Hertha BSC nach Sieg im Pokal
Mit dem 5:1 in Rostock hat Hertha BSC seinen ersten Saisonsieg eingefahren. Im Pokal zeigte das Team von Trainer Fiél alte Schwächen und neue Qualitäten. Tabakovics anhaltende Torflaute ist nur bedingt ein Problem. Von Anton Fahl
Im Ostseestadion läuft die 74. Minute, als Haris Tabakovic die Erlösung auf dem Fuß hat. Nach sehenswerter Vorarbeit von Michal Karbownik taucht Herthas Angreifer frei vor dem Tor auf. Er zieht mit links ab - und der Ball prallt gegen den Querbalken.
In der Vorsaison war Tabakovic mit 25 Pflichtspieltreffern der Top-Torjäger der "Alten Dame". In der neuen Spielzeit muss er weiter auf sein erstes Tor warten - saisonübergreifend bereits seit vier Partien. Für den bosnischen Nationalspieler ist es die längste Durststrecke des laufenden Kalenderjahres.
Es darf jedoch sehr wohl als positives Zeichen gedeutet werden, dass Hertha BSC auch ohne Tabakovic-Treffer am Sonntag in der ersten Runde des DFB-Pokals beim FC Hansa Rostock fünf Tore erzielte.
Zumal "Fluppe" nicht mal eine Minute, nachdem er selbst die Großchance ungenutzt gelassen hatte, Marten Winkler in Szene setzte, der zum 3:1 einschob und für die Vorentscheidung sorgte. Der eingewechselte Florian Niederlechner schnürte innerhalb von drei Minuten einen Doppelpack, Hertha BSC ging als verdienter Sieger vom Platz und löste das Ticket für die zweite Pokal-Runde.
"Wenn du in Rostock 5:1 gewinnst, was wirklich nicht leicht ist, kannst du auch einigermaßen zufrieden sein", befand Trainer Cristian Fiél nach dem Abpfiff am Mikrofon der "Sportschau". Nach der Heimniederlage gegen Paderborn zum Auftakt in die neue Zweitliga-Saison und dem erkämpften Punkt beim Hamburger SV in der Vorwoche war es für Fiél der erste Sieg als Cheftrainer der "Alten Dame".
"In der ersten Hälfte haben wir manchmal zu schnell die Geduld verloren. Wir wollten zu schnell vors Tor kommen. Diese Geduld brauchst du aber gegen einen Gegner, der so spielt", analysierte der 44-Jährige.
Gegen tiefstehende Rostocker kontrollierten die Berliner aus Fiéls favorisierter 4-3-3-Grundordnung über weite Strecken das Geschehen auf dem Rasen, hatten deutlich mehr Spielanteile als der Drittligist (67 Prozent Ballbesitz) und mehr Torabschlüsse (15 zu 7).
Doch gerade in den ersten 45 Minuten fehlte es den Herthanern an Kreativität und Präzision im letzten Angriffsdrittel. Das Fehlen Fabian Reeses war einmal mehr unverkennbar. Fragen Sie mal nach bei "Fluppe" Tabakovic.
Gefahr ging zunächst allenfalls von Jonjoe Kennys Standards aus, was allerdings primär dem mangelhaften Rostocker Abwehrverhalten zu verdanken war. Jedenfalls passte es ins Bild, dass auch dem 1:0 von Derry Scherhant ein Kenny-Freistoß vorausging.
Beim 2:1 durch Ibrahim Maza hatte der Brite, der sich zunehmend zum Berliner Fanliebling mausert, erneut seine Finger im Spiel. Diesmal sogar buchstäblich, denn es war ein Einwurf Kennys, der Mazas Treffer einleitete. Winkler vollendete einen Dreierpack der besonderen Art: Die ersten drei Hertha-Tore in Rostock wurden von Spielern aus der hauseigenen Akademie erzielt. Stichwort: "Berliner Weg".
Dass sich die Herthaner in dieser Begegnung – gegen eine offensiv harmlose "Kogge" – nur selbst schlagen konnten, bewies ein weiteres Eigengewächs: der inzwischen 29-jährige Marius Gersbeck. Trainer Fiél belohnte den Schlussmann für gute Trainingsleistungen mit Einsatzzeit im Pokal. Doch in der 46. Minute, unmittelbar nach Wiederanpfiff, war es Gersbeck, der patzte und die Rostocker zurück in die Partie holte.
"Natürlich ärgert man sich. Man hat alles im Griff und gibt dem Gegner kurz nach der Halbzeit einen Push, wieder reinzukommen", sagte Fiél, der sein Team im nächsten Atemzug allerdings für die erfolgte, weil letztlich erfolgreiche, Reaktion lobte.
Tatsächlich zeugt es von einem gefestigten Kollektiv und einer mannschaftlichen Entwicklung, dass Hertha BSC, zumal in einem Pokalduell vor hitziger Kulisse, das Spiel nicht komplett aus der Hand gab. An dieser Stelle eine weitere positive Randnotiz: Von Ausschreitungen auf den Rängen keine Leuchtspur – im Gegensatz zum Aufeinandertreffen der rivalisierenden Fanlager im Pokal 2017.
"Am Ende ist alles gut. Wir sind weiter und alle sind happy", sagte Florian Niederlechner nach dem Schlusspfiff in den Katakomben des Ostseestadions und dürfte zumindest für alle Herthaner gesprochen haben. "Wir waren der Favorit. Das war unser Ziel. Haken dahinter."
Bis zur ersten Länderspielpause der Saison 2024/25 hat Hertha nun die Chance, eine Serie zu starten. Nicht mehr und nicht weniger. Mit dem Weiterkommen im Pokal und dem erkämpften Punkt in Hamburg im Rücken. In der Liga kommt als nächstes Aufsteiger Jahn Regensburg ins Olympiastadion, danach steht der Auswärtstrip zum 1. FC Kaiserslautern auf den Betzenberg an.
Zwar wolle Niederlechner die "Kirche im Dorf lassen." Doch wenig überraschend betonte er auch, dass Hertha "alles daran setzen" werde, den ersten Dreier in der zweiten Liga zu holen.
Und wer weiß, vielleicht trägt Haris Tabakovic ja schon gegen Regensburg mit einem Tor seinen Teil dazu bei. Wenn eine Serie endet, fängt die nächste an.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.08.2024, 18:15 Uhr
Beitrag von Anton Fahl
Artikel im mobilen Angebot lesen