch mit rbb|24. Insgesamt hat der Verein 1.349 Mitglieder.
Mit 28 zu 25 Stimmen wurde der Antrag schließlich angenommen. Überrascht sei sie aber nicht gewesen, so Dahme, "weil ich ja wusste, dass es bei unseren Fans durchaus Vorbehalte gegenüber Testspielen mit Hertha BSC gibt". Allerdings habe sie auch das Gefühl gehabt, dass die Konflikte, die ihren Ursprung vor zwanzig Jahren gehabt hätten, inzwischen abgekühlt seien.
Die Antragsteller selbst hatten bei ihrem Vorstoß formuliert, sie sähen "einfach eine große Gefährdung für Fans von Babelsberg 03 bei Spielen gegen Berliner Klubs, weil es da Rivalitäten gibt, die in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen und Übergriffen geführt haben". Bei einem Aufeinandertreffen im DFB-Pokal 2001 war es zu schwerwiegenderen Ausschreitungen gekommen.
Nach einem Testspiel im Oktober 2018 hatte es Angriffe von Hertha-Hools gegeben, die sich vor allem gegen eine Babelsberger Szene-Kneipe richteten. Aber auch rund um Freundschaftsspiele in den Jahren 2021 und 2022 war es zu vereinzelten Zwischenfällen gekommen, weshalb schon auf der Mitgliederversammlung vor einem Jahr über das diskutiert wurde, was nun beschlossen wurde.
Unbedingt notwendig schien dieser Beschluss dabei nicht gewesen zu sein. So sagt die Vorstandsvorsitzende Katharina Dahme, man habe den Anhängern bereits signalisiert, keine Testspiele gegen Hertha BSC mehr im heimischen Stadion anzusetzen. Allerdings, so ihr Eindruck, wollten die Fans das nun "wasserdicht haben"; daher der Beschlussvorschlag.
Immerhin, formell kann der Klub auch weiterhin gegen Hertha testen, sogar in Potsdam. Nur eben nicht im Karl-Liebknecht-Stadion. Zudem könne der Beschluss bei der nächsten Mitgliederversammlung auch wieder kassiert werden. Auf welcher Basis der Beschluss in Hinblick auf die gesamte Anhängerschaft des Vereins getroffen wurde, ist ohnehin fraglich.
Schließlich sind für das Testspiel an diesem 10. Juli bereits mehr als 2.000 Tickets verkauft worden. Neben den Einnahmen, die dem Regionalligisten gut zu Gesicht stehen, ist die Hertha dabei auch sportlich ein "attraktiver Testspielgegner", wie Dahme sagt. Es sei heutzutage schwierig, Spiele anzusetzen, weil "viele wollen, dass Du den Geldkoffer mitbringst". Über allem stehe aber der Wunsch, dass die "Leute sich rund um das Spiel sicher fühlen", so Dahme, die das Votum der Fans nicht "schlimm findet, sondern respektiert".
Entgegenkommend, so Dahme, habe sich übrigens auch Hertha BSC geäußert. Deren Interims-Präsident Fabian Drescher wurde unlängst noch im "Berliner Kurier" mit den Worten zitiert, er habe "dafür kein Verständnis. Hier werden unsere Fans pauschal in eine Ecke der Gewalttätigkeit gedrängt. Das geht so nicht." Allerdings, so Dahme, habe es zwischen den Klubs einen guten Austausch dazu gegeben. Drescher sei "total entspannt damit und freut sich auf das Spiel".
Warum auch Union Berlin in den durch die Anhänger eingebrachten Beschluss mit aufgenommen wurde, bleibt derweil ein wenig rätselhaft. Problematische Aufeinandertreffen zwischen beiden Klubs liegen gut 20 Jahre zurück. Union selbst wollte sich auf rbb|24-Nachfrage nicht dazu äußern.
Die aktive Fanszene von Babelsberg 03 möchte nun durch ihre Kontakte zu anderen Fanszenen dabei behilflich sein, in Zukunft attraktive Testspielgegner auch nach ihrem Gusto ins Karl-Liebknecht-Stadion zu locken. Doch erstmal heißt es: noch einmal Hertha.
Und gleich noch einmal, im April 2025. Dann gegen die zweite Mannschaft des Zweitligisten. Im Heimspiel der Regionalliga Nordost. Da kann auch ein Mitgliederentscheid nichts gegen ausrichten.
Sendung: rbb 24 Inforadio, 08.07.2024, 19:15 Uhr
Beitrag von Ilja Behnisch
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