Regionalliga Nordost der Frauen
In der vergangenen Saison wurde die Regionalliga Nordost der Frauen zur Union-Berlin-Show. Dieses Jahr ist alles anders. Vier Erkenntnisse einer spannenden Hinrunde und noch unterhaltsameren Liga.
22 Siege in 22 Spielen, 145 zu 5 Tore - in der vergangenen Saison haben Union Berlins Frauen die Regionalliga Nordost kurz und klein geschossen. Das war das Resultat einer konsequenten Professionalisierung seitens der Vereinsführung. Ein großes Investment führt schnell zu vielen Siegen im Fußball der Frauen.
In dieser Saison sind keine Vollprofis dabei, sehr wohl aber Teams mit viel Ambition. Aktuell führt die Zweitvertretung von RB Leipzig die Liga mit 30 Punkten an. Viktoria Berlin erlebte vor der Saison mit der Verpflichtung der neuen Sportdirektorin Catharina Schimpf und einer Verjüngung des Kaders einen großen Umbruch. Dennoch starteten die Himmelblauen mit acht Siegen in acht Spielen in die Liga. Aktuell ist man drei Punkte hinter den Leipzigerinnen, gegen die man gewinnen konnte. Dazu hat Viktoria noch ein Spiel in der Hinterhand.
Die einzige Niederlage setzte es gegen Hertha BSC, die ihrerseits gegen Leipzig und auch Jenas Zweite verloren und mit fünf Punkten Rückstand auf Leipzig fast schon abgeschlagen auf Platz drei steht. "Wir sind brutal zufrieden mit der Entwicklung der Mädels. Wir wissen, wo wir herkommen. Unser Ziel war es, nach der Hinrunde unter den Top drei zu sein", sagt Hertha-Trainer Manuel Meister, glaubt allerdings eher weniger an einen Aufstieg: "Wir müssen realistisch sein: Wir haben es nicht in der eigenen Hand. Aktuell sind Viktoria und Leipzig zu konstant. Man muss damit rechnen, dass es sehr schwer wird, in der Rückrunde oben nochmal richtig Druck zu erzeugen."
Dabei würde der erste Platz sich in dieser Saison besonders lohnen. Durch die Aufstockung der zweiten Liga muss dieses Jahr keine Relegation um den Aufstieg gespielt werden.
Vorneweg marschiert RB Leipzig II mit einem Torverhältnis von 57:9. Die Leipzigerinnen klopften bereits in den vergangenen Jahren vorne an, in dieser Saison kann das Team seine ganze Qualität entfalten. "Sie sind sehr athletisch und spielstark. Was die Spielanlage und Disziplin angeht, sind sie das beste Team, auf das wir getroffen sind", sagt Greta Budde, Trainerin von Türkiyemspor Berlin. RB hat gegenüber den anderen Teams der Liga gleich mehrere Vorteile. Sie können im Vergleich zu Vereinen wie Viktoria oder Türkiyemspor auf Strukturen aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum zurückgreifen.
Die Spielerinnen spielen lange zusammen und implementieren die RB-Spielphilosophie auch in der Regionalliga Nordost der Frauen. Intensives Pressing, ein verdichtetes Mittelfeld und schnelle Außen - gegen diese gelernte Spielanlage sind Amateur-Teams wie Bischofswerda chancenlos. Hinzu kommt, dass RB immer wieder Spielerinnen aus der Bundesliga-Mannschaft in die Zweite runter zieht und den Kader damit nochmal verbessert.
In der Regionalliga Nordost spielen nur zwölf Mannschaften. Das sind für jeden 22 Saison-Spiele. Dadurch wird jede Partie extrem wichtig, ebenso wie das Torverhältnis der Aufstiegsaspiranten. Aktuell hat Leipzig im Vergleich zu Viktoria drei Punkte mehr und 13 Tore mehr erzielt. Die Berlinerinnen haben allerdings noch ein Nachholspiel beim Tabellenvorletzten Fortuna Dresden in der Hinterhand. Dort will man das Tore-Konto deutlich aufstocken.
Das bedeutet auch, dass Viktoria bis zum Schlusspfiff das Gaspedal durchdrückt. "Für das Trainerteam ist es eine Herausforderung: Du überlegst, wie früh du wechseln solltest, um Dynamiken zu erzeugen und noch mehr Tore zu erzielen", sagt Viktorias Cheftrainer Dennis Galleski und ergänzt: "Wir wollen mit den Einwechselspielerinnen eine zweite Welle erzeugen. In der Hinrunde ist uns das noch nicht so gelungen, wie wir uns das vorgestellt haben."
2014/15 spielten in der Regionalliga Nordost noch reine Amateur-Vereine wie der BSC Marzahn oder SV Eintracht Leipzig-Süd. Heute spielen ambitionierte Traditionsvereine gegen die Zweitvertretungen etablierter Teams. Das klingt fast wie Regionalliga-Fußball bei den Männer-Vereinen.
Türkiyemspors Cheftrainerin Budde spielte mehrere Jahre selbst für Union Berlin in der Regionalliga Nordost. "In den letzten fünf bis sieben Jahren hat sich die Liga extrem entwickelt. Der Fußball ist mittlerweile richtig gut", attestiert sie den Vereinen. Das hat vor allem mit den gestiegenen Ambitionen größerer Vereine zu tun, die in den Fußball der Frauen investieren. Hertha und Magdeburg kamen kürzlich in die Liga, dieses Jahr ist Hansa Rostock mit dabei und spielt mit vielen Fußballerinnen aus der heimischen Region eine gute Rolle. Auch Dynamo Dresden will in sein Frauenteam investieren. Und auch Viktoria Berlin will so bald wie möglich in der Bundesliga spielen.
Das alles führt dazu, dass die Strukturen im Fußball der Frauen und auch in der drittklassigen Regionalliga professioneller werden. "Ich finde diese Entwicklung großartig", sagt Viktoria-Coach Galleski: "Das bedeutet auch, dass Mädchen nicht mit 15 oder 16 Jahren aufhören müssen, weil sie keine Perspektive mehr sehen."
Sendung: rbb24, 03.12.2024, 21:45 Uhr
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