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Audio: rbb24 Inforadio | 12.08.2024 | Stefanie Markert | Quelle: imago images/Viktor Ivanvov

Nach dem Ende von Paris 2024

Wie sich der Olympia-Entzug bekämpfen lässt

Die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris waren fantastisch, haben aber einen entscheidenden Nachteil: Sie sind vorbei. Wie man sich als begeisterter Olympia-Zuschauer nun wieder im Alltag zurecht findet. Von Ilja Behnisch

Mit Olympia ist es wie mit einer Sommer- oder Urlaubsliebe. Man weiß von Beginn an, dass alles nur auf kurze Zeit angelegt ist. Selbst die Momente für die Ewigkeit. Vielleicht fühlt sich auch deshalb alles noch wahrhaftiger, noch intensiver an. Citius, altius, fortius und carpe diem sowieso. Da dürfen auch mal ein Regentag oder andere Enttäuschungen dabei sein. Unterm Summenstrich grüßt das Glück. Doch die Sache hat einen empfindlichen Haken, den größten denkbaren Haken, der überhaupt über allem Leben steht: es endet. Doch zumindest der Weg zurück in den Nicht-Olympia-Alltag lässt sich gut bewältigen.

Ein Patent-Rezept gibt es natürlich nicht, aber wann gibt es das schon? Selbst Wasser kocht nicht überall bei 100 Grad (Auf dem Gipfel des Mount Everest zum Beispiel bei schlappen 70 Grad!). Doch vielleicht hilft auch Ihnen einer der folgenden Gedanken, sollten Sie sich im nacholympischen Vollkater befinden.

Paris 2024

Die schönsten und traurigsten Olympia-Momente aus Berliner und Brandenburger Sicht

Team Deutschland beendet die Olympischen Spiele von Paris auf Medaillenrang zehn. Doch große Momente sind längst nicht immer an Medaillen gekoppelt, wie dieser Rückblick zwischen Tränen und Jubel zeigt. Von Ilja Behnisch

Olympia vs. Berliner Verwaltung

Eine erste Möglichkeit besteht in einem Grundprinzip, das uns Menschen seit jeher begleitet und das im Englisch-Unterricht auch Ihrer Schulzeit auf sein Wesentlichstes reduziert wurde mit diesen magischen zwei Worten: listen and repeat. Etwas sperriger könnte man auch davon sprechen, das Gesehene/Erlernte anzuwenden. Oder um es mit dem letzten deutschen Kaiser, mit Franz Beckenbauer zu sagen: Geht’s raus und spielt’s Olympia.

Warum nicht zum Beispiel einen Fünfkampf in den Alltag einbauen? Gerade in Berlin eine leichte Übung. Sie könnten sich an einem beliebigen Morgen auf den Internetseiten der Berliner Verwaltung tummeln und nach einem freien Bürgeramtstermin Ausschau halten (Schießen), sich auf den Weg (Laufen) zu S- oder U-Bahn begeben, und die Umsteigemöglichkeit wenigstens dieses eine Mal als Chance begreifen (Hindernisparcours). Dann rein ins Bürgeramt (Hürden) und Anliegen vortragen (Schwimmen). Keine Sorge vor Ergebnisdruck. Sie haben eh keine Chance. Also nutzen Sie sie! Dabei sein ist schließlich alles. Im Dschungel der Berliner Verwaltung gilt das noch mehr als für Olympia.

Sollte Ihnen das zu dynamisch daher kommen, seien Sie sich aller Sympathien versichert und der Gewissheit, auch dann noch Möglichkeiten zur Hand zu haben, dank derer Sie im olympischen Geist verbleiben. Nennen wir diese Form des begleiteten Entzugs Nolympia und spendieren ihr Sportarten, die völlig zu Unrecht keinen Platz in Paris 2024 oder bei irgendwelchen Spielen sonst hatten. Keinsprung zum Beispiel (aktueller Weltrekord: 0 Meter) oder 40 Kilometer Stehen (aktueller Weltrekord: fortlaufend). Gern auch in Mixed- und Staffel-Wettbewerben denken. Zusammen ist man bekanntlich weniger allein.

Der Ersatz steht bereit

Sie können sich der Sache auch offensiv stellen und einfach nochmals ihre liebsten der insgesamt 329 Wettkämpfe von Paris 2024 im sogenannten Re-Live schauen. Als Trauma-Therapie quasi. Das Erlebte noch einmal zu erleben, soll ja heilende Wirkung entfalten. Warum nicht auch dann, wenn man das Erlebte einfach nur als Erlebnis vermisst?

Anstelle von Ersatz-Drogen können Sie sich natürlich auch den echten Shit reinfahren. Ab dem 22. August etwa beginnen in Wien die Europameisterschaften im 3x3-Basketball. Zwar ohne Svenja Brunckhorst, die sich in Berlin und nach ihrem Karriereende mit Olympia-Gold um den Hals auf ihre neue Rolle als Alba-Managerin für Mädchen- und Frauenbasketball vorbereiten muss. Dafür aber mit zwei von drei ihrer Gold-Komplizinnen von Paris. Gespielt wird auf der Kaiserwiese im Prater, was auch deshalb toll ist, weil es grundsätzlich wenig Orte gibt in Europa oder gar der Welt, an denen es sich so melancholisch auf die Welt schauen lässt wie im Wiener Prater. Wenn Ihre Tränen über das Olympia-Ende auf fruchtbaren Boden fallen, dann doch hier.

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Bonjour tristesse

Noch einfacher verfügbar für alle Ersatzdrogen-Sucher sind die Deutschen Meisterschaften im Bahnradsport vom 14. bis 18. August im Berliner Velodrom. Die Kanuten sind gar noch einen Tag früher dran und treffen sich zu ihren Deutschen Meisterschaften vom 13. bis zum 18. August auf der Regattastrecke am Beetzsee. Es liegt also alles da. Sie müssen nur zugreifen.

Oder sie freunden sich mit dem Gedanken an, dass die Trauer über das Ende von Olympia etwas Schönes ist. Weil es bedeutet, dass es etwas bedeutet hat. Weil es bedeutet, dass man sich auf Paralympics (28. August - 8. September), die Winterspiele (6. - 22. Februar 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo) oder gleich die nächsten Sommerspiele in Los Angeles (14. - 30. Juli 2028) freuen kann. Denn in einer entscheidenden Sache unterscheiden sich die Olympischen Spiele eben doch von so einer Sommer- und Urlaubsliebschaft: Jedes Wiedersehen ist so schön wie das erste Mal. Deshalb für alle Olympia-Liebenden und -Leidenden: bonjour tristesse.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.08.2024, 15:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

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