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Quelle: imago images/O.Behrendt

Unions Niederlage gegen Augsburg in der Analyse

Eine Fehlzündung und viele Sorgen

Union Berlin bleibt im zehnten Bundesliga-Spiel in Folge ohne Sieg und vergeigt die Heimpremiere von Steffen Baumgart. Auch weil die Handschrift des neuen Trainers nicht nur unleserlich ist, sondern zugleich gefährliche Botschaften sendet. Von Ilja Behnisch

"Wir wollen das Ding anzünden. Und ich weiß, wie man das Ding anzündet", sagte Steffen Baumgart Anfang des Jahres bei seiner Vorstellung als neuer Trainer des 1. FC Union Berlin. Nach der zweiten Niederlage im zweiten Pflichtspiel unter seiner Anleitung, einem 0:2 gegen den FC Augsburg, muss man konstatieren: Baumgart hat offenbar nicht damit gerechnet, eine Mannschaft zu übernehmen, die ihr eigener Feuerlöscher ist.

Dabei war doch alles angerichtet für ein Feuerwerk. Die Heimpremiere für Baumgart, den verlorenen Sohn, der als Aktiver zwei Mal zu Unions Spieler der Saison gewählt wurde. Ein Flutlichtspiel gegen die mit null Siegen und zwei Remis bis dato schwächste Auswärtsmannschaft der Liga, die zuletzt selbst nach so etwas wie einem Streichholz zu suchen schien. Und dann das. Aber was eigentlich?

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Zwischen zwangsläufig und verwegen

Baumgart schickte seine Mannschaft wieder mit der von ihm präferierten Viererkette ins Rennen. Das brachte offensiv gar nichts, weil scheinbar gleich drei Union-Mannschaften zugleich auf dem Rasen standen, jeweils geprägt von Trainern der jüngeren Vereinsgeschichte. Eine Urs-Fischer-Mannschaft, eine Bo-Svensson-Mannschaft und eine Steffen-Baumgart-Mannschaft. Selten schienen zwei Union-Spieler zeitgleich dieselbe Vorstellung davon zu haben, was bei Ballbesitz zu geschehen habe. Richtig blöd wurde die Sache nun dadurch, dass die Berliner offensiv also so harmlos waren wie zuletzt unter Baumgarts Vorgängern. Und defensiv deutlich schlechter.

Dass Baumgart sich erneut gegen die Dreierkette entschied, die ja aus guten Gründen fast so etwas wie in der Bundesliga-DNA des Klubs verankert ist, erscheint mindestens kühn. Als würde man den Rolling Stones nach ein paar schwächer verkauften Alben verordnen, es doch bitte einmal mit einer Jazz-Platte zu versuchen. Dass er zudem auch noch kräftig das Personal rotierte, mutet irgendwas zwischen zwangsläufig bis verwegen an.

Das Vorgehen scheint alternativlos - ist aber gefährlich

Mit Lucas Tousart, Rani Khedira, Jerome Roussillon und Kevin Vogt waren im Vergleich zum Heidenheim-Spiel (0:2) gleich vier Namen neu in Unions Startelf, wobei Roussillon nach der Rotsperre des Stamm-Linksverteidigers Tom Rothe ein Pflichtwechsel war. Dennoch - Unions defensive Außenbahnen waren viel zu oft luftiger als ein Spaziergang über das Tempelhofer Feld.

Vor allem beim 0:2 stimmte die Abstimmung zwischen den linken Gliedern der Viererkette, zwischen den neu ins Spiel gebrachten Vogt und Roussillon nur nach der guten alten Weisheit: Nimm’ Du ihn, ich hab’ ihn sicher. Dass der nach vorne geeilte Augsburger Innenverteidiger Jeffrey Gouweleeuw schließlich im Strafraum gleich zwei Mal Zeit und Raum hatte, den Blick nach einem Mitspieler suchend in den Abendhimmel zu hieven, ist auf Bundesliga-Niveau ein eher seltenes Naturschauspiel.

Steffen Baumgart muss probieren, welche Spieler am besten zu seiner Spielidee passen, muss probieren, welche sie am ehesten (gemeinsam) umsetzen. Das im laufenden Spielbetrieb tun zu müssen, könnte angesichts der akuten Abstiegsgefahr allerdings noch gruselige Folgen haben. Auch wenn das Vorgehen alternativlos scheint. Wenn die Zeit drängt, macht man sich über Wahl des richtigen Herzschrittmachers vielleicht eben erst Gedanken, wenn der Patient schon auf dem OP-Tisch liegt.

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Ein beängstigendes Gefühl

Es hätte ja auch alles anders kommen können, hätte Stürmer Jordan in der 46. Minute die Einladung der Augsburger Abwehr angenommen. Hätte er aus rund 14 Metern, zentral und freistehend ins Tor statt gegen die Latte geschossen. Aber wie sagte einst ein großer Fußball-Philosoph? Hätte, hätte Fahrradkette.

Weshalb die Mannschaft in diesem Moment den letzten Funken Hoffnung zu verlieren schien, an diesem Abend wenigstens ein Strohfeuer zu entfachen. Das Haare und Turban (nach frühem Kopftreffer) raufende Rumpelstilzchen Danilo Doekhi, das offenbar nicht fassen konnte, dass Jordan diese Chance nicht zu nutzen wusste, war das so ziemlich letzte Unioner Lebenszeichen der Partie. Dass Jordan in der 69. Minuten bei einem halbwegs vielversprechenden Angriff der Berliner seinen Schuh verlor, war dann fast schon zu viel an Symbolbild.

Irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit schließlich schlich sich ein beängstigendes Gefühl ein: Gäbe man dieser Mannschaft eine Schatzkarte, sie würde wohl kollektiv auf der unbeschriebenen Rückseite nach dem Weg zum Gold suchen. Und vielleicht ist das die Lehre dieses aus Union-Sicht ernüchternden Auftritts. Dass es keinen braucht, der "das Ding anzündet". Sondern einen, der die Zeichen der Zeit lesen kann.

Sendung: rbb24, 15.01.2025, 22 Uhr

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