Eduard Geyer wird 80
Eduard "Ede" Geyer - die Trainerikone wird 80 Jahre alt. Seine Stimme war nie zu überhören. Am Montag wird er 80 Jahre alt, und nicht nur seine ungefilterten Sprüche bleiben unvergessen. Von Antonia Hennigs und Shea Westhoff
Nur mal zur Erinnerung, was für eine Zeit das war, als Ede Geyer den damaligen Provinzklub Energie Cottbus in die Bundesliga führte: Damals wurde der Fußball zunehmend geprägt von den Assauers, Calmunds und Hoeneßen des Geschäfts, allesamt aus dem Westen, natürlich. Über den Fußball im Osten wurde nur noch wenig gesprochen.
Und dann, im Jahr 2000, drängte "Ede Gnadenlos" mit seinem Provinzklub aus der Lausitz in die Liga. Ungemütlicher Fußball war das, aber erfolgreich. "Wenn sich jemand dehnen will, soll er nach Dänemark fahren. Bei mir wird gelaufen, da kann keiner quatschen", beschrieb Geyer seine Trainingseinheiten. Es sind ja genau diese Geschichten, die verdrossenen Fußballromantikern im Osten wie im Westen als wohlige Erinnerung dienen, dass sich harte Arbeit und Leidenschaft auszahlen können. Und genau dafür stand und steht Eduard Geyer, der am Montag 80 Jahre alt wird.
Eine Rückschau auf sein Leben ist prallgefüllt und voller Fallhöhen, wie auch ersichtlich wird in der TV-Doku des MDR und rbb, die aktuell in der ARD-Mediathek abrufbar ist [ardmediathek.de].
Die Erfolge mit Energie Cottbus sind ein beeindruckendes Kapitel, aber natürlich nur eines von vielen in Geyers Vita. 1989 führte er Dynamo Dresden zur Meisterschaft in der DDR, außerdem ins Europapokal-Halbfinale. Bereits als Spieler war er von 1968 bis 1975 für die Sachsen aktiv, gewann in dieser Zeit zwei Oberliga-Titel mit der Mannschaft.
Als DDR-Auswahltrainer war er erfolgreich und wollte mit der Mannschaft um Matthias Sammer, Ulf Kirsten und Thomas Doll zur Weltmeisterschaft nach Italien fahren. Doch wenige Tage vor dem entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Österreich fiel die Mauer.
Unter dem Eindruck des beginnenden Umbruchs geht Geyers Team mit 0:3 unter, verpasst die WM. Geyer sagte immer wieder, wohl nur halb im Scherz, die Mauer, sie sei einige Wochen zu früh geöffnet worden.
Mit der Wiedervereinigung und der Zusammenlegung der DDR-Liga und der Bundesliga muss Geyer von vorne beginnen. Im Sommer 1994 übernahm der damals 50-Jährige Energie Cottbus - und eine unvergleichliche Erfolgsgeschicht begann: Einzug ins DFB-Pokalfinale 1997, Aufstieg in die 2. Bundesliga, und dann, im Frühjahr 2000, eine der größten Sensationen im deutschen Fußball, der Aufstieg in die erste Liga.
Die Bundesliga gewöhnt sich schnell an die Namen origineller Fußballer wie Tomislav Piplica, Vasile Miriuta und Franklin. Unter Geyer gelingt ihnen eine erneute Sensation: der Klassenhalt am letzten Spieltag.
Seine Vergangenheit als Stasi-Spitzel wurde Geyer indes nicht los. Als Spieler bei Dynamo Dresden war er erpresst worden, um für die Staatssicherheit zu arbeiten. Das sei wie "ein Makel, den man eigentlich gerne aus seinem Leben streichen möchte", beschreibt er es in der Doku. 2018, nach Protesten ehemaliger Dynamo-Mitspieler, gab er das Amt als Ehrenspieler des heutigen Drittligisten zurück.
Ein paar Angebote von Erstligisten aus dem Westen habe er nach 1990 erhalten - darunter von Hertha BSC, wie er im Film sagt - allerdings habe er auch Vorbehalte wahrgenommen gegen ihn, den "DDR-Trainer".
Ede Geyer polarisierte in der Bundesrepublik, aber wohl niemand würde bezweifeln, dass er ein Fußball-Vermächtnis schuf. In Cottbus setzten sie ihrem Ede ein Denkmal für sein Lebenswerk. Der "Plastik-Ede" wurde ihm zu Ehren im vergangenen Jahr im Cottbuser Stadion enthüllt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.10.2024, 11:00 Uhr
Beitrag von Antonia Hennigs und Shea Westhoff
Artikel im mobilen Angebot lesen