Hertha BSC vor Heimspiel gegen Köln
Es läuft aktuell bei Hertha BSC. Drei Pflichtspielsiege in Folge stehen zu Buche. Und plötzlich klappt es sogar in Heimspielen. Mit dem 1. FC Köln kommt nun aber ein großes Kaliber ins Olympiastadion. Und ein unberechenbares dazu. Von Ilja Behnisch
Platz zwölf steht nach zehn Spieltagen für den 1. FC Köln zu Buche. Ein leidlicher Start in die Spielzeit, auch wenn man befinden könnte, dass man damit noch der aktuell beste der jüngsten Bundesliga-Absteiger sei (Darmstadt steht auf Rang 13). Doch auch Gegner-Experte Denis K. Lennepe sagt im Gespräch mit rbb|24, man sei in der Liga bei gerade einmal vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz "unter den Erwartungen gelandet".
Der Liga-Zusatz ist nötig und angebracht, schließlich siegten die Kölner unter der Woche im DFB-Pokal gegen den Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel (3:0). Ein Spiel, das im Vorfeld angesichts der mauen Punkte-Ausbeute und Gegentor-Flut im Liga-Alltag (4:4 gegen Karlsruhe, 1:5 gegen Darmstadt) schon zum Schicksalspiel für den neuen Trainer Gerhard Struber ausgerufen wurde. Der überraschte gegen Kiel mit einem System-Wechsel auf Dreierkette und wurde belohnt. Ein System, so Lennepe, das dem aktuellen Kader am ehesten entspreche und das auch bei der Hertha (Samstag, 02. November, 20:30 Uhr) zu erwarten sei.
Dennoch bleibt auch nach dem Pokal-Sieg die Erkenntnis von Gegner-Experte Lennepe: "Die Lage ist sehr unruhig und das Chaos ist ein wenig zurückgekehrt nach Köln." Sagt es und fügt mit einem Lachen an: "Wir kennen es nicht anders."
Tim Lemperle (22) ist aktuell mit vier Treffern nicht nur der erfolgreichste Torschütze der Kölner, sondern überhaupt auch "Dreh- und Angelpunkt der Offensive", so Experte Lennepe.
Lemperle, der aus dem Kölner Nachwuchs kommt und in der vorigen Saison nach Fürth verliehen war, sei ein sehr umtriebiger Spieler, "technisch versiert, sehr trickreich". Jemand, der "Angriffe initiieren und andere Spieler einsetzen, aber selbst auch gut abschließen kann". "Den", so Lennepe, "sollte Hertha auf jeden Fall versuchen, irgendwie zu neutralisieren."
Insgesamt acht Scorer-Punkte nach zehn Spieltagen können sich in der Tat mehr als sehen lassen. Der 1,87 Meter große U21-Nationalspieler (zehn Spiele, zwei Tore) ist damit an 36 Prozent aller Kölner Saison-Tore beteiligt gewesen.
Dass Lemperle reüssieren kann, liegt gewiss auch an der Transfersperre, unter der der 1. FC Köln noch bis Januar 2025 zu leiden hat. Ausgelöst vom laut internationalen Sportgerichtshof unerlaubten Transfers des slowenischen Nachwuchsspielers Jaka Cuber Potocnik. Und mit der Folge, dass der Vorstand des Klubs, der für diesen Transfer verantwortlich zeichnete, bei der Mitgliederversammlung vor rund einem Monat nicht entlastet wurde. Ein Umstand, den es zuvor in der Geschichte des Vereins erst ein einziges Mal gab.
"Das Thema brodelt total", sagt Gegner-Experte Lennepe, weil der Vorstand, der "auch noch sehr unsichtbar ist, sehr schlecht bis gar nicht kommuniziert mit den Fans und Mitgliedern, nicht daran denkt, seinen Platz bei den nächsten Wahlen im kommenden Jahr zu räumen".
Cristian Fiél (Hertha BSC): "Köln kann Fußball spielen, hat viel individuelle Qualität und im Pokal Selbstvertrauen gesammelt. Uns erwartet ein tolles Duell, auf das man sich freuen darf. Wir wollen Vollgas geben und an den gelungenen Pokalabend anknüpfen. Es gab viele Dinge, die gut waren. Viel Leidenschaft, viel Wille, viel Kampf, viele fußballerische Elemente und viele Chancen – deshalb war ich sehr zufrieden."
Gerhard Struber (1. FC Köln): "15.000 Fans werden den 1. FC Köln begleiten — das ist positiv verrückt. Ich wünsche mir wieder den Rückhalt unserer Fans und dass wir Berlin zum Heimspiel machen. Die Fans sind der zwölfte Mann bei uns. Hertha ist im Aufwind, sie spielen einen sehr guten Fußball mit viel Qualität. Aber wenn wir alle richtig unsere Sensoren ausfahren und bereit sind, ans Limit zu gehen, können wir dort wieder eine richtig gute Leistung bringen."
Hertha-Coach Cristian Fiél scheint seine Start-Formation weitgehend gefunden zu haben. Sowohl beim Liga-Erfolg in Karlsruhe als auch beim DFB-Pokal-Triumph über Heidenheim bot er nahezu die identische Formation auf. Einzig auf dem linken Flügel scheint es ein offenes Rennen zwischen Eigengewächs Derry Scherhant und Neuzugang Jón Dagur Thorsteinsson zu geben, wobei der Isländer im Spiel bisher kaum zu überzeugen wusste.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Zeefuik, Dardai, Leistner, Kenny - Karbownik, Sessa, Maza - Scherhant, Niederlechner, Cuisance
Der Tipp des Gegner-Experten: "Es wird ein anderes Kaliber als das Pokalspiel gegen Holstein Kiel. Kiel ist zwar nominell ein Erstligisten, aber die waren richtig schlecht. Es ist ein Auswärtsspiel, das heißt, wir können uns ein bisschen auf die Defensive verlassen und unsere schnellen Leute in Konter schicken. Und dann wird es am Ende schiedlich-friedliches Unentschieden."
Der Redaktionstipp: Nach drei Siegen in Folge hat Hertha das nötige Selbstbewusstsein, um auch die Kölner zu bezwingen — 2:1.
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Sendung: rbb24, 01.11.2024, 22 Uhr
Beitrag von Ilja Behnisch
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