Es war eine durchaus fordernde, erste Transferperiode für Horst Heldt, Union Berlins neuen Geschäftsführer Sport. Zu der auch gehörte, unzufriedene oder überzählige Spieler zu verleihen. Mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Von Ilja Behnisch
Robin Gosens | AC Florenz (8 Spiele, 2 Tore)
Der 22-fache deutsche Nationalspieler galt zu Beginn der Sommertransfer-Periode als Wechselkandidat Nummer eins und ging tatsächlich — vier Stunden vor einem Bundesligaspiel. Dass er so kurzfristig verliehen wurde, war letztlich doch völlig überraschend. Er habe sich in Deutschland und Berlin nie heimisch gefühlt mit seiner Familie, deshalb war "der Wunsch, zurückzukehren und nach Florenz zu kommen, […] sehr groß", so Gosens im Podcast Copa TS. Im selben Podcast sagt er aber auch, eben jenes Florenz habe zehn Tage "zuvor ein Angebot unterbreitet, das uninteressant war".
Sportlich läuft es für Florenz und Gosens. Seine belebende Kraft und Torgefahr wird dort wie zuvor schon bei Atalanta Bergamo und Inter Mailand geschwärmt. Und Union? Kassierte 750.000 Euro Leihgebühr, wird voraussichtlich acht Millionen Euro Ablöse einstreichen nach Ende der Saison und hat einen Großverdiener aus Champions-League-Zeiten von der Gehaltsliste. Sportlich hat Union auch wieder zu sich selbst gefunden. Oder wie man in Italien zu einer Leihe wieder dieser sagt: Win-Win-Win.
Fleißige Köpenicker, dominante Bayern: Union Berlin hatte sich nach dem Pokal-Aus in Bielefeld viel vorgenommen für die Aufgabe beim Rekordmeister. Doch der ist selbst gegen aufopferungsvoll verteidigende Gäste zu effektiv.
Paul Jaeckel | Eintracht Braunschweig (8 Spiele, 0 Tore)
Der gebürtige Eisenhüttenstädter, ausgebildet in der Jugend des FC Energie Cottbus, war über zwei Spielzeiten eine Art Innenverteidiger 1b bei Union. Dann musste er dem gestiegenen Niveau des Kaders Tribut zollen und einen Stammplatz auf der Bank einnehmen. Dass er Spielpraxis einzig beim Tabellenvorletzten der zweiten Bundesliga finden sollte, überraschte dennoch. In Braunschweig immerhin ist Jaeckel Stammspieler und zeigte unter anderem beim Gastspiel bei der Hertha, dass auf ihn Verlass ist.
Lennart Grill | Eintracht Braunschweig (9 Spiele)
Auch der ehemalige Torhüter der deutschen U21-Nationalmannschaft spielt leihweise beim deutschen Meister von 1966/67. Ebenso als Stammspieler. Bis zu seiner Rückkehr nach Berlin beim Gastspiel bei der Hertha. Dort flog Grill nach 50 Minuten wegen einer Notbremse gegen Michael Cuisance vom Platz, Elfmeter für die Hertha inklusive. Nach abgesessener Sperre hieß es für den 25-Jährigen dann am vergangenen Spieltag gegen Paderborn, auf der Bank Platz zu nehmen. Vertreter Marko Johansson machte seine Sache dabei erneut gut, so dass es für Grill zunächst nicht nach weiteren Einsätzen aussieht.
Livan Burcu | 1. FC Magdeburg (10 Spiele, 2 Tore)
Burcu kam erst im Sommer als herausragendes Talent vom Drittligisten aus Sandhausen zum Bundesligisten Union, um direkt weiter in die zweite Liga zu gehen. Beim aktuellen Tabellen-Siebten aus Magdeburg ist er ein absoluter Lichtblick. Neben seinen seinen beiden Treffern hat er auch zwei Torvorlagen herausgespielt.
Der gebürtige Frankfurter ist aktueller U21-Nationalspieler der Türkei. Es braucht nicht außergewöhnlich viel Fantasie, Burcu mit etwas mehr Zweitliga-Erfahrung in wenigen Jahren im Trikot eines Bundesliga-Vereins zu sehen. Etwa beim 1. FC Union.
Wie schlägt sich der 1. FC Union Berlin in seiner sechsten Bundesliga-Saison? Hier gibt es jedes Erstliga-Spiel der Köpenicker live und in voller Länge im Audio-Livestream.
Alex Kral | Espanyol Barcelona (11 Spiele, 0 Tore)
Der Tscheche - einst aufgrund einer speziellen Regelung in Folge des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu Union gekommen - entzog sich der größer und größer werdenden Fülle an zentralen Mittelfeldspielern bei Union Berlin mit einem Tapetenwechsel Richtung Barcelona. Mit Espanyol allerdings hängt der 42-fache Nationalspieler Tschechiens auf Rang 17 und mitten im Abstiegskampf. Kral selbst spielt dabei wie eh und je — ohne viele Fehler aber auch mit wenigen Ideen in der Offensive.
Chris Bedia | Hull City (11 Spiele, 2 Tore)
Noch ein Stürmer von der Elfenbeinküste, der sich wie sein Landsmann Wilfried Kanga bei der Hertha, in Berlin versuchte und grandios scheiterte. Als Winter-Soforthilfe im Abstiegskampf 2023/24 zu Union gekommen, wurden es am Ende sieben Spiele und ein Tor für die Köpenicker.
Im Sommer ging es in die zweite englische Liga zu Hull City, wo Ex-HSV-Trainer Tim Walter den Ton angibt. Beim aktuellen Tabellen-15. ist Bedia mal Startelf-Spieler, mal Joker. Bei durchschnittlich 66 Minuten Spielzeit pro Einsatz lesen sich die zwei Saisontore in elf Spielen eher mau. Zukunftsaussichten bei Union: überschaubar.