Wassermangel und Strukturwandel
Der Cottbuser Ostsee: früher Braunkohle-Tagebau, eines Tages wohl Deutschlands größter künstlicher See. Dafür braucht es viel Wasser. 2019 wurde der Hahn aufgedreht - doch seit Monaten ist er wieder zu. Die Leag sieht keinen Grund zur Unruhe. Von Andreas Rausch
Der Wasserhahn am Cottbuser Ostsee bleibt vorerst geschlossen, trotz des vielen Regens der vergangenen Wochen. Das liegt laut der Flutungszentrale am aktuellen Wasserhaushalt in der Lausitz. Demnach gibt es immer noch ein Wasserdefizit durch die trockenen Sommer der vergangenen Jahre.
Seit Mai 2021 herrscht ein Flutungsstopp für den Cottbuser Ostsee, der bis jetzt nicht aufgehoben wurde [leag.de]. Das Bild im Schatten des Schaukastens, direkt am Ostseeeinlauf, wird nur noch selten gewechselt. Es lohnt sich nicht, denn der Pegel steht unverändert bei gut 56 Metern - knapp sechs Meter unter dem angepeilten Endstand [leag.de]. Rund 140 Millionen Kubikmeter Wasser fehlen noch. Wann wieder welches fließen kann, ist im Moment unklar.
Ostseeanwohner machen sich Sorgen - vor allem dort, wo schon Millionen Euro investiert wurden, wie in den Sportboothafen Teichland (Spree-Neiße). "Die Leute sind beunruhigt", sagte Bürgermeister Harald Groba dem rbb. Denn es würden nicht nur Fördermittel, sondern auch Mittel der Kommune investiert werden. "Dann kommen natürlich Zweifel auf: Haben wir denn alles richtig gemacht?" Im Moment beantworte er die Frage immer noch überzeugt mit "Ja", obwohl "die Probleme rundum bestehen."
Die drei vergangenen Jahre waren besonders trocken und nun hilft erstmals seit dem Flutungsbeginn 2019 auch der Winter nicht. Die Niederschläge reichen nicht aus. Unabhängig vom aktuellen Pegel der Spree, die der größte Wasserlieferant des Ostsees ist, müsse nun laut Flutungszentrale vorgesorgt werden.
Die Speicher wie zum Beispiel die Talsperre Spremberg (Spree-Neiße) und verschiedene Speicherbecken in Nordostsachsen müssen aufgefüllt werden. Denn bei der Wasserversorgung der Lausitz gibt es eine Rangordnung. Zuerst sind die Speicher dran, erst später der Ostsee. Die Speicher helfen wiederum in trockenen Zeiten unter anderem der Spree.
"Unseren Prognosen liegen 100 Szenarien zugrunde", teilte die Leag dem rbb schriftlich mit. Dazu würden Bedingungen mit sehr hoher Wasserverfügbarkeit gehören, aber auch anhaltende Trockenperioden. "Über diese Szenarien betrachtet, sollte der Zielwasserstand Mitte dieses Jahrzehnts erreicht werden."
Aktuell scheinen die Projekte wie der Sportboothafen oder die neue Wohnbebauung ebenso im Dämmerzustand zu verharren wie der See selbst. Der Chef des Landesbergamts, Sebastian Fritze, mahnt, sich hier noch ein wenig zurückzuhalten. "Ein See braucht seinen Raum. Wenn man den See bis auf den letzten Zentimeter bautechnisch zu Leibe rückt, wenn er sich mit seinen Böschungen eigentlich noch gar nicht ans Wasser gewöhnen konnte, dann wird sich das zu wehren wissen."
Dass es in den vergangenen Monaten auch Rutschungen gab, sehen das Bergamt und der für den See zuständige Energiekonzern Leag als normal an. Die Uferbereiche sollen weitestgehend wiederhergestellt werden, "um die Standsicherheit der Uferböschungen wiederherzustellen und die zukünftigen Ufer gegen Wind und Wellen zu schützen", so die Leag.
Unterdessen sorgen Pläne der Leag für einen noch größeren See in der Lausitz für Diskussionen. Nach dem Auslaufen des Tagebaus Welzow-Süd (Spree-Neiße) soll dieser geflutet und zu einem 1.960 Hektar großen See werden.
Erst vergangene Woche hatte Infrastrukturminister Guido Beermann, der für die Landesplanung zuständig ist, die Pläne gegenüber dem rbb verteidigt. Weil der Tagebau Welzow-Süd nicht wie ursprünglich geplant weitergeführt wird, müsse neu gedacht werden. Ein entsprechendes Verfahren habe bereits begonnen. "Die Massen sind ja weg, eine Milliarde Tonnen Kohlen sind ja weg. Da kannst du nicht ein bisschen Erde ranfahren und es wieder auffüllen", so Beermann. "Wenn dort in bis zu 80 Metern [Tiefe] Braunkohle abgebaut wird und das Ganze renaturiert oder umgestaltet wird, wird dort schon aufgrund des Grundwassers ein See entstehen."
Der Umweltverband "Grüne Liga" kritisierte im Dezember, dass die bestellten Gutachter für den geplanten See seit Jahren Auftragnehmer der Leag und somit nicht neutral seien. Deshalb müsse das Vergabeverfahren durch die Landesplanung wiederholt und anschließend geprüft werden, wie stark der geplante See verkleinert werden könne. Für die LEAG bedeute eine großflächige Flutung des dann ausgekohlten Tagebaus Welzow Süd die kostengünstigste Variante und Einsparungen von hunderten Millionen Euro, so die Grüne Liga.
Infrastrukturminister Guido Beermann will die Bürger bei der Neugestaltung des Restloches beteiligen. Ein erster Termin im Dezember hatte allerdings ohne Öffentlichkeit stattgefunden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.01.2023, 16:30 Uhr
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