Amtsgericht Cottbus - Prozess wegen getöteter ägyptischer Studentin gestartet

Do 12.09.19 | 12:55 Uhr
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Vor dem Gerichtssaal zum Prozessauftakt (Bild: Daniel Friedrich/rbb)
Video: Brandenburg Aktuell | 12.09.2019 | Sebastian Schiller | Bild: rbb/Daniel Friedrich

Im April 2017 wird in Cottbus eine ägyptische Studentin angefahren und stirbt kurz darauf. Nach mittlerweile fallen gelassenen Rassismus-Vorwürfen sorgte der Fall damals international für Aufsehen. Jetzt startete der Prozess gegen den damals 20-jährigen Fahrer.

Am Amtsgericht Cottbus hat am Donnerstag der Prozess gegen einen 22-jährigen Dresdener begonnen. Er soll im April 2017 eine ägyptische Studentin am Berliner Platz in Cottbus mit seinem Fahrzeug angefahren haben, als diese laut Anklageschrift unvermittelt auf die Straße getreten war. Wenige Tage später starb die Studentin. Der Prozess wegen fahrlässiger Tötung wird vor dem Jugendschöffengericht verhandelt.

Großes Interesse zum Auftakt

Der Prozessauftakt am Donnerstag wurde von großem öffentlichen Interesse begleitet. Auch Mitarbeiter der ägyptischen Botschaft waren anwesend, um die Mutter des Opfers zu unterstützen. Der Fall wird in Ägypten ebenfalls mit großem Interesse verfolgt.

Zunächst wurde vor vollen Zuschauerplätzen die Anklageschrift durch den Staatsanwalt verlesen. Der Angeklagte gab zu, das Unfallauto gefahren zu haben. Dennoch bezweifle er, mit 50 Stundenkilometern unterwegs gewesen zu sein.

Als erste Zeugen wurden ägyptische Studenten gehört. Sie schilderten, dass das Fahrzeug vor dem Zusammenprall beschleunigt habe und das Opfer daher nicht mehr ausweichen konnte. Insgesamt waren 19 Zeugen zum Auftakt geladen. Am Nachmittag wurde die Vernehmung fortgesetzt.

Justizbeamter vor dem Gerichtssaal (Bild: Daniel Friedrich/rbb)
Justizbeamter vor dem Gerichtssaal | Bild: rbb/Daniel Friedrich

Überhöhte Geschwindigkeit des Fahrers

Der Fahrer soll laut Anklageschrift mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass der Tod der 22-jährigen Studentin zu verhindern gewesen sei, wenn sich der Fahrer an die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h gehalten hätte. Dies bestätige laut Anklageschrift auch ein eigens in Auftrag gegebenes Gutachten.

Für den Prozess sind zunächst vier Verhandlungstage angesetzt. Wann genau es ein Urteil gibt, ist bislang nicht klar. Es soll aber noch in diesem Jahr fallen.

Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen eingestellt

Der Fall hatte international für Aufsehen gesorgt, weil das Opfer nach ersten Informationen noch am Tatort rassistisch beleidigt worden sein soll. Die Heimatuniversität der Gaststudentin hatte daraufhin anderen ägyptischen Studenten empfohlen, ihren Wohnort von Cottbus nach Berlin zu verlegen.

Die Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen wurden im November 2018 allerdings eingestellt. Die Vorwürfe seien in keiner Hinsicht erwiesen, hieß es damals vom Leitenden Oberstaatsanwalt Bernhard Brocher. Mehrere Dutzend Zeugen, darunter Sanitäter und Polizisten, hätten nicht bestätigen können, dass ein Beifahrer das Opfer beleidigt habe.

3 Kommentare

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  1. 3.

    Die Nationalität der Studentin war und ist für die Berichterstattung insofern von Bedeutung, da es zwischenzeitlich Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen gegeben hatte. Infolgedessen schaltete sich auch die Heimatuni ein und empfahl ihr, ihren Wohnort zu verlegen. Deshalb wird sie in dem Beitrag genannt. Beste Grüße

  2. 2.

    Warum wird in dem Artikel die Staatsbürgerschaft der Studentin genannt, die des Autofahrers aber nicht?

  3. 1.

    Vom Handlungsablauf dürfte die Sache recht klar sein:
    1. Eine Studentin, die davon ausgeht, dass es genauso wie es nahezu überall ist, dass da, wo ein Schienenverkehrsmittel ist, dieses auch vorrangig fährt vor allen anderen Verkehrsmitteln. Der erste Blick also auf den Fahrplan der Straßenbahn, die in Mittellage fährt und nur eine schmale Haltestelleninsel aufweist. Der Blick offenbart: Die Straßenbahn ist nicht etwa weg, nein, es ist Betriebsschluss, weil in Cottbus die Tram nach 21 Uhr nicht mehr fährt. Dann mit dieser leichten Irritation im Kopf rüber zur Bus-Haltestelle. Das geht jedem Menschen so, wenn er augenblicklich an etwas anderes denkt.

    Tempo 30 ist dazu da, die Folgen derartiger Irritationen, auch zu Hauptverkehrszeiten des Gedränges, abzumildern. Darüber hat sich jemand hinweggesetzt, offenbar gemäß des Mottos: Die Straße gehört mir / uns allein. Immer noch gilt Tempo 30 als Verlust von Freiheit, anstatt, was es ja wirklich ist, nur als andere Geschwindigkeit.

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