Interview | Ex-Cottbuser Nils Petersen
Nur zwei Jahre spielte Nils Petersen in Cottbus, trotzdem ist der ehemalige Stürmer ein Held der jüngeren Vereinsgeschichte. Damals wie heute Trainer: Claus-Dieter Wollitz. Zu dessen angekündigtem Karriereende sagt Petersen: "Das sehe ich noch nicht."
Nils Petersen läuft interessiert durchs Energie-Cottbus-Museum. Der ehemalige Nationalspieler hat sich selbst in der Klubhistorie verewigt: Von 2009 bis 2011 spielte Petersen in Cottbus, wurde Torschützenkönig in der zweiten Liga und wechselte anschließend nach München zum FC Bayern.
Energie ist der 35-Jährige verbunden geblieben. Nach dem Karriereende ist Zeit für Besuche in der Lausitz und ein Gespräch über das eigene Leben und die Aufstiegschancen seines Ex-Klubs.
rbb|24: Nils Petersen, ich möchte sagen: Ein Athlet steht vor mir. Spielen Sie noch? Es wirkt, als könnten Sie noch …
Nils Petersen: Naja, die letzten Jahre habe ich ja auch nur noch pro Spiel rund 10 Minuten gespielt, also das würde wahrscheinlich immer noch gehen. Ich glaube, man vergisst nie, wo das Tor steht, wie groß der Strafraum ist, das ist immer noch gleich. Deswegen: Ja, wahrscheinlich würden ein paar Minuten noch gehen.
Nach ihrem Karriereende im Sommer 2023 haben Sie in der alten Heimat, in Sachsen-Anhalt beim Blankenburger FV, sogar nochmal in der Landesliga angefangen, ist das noch aktuell?
Ja, da habe ich auch noch eine Zeit lang gespielt. Jetzt habe ich aber auch das ausklingen lassen. Irgendwann ist es auch mal gut, dann ist man auch dankbar, dass man einigermaßen gesund durch die Karriere gekommen ist, das muss ich jetzt nicht aufs Spiel setzen.
Im Januar wird es hier in Cottbus zumindest ein kleines Comeback geben, beim Hallenturnier "Bretterknaller" in der Lausitz-Arena Anfang Januar. Haben Sie keine Angst? In der Halle ist es ja für manche sogar noch komplizierter als draußen auf dem großen Feld.
In den letzten Jahren musste ich immer absagen beim "Bretterknaller", weil ich ja noch aktiv war und letztes Jahr hat es dann nicht gepasst. Deswegen freue ich mich, dass ich 2025 mit am Start sein darf und mit ein paar Energie-Legenden in der Halle aufdribbeln werde. Ich habe jetzt schon die ersten Spielernamen gelesen, die da so mitspielen und da bin ich schon noch einer der Jüngsten. Wenn ich also anfange zu jammern, was sollen die anderen dann sagen?
Verständlich. Von den Energie-Legenden mal zur aktuellen Mannschaft: Die ist im Sommer aufgestiegen. Wie haben Sie das erlebt?
Ich glaube jeder, der ein bisschen mit Energie verbunden ist, hat das mitgekriegt. Spätestens in der Saisonendphase hat man dann jedes Spiel mitgenommen und spätestens das letzte Spiel in Berlin, als sie dann endgültig hochgegangen sind - das waren schon schöne Bilder. Endlich auch mal wieder emotionale Energie-Bilder zu erhaschen, die letzten Jahre ging es natürlich mal hoch, mal runter. Jetzt hat man hier wieder eine krasse Euphorie in dem Verein gespürt, dass es wirklich auch jeder unbedingt wollte. Der Verein gehört einfach da hoch und selbst in den Regionen, wo ich jetzt zum Schluss gelebt habe, selbst im Breisgau, da hat man sich irgendwie für Cottbus gefreut. Daran merkt man: Der Verein hat doch einen großen Namen.
Wie bewerten Sie denn die Drittligasaison bislang? Ist das der typische Schwung, der Aufsteiger erstmal trägt oder geht bei Platz fünf, nur zwei Punkte hinter der Spitze, vielleicht sogar noch mehr?
Die Punktausbeute ist super, die Platzierung ist super. Ich glaube jetzt gibt es noch so ein bisschen die Gefahr, dass die dritte Liga immer eine Wundertüte ist. Du verlierst zweimal und auf einmal wirst du durchgereicht, diese Gefahr ist noch da. Ich glaube, die sieht auch der Verein. Auf der anderen Seite schielt man aber immer auch nach oben, davor kann man sich nicht drücken, wenn man die Chance hat. Nach 14 Spieltagen stehen sie so gut da, warum soll man dann sagen, wir schauen nur nach unten? Also man plant ja immer für alles und die Mannschaft ist stabil und gut. Wenn man nach so vielen Spieltagen da steht, dann steht man nicht zu Unrecht da. Ich würde sagen, es gibt auch keine Mannschaft in der Liga, die sich klar absetzt. Wenn es jetzt eine oder zwei Mannschaften gäbe, die auf jeden Fall hoch gehen, dann würde Energie gucken, dass man einfach eine gute Saison spielt. Aber ich sehe aktuell nicht viele Mannschaften, die ganz klar und weit vor Cottbus sind.
