Pläne der Landesregierung
Auf den Dächern von Brandenburger Kirchen sollen bald Solarpaneele Strom produzieren - so will es die Landesregierung. Dafür müsste allerdings der Denkmalschutz gelockert werden. Aber: Warum gerade Kirchen?
Gottesdienst feiern während einige Meter darüber Strom produziert wird? Nach Plänen der Brandenburger Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) soll das bald möglich sein. Vor Kurzem erklärte Schüle, dass auf Kirchendächern und den Dächern anderer historischer Gebäude künftig vermehrt Solaranlagen gebaut werden sollten; dazu sei eine gesetzliche Änderung geplant, mit der der Denkmalschutz gelockert wird. Derzeit vehindert dieser häufig den Bau von Photovoltaik-Anlagen auf historischen Dächern.
In einer gemeinsamen Erklärung mit der katholischen und der evangelischen Kirche vereinbarte Schüle bereits den Vorrang Erneuerbarer Energien. Darin heißt es: "Ausbau von Erneuerbaren Energien und Denkmalschutz stehen vom Grundsatz her nicht im Widerspruch
zueinander, sie leiten sich aus den gleichen Werten ab."
Allerdings will die Ministerin die Solaranlagen nicht um jeden Preis: Solartechnologie solle immer dann möglich sein, wenn das Erscheinungsbild nicht erheblich beeinträchtigt werde und der Einbau auch wieder entfernt werden könne, sagte Schüle.
Dass ausgerechnet auf Kirchen Strom produziert werden soll, ergibt Sinn. Kirchen sind grundsätzlich in einer Ost-West-Ausrichtung gebaut. Eine Dachseite zeigt dadurch immer nach Süden, der besten Himmelsrichtung für Photovoltaik-Anlagen.
Die meisten Kirchengebäude in Brandenburg gehören zu protestantischen Gemeinden; vor allem deren rund 1.700 Kirchen wären von der Neuregelung betroffen. Im evangelischen Kirchenkreis Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) zeigt man sich aufgeschlossen - aber auch, weil den Plänen zufolge bestimmte, zentrale gelegene Kirchen in Städten ausgenommen sein sollen. "Es gibt Dorfkirchen, die absolut geeignet sind und wo wirklich große Dachflächen zur Verfügung stehen", betont der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Bad Liebenwerda, Christoph Enders. "Da haben wir im Umfeld andere Gebäude, wo wir das machen können."
Die Solaranlagen würden zudem vor allem die Kirchen selbst mit Strom versorgen, sagt Enders. "Idealerweise hat man ein Kirchendach und daneben noch ein altes Pfarrhaus", so Enders. Dann könnte sich eine Gemeinde praktisch selbst mit Energie versorgen.
Eine geeigente Kirche in Elbe-Elster wäre laut Klaus Richter, Mitglied des Kreiskirchenrates, beispielweise das Gotteshaus in Rehfeld. Dort ziehe auch die Gemeinde mit, sagt Richter, "aus der reinen Überzeugung einen ganz aktiven Beitrag zum Umweltschutz und zur Energieversorgung zu leisten". Zudem stehe bei der Rehfelder Kirche ohnehin eine Dachsanierung an.
Noch gibt es allerdings keine festgeschriebene Regelung. Richter erhofft sich deshalb eine "klare Ansage" der oberen Denkmalbehörde an die unteren Denkmalbehörden. Selbst dann handelt es sich aber bei jeder Kirche um Einzelfallentscheidungen, erklärt die Sachgebietsleiterin der Unteren Denkmalschutzbehörde im Elbe-Elster-Kreis, Claudia Folkerts. Einen Freibrief für alle Kirchen gibt es daher nicht.
Laut Wissenschaftsministerin Manja Schüle soll die gesetzliche Regelung im Frühjahr 2023 verabschiedet werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 29.11.2022, 14:10 Uhr
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