Jennifer Zietz, Geschäftsführerin der Union-Frauen
Ohne große Eingewöhnungszeit hat sich die Frauenmannschaft von Union Berlin in der 2. Bundesliga etabliert. Ein direkter Durchmarsch ins Oberhaus scheint gut möglich. Geschäftsführerin Jennifer Zietz hätte nichts dagegen.
rbb|24: Frau Zietz, im Sommer ist Ihre Mannschaft in die 2. Frauen-Bundesliga aufgestiegen. Fünf Siege in acht Ligaspielen später stehen Sie dort als Tabellendritte jetzt auf dem nächsten Aufstiegsplatz. Was macht es mit Ihnen, wenn Sie sich die Tabelle anschauen?
Jennifer Zietz: Natürlich muss ich mich manchmal ein bisschen kneifen. Wir können total zufrieden sein, wie sich die Dinge entwickelt haben - die Rahmenbedingungen im Verein in Kombination mit erst einem verlorenen Spiel und zwei Unentschieden.
Haben Sie denn insgeheim darauf geschielt, dass Sie schon im ersten Zweitligajahr um den Aufstieg in die Bundesliga mitspielen?
Ja, das haben wir schon gehofft. Durch den Kader, den wir in der vergangenen Saison schon hatten, und die im Sommer neu verpflichteten Spielerinnen waren die Voraussetzungen für so eine Saison schon gegeben. Trotzdem merkst du dann auch schnell, dass die Intensität in der 2. Liga eine ganz andere ist. Du spielst gegen Mannschaften, die auch Ambitionen haben, vielleicht sogar auch aufsteigen wollen. Die Leistungsdichte ist viel größer und du kannst in der 2. Liga nicht mit 50 Prozent in ein Spiel gehen.
Die Professionalisierung der Frauenmannschaft hat bekanntlich schon vor einigen Jahren begonnen. Welche strukturellen Schritte sind Sie rund um den Aufstieg gegangen?
Wir spielen jetzt in einem großen Stadion. Das ist der größte Schritt. Wir haben einen Zuschauerschnitt von 5.000 Leuten, dazu 2.500 Dauerkarten verkauft. Das ist etwas, wo sicherlich auch Mannschaften aus der Bundesliga draufschauen. Wir können mittlerweile im Winter auf Rasenplätzen mit Heizung trainieren und sind in ein neues Trainingszentrum eingezogen. Da passiert schon viel, sodass wir beste Rahmenbedingungen haben.
Das klingt nach Rahmenbedingungen auf Bundesliga-Niveau. Würden Sie da zustimmen und gilt das auch für die Gehälter, die ihre Spielerinnen bekommen?
Ja, ich glaube schon. Wir haben zuletzt sehr viel in die Rahmenbedingungen investiert – natürlich auch mit Blick auf die Gehälter. Ich glaube schon, dass wir mit dem, was der Verein bietet, auf dem Level eines Bundesligisten sind. Trainingsbedingungen, Stadion und Zuschauerresonanz, wirtschaftliche Einnahmen und Reichweite – ich glaube nicht, dass alle aktuellen Bundesligisten da Vergleichbares vorweisen können. Das ist das eine …
Und was ist das andere?
Dass du ein komplettes Trainerteam, einen Staff und vor allem Spielerinnen mit Bundesliga-Format brauchst. Da basteln wir noch und sammeln viele Erfahrungen. Wir müssen dabei aber Schritt für Schritt gehen und dürfen nicht zu eilig sein. Es braucht Zeit, sich daran zu gewöhnen, den ganzen Tag Fußballprofi zu sein und vor 5.000 Leuten im Stadion Leistung zu bringen. Ich glaube, dass unsere Spielerinnen am Anfang schon ein bisschen nervös waren, weil sie das natürlich nicht kannten.
Wie groß ist denn allgemein der Druck, aufsteigen zu müssen? Ist es schon für diese Saison das erklärte Ziel?
Das erklärte Ziel nicht unbedingt, aber es ist eine optimale Chance. Dass diese Saison von 14 Mannschaften drei aufsteigen, ist für uns natürlich richtig gut. Wir haben den Schwung aus der Regionalliga mitgenommen, sind sehr gut gestartet und wollen diese einmalige Chance nutzen. Aber es bringt natürlich auch nichts, jetzt hektisch zu werden und irgendwie zu überdrehen.
Hat sich mit dem Aufstieg und dieser großen Chance, sie zu nutzen, der Ton oder die Stimmung im Verein rund um die Frauenmannschaft verändert?
Es ist natürlich schon so, dass der Verein aus einem bestimmten Grund und mit bestimmten Zielen investiert. Das lohnt sich, wenn du den Erfolg hast, den wir ja alle haben wollen. Man merkt schon, dass jetzt von allen Seiten ein bisschen mehr gefordert wird – sei es bei Sponsorenmaßnahmen, Terminkoordinierung oder Pünktlichkeit. Gleichzeitig kommunizieren wir ganz klar auf Augenhöhe.
Und sportlich auf dem Rasen?
Da arbeiten wir auf ein bestimmtes Ziel hin, das wir nicht erreichen können, wenn wir uns immer nur mit Samthandschuhen anfassen würden. Wenn wir uns Spitzensportler und Spitzenmannschaften angucken, dann arbeiten sie hart und investieren viel. Das forderst du als Verein auch. In der zweiten Liga geht es schon ein bisschen rauer zu und in der Bundesliga wird der Ton dann noch rauer. Unsere Mädels lassen sich überhaupt nicht den Schneid abkaufen oder so, aber müssen da immer weiter hineinwachsen.
Wie lässt sich bei allen extrinsischen und eigenen Erwartungen eine gewisse Leichtigkeit erhalten, die es auf dem Rasen natürlich auch braucht, um erfolgreich zu sein?
Wir müssen gucken, dass der Rucksack nicht ganz so groß wird, sondern wir die Chance als etwas Positives mitnehmen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Fußballerinnen tendenziell sehr selbstkritisch sind. Wir müssen also eine gewisse Balance finden. Einerseits ansprechen, wenn etwas nicht gut läuft, andererseits aber auch nicht einfach draufhauen. Wie das geht, haben wir nach der Niederlage gegen Frankfurt bewiesen, als wir danach 5:0 gegen Ingolstadt gewonnen haben.
Nach dem Sieg haben Sie jetzt zwei Punkte Rückstand auf Tabellenführer Nürnberg und fünf Punkte Vorsprung auf den Nicht-Aufstiegsplatz vier. Wie wahrscheinlich ist ein Durchmarsch Ihrer Mannschaft in die Bundesliga?
Ich bin sehr optimistisch. Wir haben natürlich noch eine Menge Spiele, die wir gewinnen müssen, aber aufgrund der Tabellensituation und der Entwicklung unserer Mannschaft bin ich sehr zuversichtlich. Wir müssen nach der Länderspielpause weiter Gas geben, aber sind total im Soll.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jakob Lobach, rbb Sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.10.25, 10:15 Uhr
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