Die Bilanz des DOSB nach Olympia in Paris fiel gemischt aus. Im Medaillenspiegel ist "Team D" weiter zurückgefallen. Berliner und Brandenburger Sportler stimmen trotz gewonnener Medaillen in die Kritik an der Politik und der Sportförderung mit ein.
Seit gut einer Woche sind die Olympischen Spiele in Paris nun vorbei. Das Sportfest endete mit einer imposanten Abschlussfeier. Die deutsche Bilanz - insbesondere was die Medaillenausbeute angeht - fiel deutlich nüchterner aus. Die Sportlerinnen und Sportler, die in Frankreich für Deutschland an den Start gingen, kritisierten vor allem die aus ihrer Sicht immer schlechter werdende Sportförderung. Athletinnen und Athleten aus Berlin und Brandenburg teilen diese Einschätzung - obwohl sie bei Olympia in diesem Sommer teils höchst erfolgreich waren.
Kanute Max Lemke holte in Paris gleich zwei Mal Gold, im Zweier und im Vierer. Auch bei Olympia in Tokio sicherte sich der 27-Jährige bereits eine Goldmedaille, darüber hinaus ist er mehrfacher Welt- und Europameister. Man könnte denken, dass es bei ihm wenig Grund zum Meckern gibt. Doch das stimmt nicht. Lemke bestärkt Teamkollegen wie Max Rendschmidt, der bereits unmittelbar nach seinem Erfolg im Kajak-Vierer die deutsche Sportpolitik und -förderung deutlich kritisiert hatte (rnd.de), in ihren Beschwerden.
"Das ist natürlich absolut gerechtfertigt, auch wenn man über die Art und Weise und den Rahmen sicher sprechen kann", sagt Lemke. "Es ist aber auch so, dass wenn man keine klaren Worte trifft, es niemand interessiert." Lemke meint, dass sich bei der Förderung aller Randsportarten etwas ändern müsse, wenn Deutschland nicht mehr nur auf Rang zehn des Medaillenspiegels stehen wolle.
"Für uns ist und kann der finanzielle Aspekt aktuell gar keine Motivation sein", sagt Lemke. Er hat das in Paris am eigenen Leib erfahren. Obwohl er bei den Sommerspielen zwei Goldmedaillen gewann, wurde er finanziell nur für eine belohnt. Mehr war offenbar nicht drin, eine Honorierung für mehrfachen Erfolg ist nicht vorgesehen.
"Wenn wir die Stunden, die wir in den Sport stecken, in einen 'ordentlichen' Job stecken würden, würden wir deutlich besser verdienen. Darum geht es uns aber gar nicht. Eine gewisse Anerkennung und Lebensgrundlage für uns und unsere Familien auch nach dem Sport ist wichtig", sagt Lemke. Er verweist dabei zum Beispiel auf Ungarn, wo Spitzenathletinnen und -athleten ab dem 30. Lebensjahr eine monatliche Rente von 800 bis 1.000 Euro bekämen.
Auch Trainer leiden unter fehlender Förderung
Jens Kahl, Präsident des Kanuverbands, sieht insbesondere bei der fehlenden Professionalisierung ein Problem, das sich nun auch alle vier Jahre beim Blick auf den olympischen Medaillenspiegel bemerkbar mache. Davon betroffen seien bei weitem nicht nur die Sportlerinnen und Sportler. "Es gibt in Deutschland keine vernünftige Trainerausbildung mehr - insbesondere was eine disziplinspezifische Ausbildung betrifft", klagt der gebürtige Spremberger. Das mache es für den Verband schwer, gute Trainer zu finden oder zu halten. Auch die Bezahlung sei dabei ein Problem. Einige Trainer würden lieber als Sportlehrer an Schulen arbeiten, weil sie dort mehr Sicherheit in Form einer Verbeamtung und von Tarifsteigerungen fänden. "Wir haben die letzte Tarifanpassung 2008 nach den Spielen in Peking bekommen", sagt Kahl.
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Inflation erschwert Lage
Dass der Kanuverband mit seiner Kritik bei weitem nicht allein ist, merkte man, wenn man sich bei den Deutschen Meisterschaften im Bahnrad am vergangenen Wochenende umhörte. In Paris ist der Verband nach eigenen Angaben hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch hier gibt es Kritik an der Finanzierung und den aktuellen Strukturen. "Wir kranken alle an der Inflationskrise. Wir haben nicht mehr Geld, sondern müssen mit dem gleichen Geld mehr schaffen. Das ist unmöglich und kann nicht funktionieren", klagt Maximilian Levy, langjähriger Bahnradfahrer und heutiger Junioren-Bundestrainer: "Wenn man sich in der deutschen Politik nicht für Leistungssport entscheidet, werden wir nicht besser, sondern sehr dankbar sein, wenn man überhaupt noch eine Bronzemedaille gewinnt."
So wie Emma Hinze. Die Cottbuserin kam in Paris auf den dritten Platz im Teamsprint. Die Zukunft sieht aber auch sie kritisch: "Am Ende haben wir Mädels das schon immer ein bisschen gerettet die letzten Jahre. Das finde ich natürlich sehr schön, aber generell muss sich schon einiges tun, damit man wieder ganz vorne mithalten kann."