Interview | Eiskunstläuferin Minerva Hase
Für das Berliner Eiskunstlaufpaar Minerva Hase und Nikita Volodin steht mit dem Grand-Prix-Finale der erste große Saisonhöhepunkt bevor. Die beiden sind Titelverteidiger, gehören mittlerweile fest zur Weltspitze und haben große Ziele.
rbb|24: Frau Hase, das erste große Etappenziel der Saison ist geschafft: Mit einem zweiten Platz in China haben Sie und Ihr Partner Nikita Volodin sich für das Grand-Prix-Finale qualifiziert. Wie war der Wettkampf in Chongqing für Sie?
Minerva Hase: An sich sind wir sehr zufrieden mit der Leistung, die wir dort gezeigt haben. Es war quasi der dritte Wettkampf, den wir in dieser Saison komplett gelaufen sind und zum dritten Mal hatten wir eine mehr oder minder fehlerfreie Kür. Das ist ein großer Meilenstein, schließlich hatten wir letztes Jahr immer Probleme damit. Der Stolperer von Nikita im Kurzprogramm kann mal passieren. Wir sind also sehr froh, dass wir konstante Leistungen zeigen können. Das gibt viel Sicherheit.
Ohne den Patzer im Kurzprogramm hätten Sie den Sieg wohl sicher gehabt. Ärgert Sie im Nachhinein ein wenig, dass die starke Kür nicht mit dem ersten Platz belohnt wurde?
Wir haben uns schon ein bisschen geärgert. Wir sind beide in den Wettkampf reingegangen, um am Ende ganz oben zu stehen. Die vier Punkte Rückstand auf das Siegerpaar haben wir dann trotz der guten Kür nicht mehr geschafft aufzuholen. Das ist okay. Trotzdem haben wir allen gezeigt, was wir draufhaben.
Warum funktioniert gerade die Kür in dieser Saison so gut?
Von der Reihenfolge der Elemente ist es bereits das zweite Jahr, dass wir es so laufen. Dementsprechend ging es auch in der Saisonvorbereitung schneller, die Rhythmen wieder reinzubekommen. Das hat sehr gut geholfen, um auch in das neue Programm rein zu finden.
Ist das aktuelle Programm das beste, dass Sie je in Ihrer Karriere gelaufen sind?
Ja. Eigentlich wird das Programm in jedem Jahr immer besser. Ich finde, wir können jetzt am besten zeigen, was wir draufhaben und unsere Stärken mehr hervorheben. Wir freuen uns, dass man das auch direkt in den Punkten sieht. Da bekommen wir ja direktes Feedback und sehen, dass die Preisrichter auch den Schritt wahrnehmen, den wir im Sommer gemacht haben.
Und dieser Schritt war ziemlich groß. Gleich zu Saisonbeginn haben Sie und Ihr Partner bei der Nebelhorn Trophy eine neue persönliche Bestpunktzahl aufgestellt. Wie gelingt nun der Feinschliff, um im weiteren Verlauf sogar noch stärker zu werden?
Da sind wir eigentlich auf einem guten Weg. Bei der Nebelhorn Trophy war es ein Heimatwettkampf und wir haben gar nicht mit so guten Punktzahlen gleich zu Beginn gerechnet. Man muss aber schon sagen, dass bei Grand Prixs auch nochmal härter bewertet wird und Kleinigkeiten stärker bestraft werden. Bei uns ist jetzt wichtig, weiter an den Details zu arbeiten. Zum Beispiel, dass die Ausläufe von allen Elementen noch ein Stück länger gehalten werden oder dass wir im Schwung noch besser werden. Und wir wollen noch mehr Emotionen aufs Eis bringen.
In dieser Saison gehören Sie beide bei jedem Wettkampf fest zum Favoritenkreis. Hat dieser neue Status irgendetwas verändert?
