4:4 im Testspiel
Für die Fans war der Test von Union gegen die Rangers ein Spektakel. Trainer Bo Svensson dürfte längst nicht alles gefallen haben. Während einige Spieler die Partie für Eigenwerbung nutzten, präsentierte sich die Abwehr weiter als Schwachstelle.
Im dritten Vorbereitungsspiel unter dem neuen Trainer Bo Svensson boten die Unioner ihren Fans ein wildes 4:4-Unentschieden gegen das schottische Spitzenteam Glasgow Rangers. Mitten in der Vorbereitung lässt sich der Wert dieses Tests zwar nur schwer beurteilen. Dennoch gab es einige Erkenntnisse. Trainer Bo Svensson stellte sein Team wieder in einem 3-4-3 Spielsystem auf und wechselte zur Pause die komplette Mannschaft. So bekamen viele Spieler die Chance, sich zu zeigen.
Die Flügelzange aus Jorbe Vertessen und Benedict Hollerbach machte in der ersten Hälfte vor allem nach Umschaltsituationen viel Tempo. Schnell, trickreich und zielstrebig sorgten die beiden Außenstürmer immer wieder für Gefahr. Hollerbach bereitete das 1:0 vor, Vertessen holte (wenn auch schmeichelhaft) den Elfmeter zum 2:1 heraus.
Profiteur ihrer Aktionen war immer wieder nicht Mittelstürmer Jordan, sondern Janik Haberer. Unions Raumdeuter zeigte das, was ihn stark macht. Dabei spielte er gegen die Rangers gar nicht in gewohnter Rolle hinter den Spitzen, sondern auf der rechten Schiene. Seine Läufe in den Strafruam waren dennoch sehr gefährlich fürs gegnerische Team. Beim 1:0 erkannte er den vollkommen ungedeckten Raum am langen Pfosten und verwandelte die Flanke sicher, bei seinem Treffer zum 3:3-Ausgleich überraschte er die Abwehr der Rangers mit einem langen aber perfekt getimten Lauf und schloss den weiten Pass von Robin Gosens zudem technisch hochwertig ab.
Während Svenssons kompletter Wechsel zur Pause auf einigen Positionen eher als Rotation, denn als Konkurrenzkampf zu verstehen sein dürfte, wirkt die Sturmbesetzung noch weitestgehend offen.
Rückkehrer Jordan (war letzte Saison an Gladbach ausgeliehen) durfte in der ersten Hälfte starten, zur Halbzweit kamen Neuzugang Ivan Prtajin und Chris Bedia. Jordan darf den Test für sich als kleinen Sieg verbuchen. Er fiel zwar nur selten durch Ballaktionen auf, band aber mit seiner Physis immer wieder Gegenspieler und sorgte mit einigen sinnvollen Laufwegen immerhin für Räume, die unter anderem Janik Haberer (siehe oben) nutzen konnte. Nach einem Geschenk des Schiedsrichters durfte er sich vom Elfmeterpunkt beweisen und verwandelte sicher zum zwischenzeitlichen 2:1.
Die eingewechselten Bedia und Prtajin konnten kaum überzeugen. Letzterer hatte eine Schussgelegenheit, bolzte den Ball aber in einen Gegenspieler. Ansonsten fiel der Kroate, den die Unioner von Wehen Wiesbaden geholt hatten, kaum auf.
Ein ehemaliges Prunkstück des 1. FC Union bleibt vorerst das Sorgenkind: Die Abwehr. Schon in der abgelaufenen Spielzeit ein Schatten ihrer selbst, präsentiert sich die Eiserne Defensive weiterhin wacklig. Gegen die Glasgow Rangers waren Gegentore nach abenteuerlichem Stellungsspiel dabei, wie beim zwischenzeitlichen 2:2, als fünf Unioner im Strafraum standen, aber keiner an der Strafraumkante auf einen von drei Schotten achtete. Es gab aber auch individuelle Nachlässigkeiten, wie von Danilo Doehki beim zwischenzeitlichen 1:1.
Ein neues Element, was Trainer Bo Svensson ins Team bringen will, ist das höhere Pressingverhalten. Das war in Ansätzen bereits zu sehen, ging aber einige Male auch gehörig schief. Nachdem die erste Pressinglinie leicht zu überspielen war, zeigten sich mehrfach große Räume für die Mittelfeldspieler der Rangers.
