Hevy-Metal-Fans gelten häufig als aggressiv und laut - doch eine soziale Ader wird ihnen meist nicht nachgesagt. Eine Gruppe aus Sedlitz wirft diese Klischees über den Haufen. Seit zehn Jahren bekämpfen sie mit Metal-Konzerten Krebs bei Kindern.
Es ist die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm: Die Bühne auf dem Festivalgelände steht, Lautsprecher, Mischpulte, Mikrofone und Scheinwerfer werden getestet. An diesem Wochenende wird es wieder laut in Sedlitz (Oberspreewald-Lausitz) - ein Heavy-Metal-Festival findet statt, so wie seit bereits zehn Jahren.
Der Hintergrund ist allerdings mehr als laute Gitarrenmusik und schwarz gekleidete Besucher. Das gesamte Festival dient einem guten Zweck, dem Kampf gegen Krebs bei Kindern.
Während große Künstler die Hallen füllen, bleiben kleine Veranstaltungen oft leer, haben aber steigende Kosten. Diese gefährliche Dynamik geht auch an der Festivallandschaft in Brandenburg nicht vorbei. Zwei Veranstalter beschreiten nun neue Wege. Von H. Schröder und C. Schrag
Metal und Punk statt Hockey
Martin Schmidt und Christian Schroschk organisieren das Festival, den "Mosh gegen Krebs". Vor mehr als zehn Jahren haben sie ihre erste gemeinsame Benefizveranstaltung organisiert. "Wir waren selbst zu der Zeit gerade frisch Familienväter und sind auf den Gedanken gekommen, das schlimmste, das passieren kann, ist, wenn die Kinder krank sind", sagt Schroschk. Das habe sie motiviert etwas für die Kinderkrebs-Station am Cottbuser Thiem-Klinikum zu tun.
Angefangen hat es mit einem Inline-Hockeyturnier. Doch viele Spenden seien dabei nicht zusammengekommen, so Martin Schmidt. Eine neue Idee musste her. "Da wir im Jugendclub schon immer zusammen sitzen und schon immer Punkrock, Hardcore und Metal feiern, haben wir gesagt, wir wollen das in das Dorf holen", erzählt er. Sie hätten schauen wollen, ob sich mit der Musikrichtung mehr erreichen lässt, als mit Hockey. "Mit der Musik lief es definitv besser", so Schmidt.
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Bands aus ganz Deutschland
Die ersten zwei Jahre seien nur lokale Bands aus dem eigenen Freundeskreis aufgetreten, mittlerweile habe sich "Mosh gegen Krebs" einen Namen gemacht. Die Einwohnerzahl des 900-Einwohner-Dorfes Sedlitz wird sich an diesem Wochenende fast verdoppeln.
"Mittlerweile ist es sehr überregional. Die Bands kommen dieses Jahr aus Duisburg, Mannheim, viele aus Dresden, Leipzig und aus Prag", erzählt Martin Schmidt.
Auf der Cottbuser Kinderkrebsstation ist man bereits gespannt auf das Festival. "Jahr für Jahr kamen immer mehr unvorstellbare Summen und wir konnten uns wirklich viel Luxus für die Kinder leisten", sagt Dagmar Möbius, Vorsitzende des Fördervereins Kinder- und Jugendmedizin.
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Mehr als 100.000 Euro Spenden gesammelt
Rund 115.000 Euro hat das Festival seit seiner Gründung bereits an die Station überwiesen. Die wurde damit kinderfreundlich gestaltet. "Wir sind in dieses neue Haus gezogen, alles weiße Wände. Alles wirklich schön und neu, aber eben kahl", so Möbius. Von dem ersten Geld sei ein großes Puzzlewandbild entstanden. Nun gehe die Gestaltung in den Patientenzimmern weiter. "Wenn ein Kind im Zimmer liegt, dann möchte es nicht eine Wand oder ein langweiliges Bild anschauen", so Möbius.
Beim Festival willkommen sind ausdrücklich alle Altersklassen, sagt Christian Schroschk. "Die Oma von einem Bandmitglied war schon hier, 84 Jahre alt. Die hat sich das angekuckt und die hat sich noch so gefreut", erzählt er. Und auch Kinder seien mehr und mehr unter den Gästen - vorzugsweise auf den Schultern ihrer Väter. "Die nächste Generation ist am Start", sagt Schroschk gut gelaunt.