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Quelle: imago images/Contrast

Meinung | Unglückliches T-Shirt-Projekt

Fabian Reese schlachtet sein lauwarmes Treuebekenntnis zu Hertha egoistisch aus

Hertha-Fußballer Fabian Reese hat ein T-Shirt herausgebracht – so weit, so unspektakulär. Doch hinter dem "Launch" stecken gleich mehrere irritierende Botschaften – und das liegt nicht nur an den vielen Rechtschreibfehlern auf dem Shirt. Ein Kommentar von Marc Schwitzky

Fabian Reese bleibt - vorerst - bei Hertha BSC. Das hat der Flügelspieler vor ein paar Wochen bedeutungsschwanger bei Instagram verkündet. "Ich kann hier nicht weg. Streich das. Ich will hier nicht weg, denn wir sind hier noch nicht fertig", schrieb er in sein "Tagebuch". Und das verletzt drei Tage vor Ende der Sommer-Transferperiode, obwohl aus dem Vereinsumfeld in den vorangegangenen Wochen sehr gut zu vernehmen war, dass sich Reese sehr wohl um Wechselmöglichkeiten bemüht haben soll.

Das mag, angesichts seiner herausragenden Vorsaison, absolut legitim sein - Reese will sich schließlich noch den Erstligatraum erfüllen. Doch warum dann diese wenig authentische Show um seinen Verbleib? Und das bei jemandem, der, seit er in Berlin angekommen ist, kaum einen Tag vergehen lässt, um sich mit Aktionen und in Interviews offensiv authentisch zu geben. Vermutlich, weil Reese mittlerweile gar nicht mehr anders kann - und will.

Eigenartige T-Shirt-Aktion wird zum Reinfall

Denn die Show ging nun weiter. Am Montag verkündete Reese, ein eigenes T-Shirt auf den Markt zu bringen. In Großbuchstaben ist sein Name auf der Brust zu lesen, darunter sieht man ihn in drei Jubelposen aus der vergangenen Saison. Abgerundet wird das Design von dem Satz aus seinem Statement zum Verbleib: "Ich bin hier noch nicht fertig."

Allein das ist zu viel der Selbstinszenierung. Wenn Hertha BSC selbst oder ein treuer Fan solch ein T-Shirt veröffentlicht hätte, wäre es schließlich etwas ganz anderes gewesen, aber sich selbst für einen redlich späten Verbleib in Berlin zu feiern, mutet eigenartig an. Doch die Probleme liegen eigentlich auf dem Rücken des Shirts. Dort wollte Reese wohl alle Spiele der Spielzeit 2024/25 verewigen.

Nun gut, fast alle, denn es fehlen gleich mehrere Spiele. Manche sind auch falsch datiert. Es steht mal "Olympiastadion" und mal "Olympia Stadion" da. Aus Regensburg wird "Regensbrug", aus dem "Karlsruher SC" der "Karlsruhe SC". Kurzum: es finden sich auf dem Shirt mehr Fehler als Hertha beim Verteidigen von Standardsituationen macht. Ein Reinfall. Und ein Indiz dafür, dass das T-Shirt lieblos in wenigen Stunden zusammengeschustert wurde.

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Schnelles Geld – auf Kosten der Fanliebe

Reese, von unzähligen Kommentaren auf Social Media auf die vielen Fehler aufmerksam gemacht, beteuert, dass das Shirt auf den Werbefotos ein fehlerhaftes Stück sei und die letztendlich gelieferten Shirts alle korrekt seien. Das bleibt abzuwarten.

Schlappe 35 Euro kostet das gute Stück. Es sind 35 Euro, die sich Reese von seinen Treuesten wünscht. Damit kapitalisiert der Fußballer die Fanliebe und schlachtet sein lauwarmes Treuebekenntnis zu Hertha egoistisch aus. Reese promotet das T-Shirt ausschließlich über seine eigenen Kanäle, der Verein wirkt nicht involviert. Auch auf eine Kooperation mit wohltätigen Organisationen - die Reese sonst durchaus wichtig sind - gibt es keine Hinweise. Hier bereichert sich ein Profi-Fußballer mit sehr gutem Gehalt offenbar an der emotionalen Beziehung zu seinen Fans.

Reeses Selbstinszenierung verkommt zur One-Man-Show

Eine emotionale Beziehung, die Reese selbst seit seinem Aufschlagen in Berlin im Sommer 2023 emsig füttert. Gekonnt inszenierte sich der 26-Jährige als der "etwas andere Profi": Vokuhila, Nagellack, Stände auf Flohmärkten, Mode-Shootings mit der Freundin.

Durch das Vorleben progressiver Werte war Reese in einer sonst stromlinienförmigen Fußballwelt tatsächlich anders. Er schaute über den Tellerrand und ermutigte alle da draußen, sie selbst zu sein. Damit passte Reese auch bestens in das bunte Berlin. Er wurde - auch durch seine fußballerischen Leistungen - zur Identifikationsfigur. Doch zuletzt wirkt es eher so, als habe sich Reese an sich selbst berauscht.

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Fußballkulturelle Aneignung

Es gibt sie, die wirklich authentischen Momente des Fabian Reese. Viele Hertha-Fans werden es ihm sicherlich nie vergessen, dass er nach dem Tod von Präsident Kay Bernstein in vorderster Reihe beim Trauermarsch mitlief. Die Aufmerksamkeit der Kameras suchte er dabei nicht. Beim letzten Spiel gegen Fortuna Düsseldorf stand er gemeinsam mit den Fans in der Ostkurve - ohne den Besuch in der Kurve erkennbar für sich zu vermarkten.

Doch jene Momente werden immer weniger. Sie werden von Aktionen wie dem Verkauf eigener T-Shirts oder groß inszenierten Foto-Shootings in der legendären Hertha-Kneipe "Kupferkanne", nachdem Reese erst kurze Zeit in Berlin war, stetig ausgehöhlt. Reese macht sich Dinge zu eigen, die ihm nach nur einem Jahr im Verein noch nicht zustehen - und will nun monetär davon profitieren. "Niemand ist größer als der Verein", heißt es im Fußball-Jargon immer. Es scheint, als müsse Reese wieder daran erinnert werden. Auf Instagram schrieb er nun zum T-Shirt-Verkauf: "Für alle, die es überzogen finden: auch verstanden."

Reese hat zweifellos das Zeug zur Vereinslegende, von der Fans auch in Jahren noch stolz T-Shirts tragen werden. Doch das entscheiden die Hertha-Anhänger:innen, nicht Reese selbst.

Beitrag von Marc Schwitzky

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