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Kreis schließt sich
Theo Reinhardt, einer der erfolgreichsten deutschen Bahnradsportler der vergangenen Jahre, wird im Rahmen des "Sixdays Weekend" Ende des Monats in Berlin seine Karriere beenden. Für den 34-Jährigen schließt sich im Velodrom der Kreis. Von Thomas Juschus
Als "Steppke" saß Theo Reinhardt zusammen mit seinen Eltern einst auf der Tribüne des Berliner Velodroms, bejubelte um die Jahrtausend-Wende die Fahrergeneration um Robert Bartko oder den Schweizer Bruno Risi. Am 1. Februar, dem zweiten und letzten Tag des Berliner "Sixdays Weekend" 2025, wird der mittlerweile 34 Jahre alte Reinhardt selbst im Mittelpunkt stehen, den Applaus des Publikums aufsaugen und ein letztes Mal über die Kultpiste an der Landsberger Allee radeln - durch ein Ehrenspalier seiner Profi-Kollegen.
Reinhardt wird im Rahmen des 112. Berliner Sechstagerennens seine lange und erfolgreiche Laufbahn als Radprofi beenden. Das gaben am Mittwoch die Veranstalter des "Sixdays Weekend" und der Bund Deutscher Radfahrer bekannt.
"Ich war nie das Riesen-Ausnahmetalent, ich musste immer mehr arbeiten für den Erfolg. Deshalb kommt das Karriere-Ende vielleicht ein bisschen früher als bei anderen", sagt Reinhardt, der seine Radsport-Laufbahn beim SC Berlin begann und seit 2012 der Nationalmannschaft auf der Bahn angehört.
Schon ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft in Minsk gewann Reinhardt Bronze im Madison (Zweier-Mannschaftsfahren) zusammen mit dem Berliner Henning Bommel, machte sich aber in den folgenden Jahren vor allem einen Namen als feste Konstante im deutschen Bahn-Vierer und half maßgeblich, das ehemalige Flaggschiff des Bund Deutscher Radfahrer (der Verband heißt seit kurzem German Cycling) zurück in die erweiterte Weltspitze zu führen.
Nach der Entscheidung des Radsport-Weltverbandes UCI im Frühsommer 2017, das Madison wieder in das Olympia-Programm aufzunehmen, bildete Reinhardt mit dem Brandenburger Roger Kluge erstmals ein Gespann. Bei den "Cottbuser Nächten" startete das Duo mit einem Sieg eine Erfolgsgeschichte: 2018 und 2019 gewannen Kluge und Reinhardt die WM-Titel im Zweier-Mannschaftsfahren, 2020 bei der Heim-WM in Berlin folgte die Bronzemedaille. Von 2022 bis 2024 stand das Duo dreimal in Folge bei Europameisterschaften ganz oben auf dem Treppchen. Nur bei Olympischen Spielen blieb beiden die ersehnte Medaille verwehrt.
Nach Platz neun in Tokio 2021 belegten Reinhardt/Kluge in Paris 2024 den fünften Platz. Und mussten als Mit-Favoriten gestartet schon nach 20 von 200 zu fahrenden Runden nach einer von Reinhardt unverschuldeten Kollision mit einem Franzosen und nachfolgendem Sturz ihre Hoffnungen auf Edelmetall begraben. "Das habe ich noch nicht verkraftet, das nagt immer noch und ist schwer zu verarbeiten", sagt Theo Reinhardt rückblickend und schaut trotzdem voller Stolz auf dieses Rennen zurück.
"Das Ergebnis klingt sehr, sehr enttäuschend und war nicht die Aufgabe und das Ziel, das wir uns gestellt haben. Aber eigentlich war ich nach meinem Sturz nicht mehr fahrtüchtig. Wir sind trotzdem zu Ende gefahren und haben bei Olympia das Rennen unseres Lebens gemacht", so Reinhardt. Am Ende reichte es dennoch nur zu Platz fünf.
"Die olympische Medaille ist leider ein Traum geblieben – das wäre für ihn und auch mich natürlich das i-Tüpfelchen gewesen", sagt Partner Roger Kluge über Reinhardt. Der Ludwigsfelder wird zwar im Februar schon 39, macht aber noch weiter und hat zuletzt bei der WM im Oktober 2024 in Kopenhagen mit seinem dritten WM-Gold im Madison mit seinem neuem Partner Tim Torn Teutenberg aus Köln bewiesen, dass er nicht zum alten Eisen gehört. Aus der gemeinsamen Zeit mit Theo Reinhardt bleibt neben vielen Erfolgen vor allem eine enge Verbindung über den Sport hinaus.
"Theo ist mir als Freund über die Jahre immer wichtiger geworden. Auch unsere Frauen und Kinder verstehen sich gut, obwohl wir nicht nebeneinander wohnen. Ich hoffe, dass wir eine Basis gelegt haben, die auch über den Radsport hält und in 20 oder 30 Jahren zusammen mal eine Runde drehen", sagt Kluge vor seinem letzten gemeinsamen Sixdays-Start mit Reinhardt in Berlin.
Reinhardt will auch nach seinem Karriere-Ende dem Radsport verbunden bleiben. Wie genau, ist noch nicht spruchreif. "Es tun sich derzeit einige Chancen auf. Es macht mir riesig Spaß, mit jungen Menschen zu arbeiten, Erfahrungen und Wissen weiterzugeben. In die Richtung soll es gehen – und da habe ich gerade viel Unterstützung", erklärt Reinhardt.
Insider sagen, Reinhardt könnte künftig für German Cycling weiter am Ziel einer Olympia-Medaille arbeiten – nur eben dann nicht mehr als Aktiver, sondern nach rbb-Informationen als U-23-Bundestrainer Bahn. Zunächst richtet sich Reinhardts Blick aber ein letztes Mal auf das Velodrom – dorthin, wo alles begann und wo er nur zu gern nach 2019 und 2023 zum dritten Mal in der Sixdays-Siegerliste stehen würden.
"Im Velodrom habe ich als 'Steppi' meine Träume und Visionen entwickelt. Internationale Medaillen zu gewinnen, konnte ich mir damals eigentlich nicht vorstellen. Ich bin dann stetig mit den Aufgaben gewachsen und kann sehr, sehr stolz sein auf das, was ich erreicht habe", sagt der 34-Jährige mit feuchten Augen. "Jetzt schließt sich im Velodrom der Kreis. Die unglaubliche Stimmung im Velodrom noch ein letztes Mal zu spüren, wird der perfekte Ausklang sein. Meine Karriere in meiner Geburtsstadt Berlin beenden zu können, wird ein sehr, sehr bewegender Moment für mich."
Sendung: rbb24 Inforadio, 08.01.2025, 11:15 Uhr
Beitrag von Thomas Juschus
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