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Audio: rbb24 Inforadio | 26.10.2024 | Daniel Günther | Quelle: imago images/Eibner

3:1-Auswärtssieg in der Analyse

Hertha BSC hat Karlsruhe "niedergelechnert"

Ausgerechnet Hertha BSC hat den Freunden vom Karlsruher SC die erste Niederlage beigefügt. Die Berliner lieferten ihre reifste Saisonleistung ab und zeigten ungeahnte kämpferische Qualitäten – besonders ein Spieler ging dabei voran. Von Marc Schwitzky

"Letztes Jahr, als ich Vertrauen vom Trainer bekommen habe, hab' ich jedem gezeigt, was für eine Quote ich habe, wenn ich regelmäßig spiele", sagte Florian Niederlechner selbstbewusst nach Herthas Sieg gegen Braunschweig am vergangenen Wochenende. Gerade hatte er durch einen herausgeholten Elfmeter und ein eigenes Tor ein eigentlich schwaches Spiel der "alten Dame" in einen 3:1-Heimsieg verwandelt. "Elfmeter gezogen, Tor gemacht – Flo hat einen großen Wert für die Mannschaft", so die Bilanz von Sportdirektor Benjamin Weber an jenem Freitagabend.

Dennoch durfte der am vergangenen Donnerstag 34 Jahre alt gewordene Mittelstürmer unter Trainer Cristian Fiél noch nicht starten. Der Berliner Coach vertraute nach dem Abgang von Vorjahres-Torschützenkönig Haris Tabaković erst Neuzugang Luca Schuler, dann Sturmtalent Derry Scherhant. Beide konnten aber nicht überzeugen. Und Niederlechner? "Ich gebe seit Tag eins 100 Prozent in jedem Training. Am Ende entscheidet es der Trainer. Aber wenn ich in Form bin und Selbstvertrauen habe, kann ich der Mannschaft schon sehr, sehr gut helfen."

Er sollte es an diesem Samstag gegen den Karlsruher SC eindrucksvoll unter Beweis stellen.

2. Fußball-Bundesliga

Maza-Verletzung trübt starken Hertha-Auswärtserfolg in Karlsruhe

Hertha BSC hat dem Karlsruher SC die erste Saison-Niederlage zugefügt. Das Team von Cristian Fiél besiegte die Badener am Samstagnachmittag mit 3:1. Überschattet wurde der Sieg von der frühen Verletzung des Hertha-Talents Ibo Maza.

Fiél setzt auf mehr Aggressivität

Gegen den Karlsruher SC durfte Niederlechner erstmal seit dem 28. Spieltag der Vorsaison wieder in der Berliner Startelf stehen. Zusätzlich entschied sich Trainer Fiél dafür, Deyovaisio Zeefuik nach dessen überstandener Gelbsperre wieder von Anfang an zu bringen.

Die Hereinnahme der beiden darf als direkte Reaktion auf das eher blutleere Auftreten im vorangegangenen Spiel gegen Braunschweig gewertet werden. Hertha fehlte es in den letzten Partien oftmals an der nötigen Aggressivität und Ernsthaftigkeit. Die mangelnde Reife zerstörte oft alles, was die vorhandene spielerische Klasse mühevoll aufgebaut hatte.

Durch zu viel Kür und zu wenig Pflicht fuhr Hertha deutlich weniger Punkte ein als möglich gewesen wäre. Gegen den KSC wählte Fiél daher eine rauere Variante. Und so traten die Hauptstädter am Samstag auch auf. So harmonisch es auf den Rängen des Freundschaftsduells zuging, so viel Kampf war auf dem Rasen geboten. Die Hauptstädter traten von Beginn an gallig auf und waren somit deutlich präsenter als noch in den Vorwochen.

Die Klasse von Cuisance und die Schlitzohrigkeit Niederlechners

Gegen den KSC wurde aus brotloser Kunst gewinnbringende Maloche. Hertha legte mit der eigenen Zweikampf- und Laufarbeit den Grundstein, spielerisch glänzen zu können. In der neunten Minute fiel bereits der Führungstreffer: Der einmal mehr herausragende Michael Cuisance spielte einen wunderbaren Pass in den Strafraum, den Ibrahim Maza erlief und direkt verwandelte. Das Tor konnte jedoch nur fallen, weil Maza jenen Pass durch seinen Laufweg erst ermöglicht hatte – fehlende Bewegung abseits des Balles war eines der größten Probleme gegen Braunschweig und hatte Fiél zur Weißglut getrieben.

Gegen die Badener funktionierte Herthas Struktur im Ballbesitz jedoch viel besser, weil Positionen konsequenter gehalten und Anspielstationen geboten wurden. Allen voran die Hereinnahme von Niederlechner machte sich hier bezahlt. Der routinierte Stürmer war deutlich besser eingebunden als zuvor Schuler oder Scherhant. Er ließ sich immer wieder ins Mittelfeld fallen, machte Bälle körperlich robust fest oder bot kluge Laufwege in die Tiefe an. Mit seiner Schlitzohrigkeit entschied Niederlechner zahlreiche Zweikämpfe für sich und schaffte dadurch Platz wie Zeit für seine Mitspieler.

