Fußball-Bundesliga
Mit einem Heimsieg gegen Dortmund könnte Union Berlin am Samstag (15:30 Uhr) in der Tabelle am BVB vorbeiziehen. Die Borussen reisen mit Königsklassen-Rückenwind nach Berlin, aber die stabile Defensive ihrer Gastgeber lässt diese hoffen.
Mit Blick auf diese Woche lässt sich diese Frage mit einem klaren "überragend" beantworten. Mit einem eindrucksvollen 7:1 schickten die Dortmunder am Dienstagabend in der Champions League Celtic Glasgow zurück nach Schottland. Der höchste Sieg in Dortmunds Champions-League-Geschichte wurde einzig von einer Muskelverletzung des dreifachen Torschützen Karim Adeyemi ein wenig getrübt.
Auch insgesamt hat der BVB einen sehr soliden, wenn auch nicht stolperfreien Saisonstart hingelegt. Ein Paradebeispiel für diesen hat vergangenes Wochenende der 4:2-Heimsieg im kleinen Derby gegen den VfL Bochum beschert. Nach zwanzig besonders defensiv abenteuerlichen bis unterirdischen Minuten lag Dortmund mit 0:2 zurück. Erst kurz vor der Pause verkürzte Stürmer Serhou Guirassy, ehe seine Mannschaft das Spiel in der zweiten Halbzeit – dann stark verbessert – noch drehte. Nach der brutalen 1:5-Niederlage in Stuttgart eine Woche zuvor hätte eine weitere gegen Bochum den Saisonstart zu einem besorgniserregenden gemacht.
So spricht auch Jannik Schröder vom Dortmunder Fanmagazin Schwatzgelb einerseits von "berauschendem Fußball" und andererseits von einer "gewissen Dysbalance". Für den Rausch sorgt dabei allen voran die Offensive um erwähnte Guirassy und Adeyemi, während die Defensive für die Dysbalance steht. Gegen Bochum patzten zuletzt namentlich der immer wieder fehleranfällige Nico Schlotterbeck und Torwart Gregor Kobel.
Insgesamt aber seien die meisten Fans der Schwarzgelben "aktuell zufrieden", sagt Jannik Schröder. Die Stimmung sei "vorsichtig positiv", sagt er, "aber ich glaube, der letzte Fan ist noch nicht vollends überzeugt, dass alles richtig läuft." Zumal die spielerische Inkonstanz beim BVB in den vergangenen Jahren die vielleicht größte Konstante war. Nicht zu vergessen, dass sich mit Marco Reus und Mats Hummels im Sommer auch zwei personelle Konstanten verabschiedeten.
Zusammen mit der Übernahme durch Ex-Spieler und Neu-Trainer Nuri Sahin ergab das zumindest einen Mini-Umbruch, der nachwirkt und weiter diskutiert wird. "Bei uns herrscht natürlich die Frage, wie es mit der Hierarchie in der Mannschaft aussieht", sagt Schröder. Oder konkreter: "Wer ist der neue Leader?" Auf dem Papier trägt er schon seit dem Sommer 2023 den Namen Emre Can. Ein Kapitän, "der bei den Fans allerdings nicht ganz unumstritten ist", wie Schröder sagt.
Auch Nuri Sahin wurde von Fanseite zwar mit viel Wohlwollen empfangen, steht allerdings noch unter intensiver Beobachtung: "Er hat ja am Anfang berechtigterweise angekündigt, dass wir geduldig sein müssen", sagt Schröder, "aber mit der Geduld ist es bei Borussia Dortmund erfahrungsgemäß schwierig …"
Kaum Geduld hat bereits erwähnter Serhou Guirassy den Dortmunder Fans nach seinem sommerlichen Wechsel aus Stuttgart abverlangt. Klar, mit einer Knieverletzung ließ er sie zwei Spieltage ein wenig warten. Dafür leistete der in Frankreich geborene Guineer anschließend mit sechs Toren in seinen ersten fünf Spielen prompt wirkungsvolle Wiedergutmachung. "Man merkt, dass Nuri Sahin auf ihn als klassischen Stürmer setzt und das Spiel stark auf ihn ausgerichtet ist", erkennt auch Schröder.
Aber auch die Hinter- und Nebenmänner des Stürmers präsentierten sich zuletzt stark. Julian Brandt etwa und natürlich Adeyemi, dessen Ausfall Dortmund nun kompensieren muss. Wie und vor allem mit wem das gelingen soll, wird sich am Samstag zeigen. Donyell Malen und Jamie Gittens sind die naheliegendsten Nachrückkandidaten mit Blick auf die Startelf.
Und dann wäre da natürlich noch ein Ex-Unioner, der im Stadion An der Alten Försterei unter besonderer Beobachtung seiner ehemaligen Anhänger stehen dürfte: Julian Ryerson. 109 Spiele absolvierte der Norweger, der seinen Vertrag beim BVB am Donnerstag um vier Jahre verlängerte, zwischen 2018 und 2022 für den 1. FC Union.
Bo Svensson (Union Berlin): "Dortmund ist ein Top-Gegner. Um das zu erkennen, haben wir das Spiel gegen Celtic nicht gebraucht. Sie sind individuell sehr, sehr gut besetzt und haben im Sommer tolle Spieler geholt. Wir brauchen unsere allerbeste Leistung, um da mithalten zu können, aber freuen uns sehr auf das Spiel."
Nuri Sahin (Borussia Dortmund): "Drei Tore nach fünf Spieltagen zu kassieren, ist außergewöhnlich. Sie haben eine sehr gute Stabilität und einen Trainer, von dem ich eine sehr hohe Meinung habe. Man erkennt seine Handschrift. Dazu kommt das Stadion, dazu kommt ein Auswärtsspiel. Im Gesamtpaket ist es ein unangenehmer Gegner, der dort auf uns wartet."
Die von Sahin angesprochenen drei Gegentore in fünf Liga-Spielen bieten zumindest defensiv wenig Grund für große Veränderung. Allerdings könnte ein Ausfall des zuletzt verletzt ausgewechselten Tom Rothe hier ein Strich durch die Rechnung machen. Die Tatsache, dass Stürmer Jordan weiterhin auf seinen ersten Treffer wartet, dürfte Trainer Svensson nicht davon abhalten, ihn erneut in die Startelf zu nehmen.
Unions mögliche Startelf: Rönnow – Doekhi, Vogt, Diogo Leite – Haberer, Schäfer, Khedira, Rothe – Jeong, Hollerbach – Jordan
Der Tipp des Gegner-Experten: "In Berlin haben wir es immer ein bisschen schwerer gegen Union als zu Hause, deswegen stehen die Chancen von Union gar nicht so schlecht. Aber ich glaube trotzdem, dass es 3:1 für Dortmund ausgeht."
Der Redaktionstipp: Die zuletzt so stabile Defensive Köpenicker Defensive steht weiterhin stabil, kann die aktuelle Offensivlust des BVB allerdings nicht ganz bändigen. Union verliert zu Hause nach hartem Kampf mit 1:2.
Sendung: rbb 88,8, 04.10.2024, 16:30 Uhr
Beitrag von Jakob Lobach
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