Im Tor testen die Berliner derzeit den vereinslosen Carl Klaus. Klaus stand in der vergangenen Saison noch beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg im Tor, hofft jetzt auf ein Engagement bei den Eisernen.
Er durfte gegen die Glasgow Rangers in der ersten Hälfte spielen, hinter einer Mannschaft, die auf vielen Positionen wie eine potenzielle A-Elf wirkte. Damit wollte das Trainerteam wohl einen Eindruck unter Wettkampfbedingungen vom 30-Jährigen erlangen. Allerdings: So richtig aussagekräftig war das nicht, die erste Hälfte verlief undankbar für Klaus.
Beim 1:1 der Schotten war Klaus chancenlos, als ihn Dessers umkurvte. Beim zweiten Gegentreffer sah er nicht ganz glücklich aus, als er den Schuss von Lawrence zwar noch touchieren, aber nicht mehr entscheidend ablenken konnte, von einem Fehler zu sprechen, wäre aber zu viel. Den dritten Treffer, ebenfalls von Lawrence, konnte er ebenfalls nicht verhindern, der Abschluss war allerdings auch gut. Nur einmal konnte Klaus sich auszeichnen, als er einen Fernschuss im Nachfassen festhielt. Dieser flog allerdings direkt auf ihn zu. In der zweiten Hälfte spielte dann der junge Yannick Stein. Er parierte in der Schlussphase noch einmal stark gegen Dessers.
Nachwuchsspieler David Preu ersetzte in der zweiten Hälfte Jorbe Vertessen auf dem linken Flügel. Der 19-jährige, der vor vier Jahren aus der Jugend des FC Viktoria nach Köpenick gewechselt war, sammelte in der vergangenen Saison erste Erfahrungen im Männerbereich. Union hatte Preu zum VfR Aalen ausgeliehen, wo der kleine, dribbelstarke Flügelspieler immerhin 30 Mal zum Einsatz kam und sich in der Rückrunde zum Stammspieler entwickelte. In der Regionalliga Südwest gelang ihm allerdings nur ein Tor.
Ein solches schoss Preu auch gegen die Rangers, vor der Waldseite im offiziell ausverkauften Stadion An der Alten Försterei. Mit Sicherheit ein besonderer Moment für den Youngster - und einer, an den sich auch der ein oder anderer Zuschauer erinnern wird: Ein Dribbling, dann der Doppelpass mit Lucas Tousart und ein Abschluss aufs lange Eck. Der Ball wurde noch abgefälscht und landete vielleicht auch deshalb im Tor. Dennoch: Eine gelungene Aktion und nicht die einzige in den 45 Minuten, die Svensson dem jungen Angreifer gab. Preu wusste die ihm gegebene Zeit durchaus zu nutzen. In der Vorbereitung von Fußballvereinen gibt es häufig einen Jugendspieler, in dessen mutiges Spiel sich die Fans verlieben. Preus Auftritt gegen die Rangers hat das Potenzial dazu, ihn zu diesem Spieler zu machen. Der sportliche Wert dieses launigen Sommerkicks ist allerdings schwer zu beurteilen.
Mit den Eindrücken aus dem Test gegen die Glasgow Rangers startet Union am Sonntag in sein zweites Trainingslager in dieser Sommervorbereitung. Bis zum kommenden Freitag wird die Mannschaft in Neuruppin weiter an den Ideen von Bo Svensson arbeiten.
Am Wochenende steht dann erneut ein hochklassiger Testspielgegner auf dem Programm: Olympique Lyon aus Frankreich. Dann werden auch die EM-Fahrer Frederik Rönnow, Josip Juranovic, Andras Schäfer und Neuzugang Laszlo Benes mitwirken können. Sie waren erst in dieser Woche ins Training eingestiegen und deshalb gegen die Rangers noch geschont worden. Bis zum Saisonstart haben die Eisernen noch drei Wochen Zeit. Am 17. August startet Union mit dem DFB-Pokal-Spiel beim Greifswalder FC in die Spielzeit.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.07.2024, 19:20 Uhr
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