Hertha profitierte deutlich von einer klaren Sturmspitze, es tat der Mannschaftlich sichtlich gut, einen klaren Fokuspunkt für ihre Angriffe zu haben, die dadurch sehr viel zielstrebiger und weniger verkopft daherkamen. "Wir hatten heute Phasen im Spiel, die herausragend gut waren. Und ich benutze das Wort herausragend wirklich nicht oft", so Fiél nach dem Spiel.

Sportliches Führungsduo bleibt

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Aus der eigenen Passivität befreit

Eine rundum gute Leistung war es dennoch nicht. Maza hatte sich bei seinem Tor verletzt und musste wenige Minuten später das Feld verlassen. Seine Auswechslung sorgte für einen erkennbaren Bruch in Herthas Spielfluss, sie wurden passiver und der KSC erhielt Oberwasser. In jener Phase hatten die Blau-Weißen Glück, dass Marvin Wanitzek in der 30. Minute einen Elfmeter nur an den Pfosten gesetzt hatte. Kurz vor der Pause fiel der Ausgleichstreffer aber, Budu Zivzivadze köpfte das 1:1, weil Hertha im Vorfeld nicht zwingend in die Zweikämpfe kam. Ein zu einfaches Gegentor, welches das Momentum hätte umkehren können.

Doch Hertha kam mit scharfen Sinnen aus der Kabine. Die Berliner spielten erneut überaus zielstrebig nach vorne und belohnten sich in der 49. Minute durch Zeefuik mit dem ersten Eckentreffer der Saison. Nur neun Minuten später sollte der Moment für Niederlechner kommen. Hertha baute einen Angriff mustergültig auf, verlagerte über wenige Stationen von links nach rechts. Jonjoe Kenny erkannte den Laufweg Niederlechners in die Tiefe, spielte einen punktgenauen Pass, den der 34-Jährige mit all seiner Erfahrung clever über den KSC-Keeper ins Tor lupfte.

Es war jene Kaltschnäuzigkeit und Direktheit, die Hertha in dieser Saison bereits so oft fehlte und die für den 3:1-Endstand sorgen sollte.

Ungewohnte Resilienz gegen den Ball

Hertha sollte nach dem 3:1-Treffer kein Gegentor mehr kassieren. Auch weil die Mannschaft eine beinahe schon ungewohnt große Widerstandsfähigkeit beim gegnerischen Angriffsdruck zeigte. Die Mannschaft stand zwar teilweise sehr tief und bekam zu selten Entlastungsangriffe zustande, konnte das aber durch eine gute Grundaggressivität, Lauffreude und Verteidigen im Verbund ausgleichen. Zwar hatte der KSC in den letzten 20 Spielminuten viel vom Ball, wirklich zwingend sollten die Angriffe aber nicht mehr werden, weil Hertha gemeinschaftlich leidenschaftlich verteidigte und immer irgendein Körperteil in die gegnerischen Aktionen schmiss.

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Exemplarisch dafür, dass sich kein Hertha-Spieler herausnahm, war erneut Niederlechner. Der KSC hatte sich in der 69. Minute am Berliner Strafraum festgespielt, jeden Moment hätte der entscheidende Pass oder Schuss erfolgen können. Doch Herthas Mittelstürmer verteidigte klug nach hinten, störte den Karlsruher und ermöglichte so den Ballgewinn. Wenige Sekunden später zog er im Mittelfeld das gegnerische Foul und machte so den Ball weit weg vom eigenen Strafraum fest. Szene geklärt.

Niederlechner ist Herthas Stürmer Nummer eins

Es war jene Cleverness und Erfahrung, die Hertha in den Vorwochen oftmals schmerzlich fehlte und gegen den vorher ungeschlagenen KSC triumphieren ließ. Hertha war womöglich nicht die sehr viel bessere Mannschaft, aber definitiv die cleverere und effizientere. Der Hauptstadtklub hat Karlsruhe regelrecht "niedergelechnert".

Der Startelf-Debütant sagte nach dem Spiel mit gewohnt breiter Brust: "Das war ein hochverdienter Sieg. Auch wenn Karlsruhe einen Elfmeter verschossen hat, waren wir die bessere Mannschaft und hatten die besseren Chancen." Zwar kann man es auch anders sehen, doch die rotzige Attitüde des Angreifers ist ein Attribut, das der jungen und oftmals zu lieben Hertha-Mannschaft zweifelsohne guttut. Schließlich gibt es im Fußball keine B-Note, das Ergebnis zählt. Das hat Niederlechner, der nun auf sechs direkte Torbeteiligungen in neun Spielen kommt, verinnerlicht.

Es scheint so, als könnten die taktischen Ideen Fiéls, die Hertha spielerisch deutlich weiterbringen, und die Galligkeit von Mentalitätsspielern wie Niederlechner, Zeefuik oder auch Kapitän Toni Leistner genau die richtige Mischung für Herthas Erfolgsrezept sein.

Sendung: rbb UM6, 16.10.24, 18:00 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

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