Das führt uns zu einer spekulativen Frage: Ist der direkte Durchmarsch in die zweite Liga drin, wie ihn anderen Klubs auch schon gezeigt haben – zuletzt Ulm, Elversberg oder Münster.
Ja. Also dadurch, dass ich nicht bei Energie Cottbus angestellt bin, sondern einfach nur Fan und Sympathisant, kann ich das jetzt natürlich großspurig behaupten. Wenn ich jetzt enger mit dem Verein zu tun hätte, würde ich das natürlich abmoderieren und sagen: 'Ach nee, den Rucksack binden wir uns nicht auf, der Druck ist zu groß.' Aber ich glaube, hinter verschlossenen Türen wird man immer mal hochschielen und denken: 'Mensch, wir sind ja eigentlich ganz gut, wir können ganz gut mithalten.' Ich fand den Saisonstart auch schon schwierig, dass sie diese Phase so überstanden haben, ist ja auch Qualität. Das schaffst du nicht nur mit Glück, nach 14 Spieltagen hast du irgendwann auch eine gewisse Qualität. Ich fand, dass sie in vielen Spielen auch verdient gewonnen haben, sie spielen attraktiven Fußball, ansehnlich und es ist immer was los.
Auch dank eines Trainers, den Sie gut kennen: Claus-Dieter Wollitz. Unter ihm haben Sie selbst schon in Cottbus gespielt. Er hat gesagt, dass diese Saison sein letztes Jahr als Trainer sein wird. Glauben Sie ihm das?
Nein. (Petersen lacht laut) Ich bin gespannt, kenne ihn aber zu gut. Ich glaube, er liebt das Trainer-Dasein. Natürlich, ich kenne das als Spieler ja auch, irgendwann muss man mal den Abgang finden. Aber er ist doch noch so fit und so drin - ich sehe ihn noch nicht auf der Tribüne. Ich werde ihn mal fragen, wenn ich ihm über den Weg laufe. Wobei: Ich glaube, jetzt kann er sich auch noch gar nicht emotional da reinversetzen. Er weiß natürlich, wie es war, als Spieler aufzuhören. Ich jetzt auch. Aber als Trainer aufzuhören und so ganz endgültig das Grün zu verlassen, um dann irgendwo in Büros rumzurennen? Also ich sehe es noch nicht, aber ich lasse mich gern überraschen.
Zumal Wollitz ja auch Sportdirektor ist. Er selbst ist es also, der seinen Nachfolger engagieren muss, komische Situation: Wer will das schon machen unter der Überfigur Wollitz?
Ja, und die Frage ist ja auch: Holt man sich dann den gleichen Charakter oder holt man sich einen Ruhepol dazu. Da bin ich sehr gespannt, was das dann für eine Konstellation wird. Im Endeffekt glaube ich, hat er hier aber vor allem unfassbare Spuren hinterlassen. So oder so: Die Spuren sind riesig. Egal, wen er als Nachfolger holt, der wird in große Spuren treten.
Ihr eigener Weg ist im Moment noch in viele Richtungen offen. Als Experte im Fernsehen sind Sie schon aufgetaucht, haben ein Praktikum beim Ex-Klub Werder Bremen auf der Geschäftsstelle gemacht. In welche Richtung könnte es denn mal gehen?
Also ich habe ehrlich gesagt schon gedacht, dass ich zu diesem Zeitpunkt jetzt schon längst bei einem Verein angestellt wäre und dann auch und dort meinen Weg gehe. Ich bin aber echt froh, dass ich noch so ein bisschen austesten kann, was mir gefällt. Wenn man 16 Jahre Profifußball gespielt hat, dann hat man nicht gleich die totale Erkenntnis, wo man hingehört. Man lernt sich auch selbst noch mal besser kennen, ohne die 90 Minuten Fußball am Wochenende. Ich genieße gerade so ein bisschen die Freiheit, auch selber meinen Kalender führen zu können. Ich glaube, so wie ich mich selbst kenne, wenn ich dann in einem Verein anfange - wahrscheinlich wird es Freiburg, dann bin ich da so drin und mache das wahrscheinlich und hoffentlich erstmal für 30 Jahre. Deswegen kann ich jetzt noch gut warten und gehe zum Beispiel auch mal als Fan ins Stadion. Ich war jetzt schon vier Mal wieder hier in Cottbus, das habe ich in meinen zwölf, dreizehn Jahren Karriere nachdem ich weg war, nicht geschafft. Das sind so Vorzüge, die ich gerade habe.
Und später dann eher Geschäftsstelle oder Trainer?
Eher Geschäftsstelle, also mich braucht Pele braucht nicht anzurufen. (lacht)
Verstehe. Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Torsten Michels für den rbb Sport.
Sendung: DER TAG, 13.11.2024, 18 Uhr
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