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Audio: Antenne Brandenburg | 06.09.2023 | Aspasia Opitz | Quelle: rbb

Lernkonzept für Sorbisch/Wendisch

Willkommen im "Sprachnest"

Zehn Monate lang lernt eine Gruppe Freiwilliger auf einem ehemaligen Bauernhof Niedersorbisch. Mit einem neuartigen Konzept sollen und wollen sie die Sprache erhalten - und werden dafür sogar bezahlt. Von A. Anders-Lepsch und F. Ludwig

"To su widlicki", sagt der Lehrer. Dabei nimmt er eine Gabel vom gedeckten Tisch vor sich und hält sie in die Höhe. Die zehn Menschen, die um ihn herum sitzen, wiederholen artig. "To su widlicki" - Das ist eine Gabel.

Es sieht in erster Linie wie ein normaler Sprachkurs aus. Eine Gruppe sitzt gemeinsam vor dem Lehrer, der geht wieder und wieder neue Vokabeln durch. Doch Schulhefte sieht man hier nicht, auch keine Stifte. Die Kursteilnehmer sollen nicht im klassischen Sinne "pauken", sondern verinnerlichen.

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Sorbisch für die kleine Tochter

"Zorja" heißt das Projekt, auf Deutsch "Morgenröte". Zwölf Teilnehmer haben sich dafür beworben, zehn Monate lang intensiv Niedersorbisch zu lernen. Das tun sie auf einem Hof im Dorf Dissen (Spree-Neiße) - sie haben ihn "Sprachnest" genannt.

Silvia Rex ist eine von den Teilnehmenden. Bis vor zwei Jahren habe sie kein Wort Niedersorbisch gesprochen, gibt sie zu. Sie sei ihr ganzes Leben Sekretärin gewesen, das habe ihr auch Spaß gemacht. Doch jetzt, sagt die 47-Jährige, will sie noch einmal Dinge lernen, die sie voranbringen. "Eine neue Sprache zu lernen, die es dringend nötig hat, weiter gesprochen zu werden, macht in meinen Augen nur Sinn", sagt sie.

Michael Meyer hat persönliche Gründe für den Intensivkurs. Der Braunschweiger hat sich beim Studium in Jena in eine waschechte Niedersorbin verliebt - sie haben eine gemeinsame Tochter. "Meine kleine Tochter wird zweisprachig erzogen, deswegen möchte ich unbedingt Sorbisch lernen, damit ich mich auch mit meiner Kleinen unterhalten kann."

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Kein Frontalunterricht, sondern gemeinsames Erleben

Das Konzept hinter "Zorja" heißt Sprachimmersion und beschreibt das Eintauchen und Aufsaugen der Sprache. Nicht durch Frontalunterricht, sondern durch Erleben sollen die Teilnehmenden lernen. Sie lernen Vollzeit, also sechs Stunden täglich - plus gemeinsame Mittagspause. Acht Teilnehmer bekommen dafür ein Stipendium. Zwischen 600 und 1.300 Euro bekommen sie monatlich, um sich voll auf die Sprache zu konzentrieren.

In Deutschland sei das Projekt einzigartig, sagt der Verantwortliche, Maximilian Hassatzky. "Andere Minderheiten haben das. Die Bretonen in Frankreich haben das, einige indigene Völker in Nordamerika haben das", sagt Hassatzky. Die kleinen Minderheitensprachen hätten sonst den nötigen Raum nicht.

Finanziert wird das Projekt aus Mitteln für den Strukturwandel. Hassatzky hofft aber auf einen gewissen Schneeballeffekt. Die Schüler von heute könnten die Lehrer von morgen sein. Und können bei "Zorja" die Sprache so vermitteln, wie sie auch im Alltag gesprochen wird. "Ich denke, wenn nicht irgendjemand anfängt, dann wird das nichts", sagt Silvia Rex. "Und Pionier der ersten Stunde zu sein, stelle ich mir sehr schön vor."

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.09.2023, 16:40 Uhr

Beitrag von A. Anders-Lepsch und F. Ludwig

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