Dadurch, dass es letzte Saison zum Ende hin auch schon in die Richtung gegangen ist und wir nicht mehr als Underdog bezeichnet wurden, hatten wir ein bisschen Zeit, uns darauf einzustellen. Im Sommer habe ich dann gemeinsam mit einer Sportpsychologin die alte Saison aufgearbeitet. Wir haben geguckt, wie es uns gelingen kann, uns vor diesem Favoritenbild ein wenig abzuschotten und uns selbst nicht so viel Stress machen. Das funktioniert bisher ganz gut. Auch mit Nikita bin ich jetzt in unserer zweiten Saison schon viel eingespielter, was den Stress angeht.
Abgesehen von der Favoritenrolle, die von außen zugeschrieben wird – gehen Sie mittlerweile mit dem Selbstverständnis in die Wettkämpfe, jederzeit in der Lage zu sein, gewinnen zu können?
Ja. Wenn wir alles abrufen, was wir können, rechnen wir schon damit, bei jedem Wettkampf aufs Treppchen zu laufen. Im Wettkampfgeschehen versuchen wir allerdings, die Medaille ein bisschen aus dem Kopf zu lassen und uns nur auf die Performance zu konzentrieren.
Am kommenden Wochenende steht nun mit dem Grand-Prix-Finale im französischen Grenoble das erste große Highlight der Saison an. Sie und Ihr Partner gehen als Titelverteidiger an den Start. Mit welchem Gefühl reisen Sie dort hin?
Es wird auf jeden Fall ein sehr schwieriger Wettkampf. Vor allem mental wird es für alle Paare eine große Herausforderung. Wir versuchen genauso an die Sache ranzugehen, wie bei anderen Wettkämpfen auch. Aber man merkt schon, dass das Adrenalin und die Nervosität früher kamen und vielleicht auch ein bisschen höher sind. Aber es ist auch schön, jetzt schon so einen wirklich sehr hochklassigen Wettkampf zu haben. Es ist der erste richtige Testlauf.
Wer sind denn die größten Rivalen?
Die sechs Paare, die da laufen, sind alle nicht zu verdenken. Wenn man sich die Punkte anschaut, sind wir alle gleich auf. Es ist komplett offen. Für uns kann in diesem Wettkampf vom ersten bis zum sechsten Platz alles passieren. Alle haben ihre Stärken. Es wird für die Zuschauer und für uns als Läufer das spektakulärste Finale, dass es seit langem gab.
Dabei stehen die richtig großen Wettkämpfe erst nach dem Jahreswechsel an, oder?
Stimmt. Nach Neujahr machen wir nochmal zwei bis drei Tage ein bisschen frei, um den Körper ein bisschen Ruhe zu geben. Ende Januar steht dann schon die EM an. Da haben wir auf jeden Fall noch eine Rechnung vom letzten Jahr offen.
Noch wichtiger wird aber wohl die Weltmeisterschaft im März, schließlich geht es dann auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Ist das Ihr größtes Ziel?
Auf jeden Fall. Die ganze Saison ist auf die WM ausgelegt. Dort wollen wir gemeinsam mit dem anderen deutschen Paar (Annika Hocke und Robert Kunkel, Anm. der Redaktion) zwei Startplätze für die Olympischen Spiele holen. Das ist das große Ziel. Da arbeiten wir nun drauf hin.
Damit Sie bei einer möglichen Olympiateilnahme mit ihrem Partner Nikita Volodin gemeinsam antreten können, bräuchte dieser den deutschen Pass. Wie läuft seine Vorbereitung auf den Einbürgerungstest?
Er ist fleißig dabei Deutsch zu lernen. Je nachdem, wie es neben den Wettkämpfen klappt, hat er zwei bis drei Mal die Woche Unterricht. Hinzu kommen Hausaufgaben und Lehrbücher, er hat also auf jeden Fall gut zu tun. Wir versuchen das bestmöglich mit dem Training zu vereinbaren. Er hat schon ein ganz gutes Level erreicht und möchte bald mit der Prüfungsvorbereitung beginnen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.
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