Personalversammlung in Cottbus
Enorme Arbeitsbelastung, zu volle Klassen, zu wenig Weiterbildung: Davon haben Lehrerinnen und Lehrer auf einer Personalversammlung in Cottbus gesprochen - und über ein Dutzend Forderungen formuliert. Das Bildungsministerium bekommt nun Post. Von Aline Lepsch
Rund 2.000 Lehrerinnen und Lehrer aus Südbrandenburg haben am Mittwoch bei einer Personalversammlung in Cottbus einstimmig einen Forderungskatalog beschlossen. In 16 Punkten halten sie fest, wie das Bildungssystem ihrer Ansicht nach reformiert werden soll - und welche Reformpläne des Bildungsministeriums sie ablehnen. Die Forderungen sollen nun an Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) gehen. Ihr Ministerium war trotz Einladung nicht zu der Personalversammlung gekommen.
Die Teilnehmer wollen unter anderem, dass Bürokratie abgebaut und die Schulleitungen spürbar entlastet werden, Lehrkräften ohne Lehramtsausbildung eine bedarfsorientierte Qualifikation ermöglicht wird und die Bedingungen für ältere Lehrer verbessert werden. Sie fordern beispielsweise auch, dass die Pflichtstundenzahl nicht erhöht wird, Teilzeitregelungen weiter Bestand haben und ein vorzeitiger Ruhestand weiter möglich bleibt.
Der Frust bei der Personalversammlung war groß. "Wir haben hier das Bildungssystem von 19-hundert-weißichnicht. Das muss komplett überarbeitet werden", sagt eine Teilnehmerin dem rbb. "Es wurde nichts getan, jetzt geht es krachen und wir müssen es umso lauter kundtun", sagte ein anderer. "Es ist teilweise wirklich nur noch eine reine Betreuungsanstalt", war eine dritte Meinung.
Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren schwarz gekleidet. "Wir sind schon oft genug traurig, dass wir manchmal gefühlt der Abtreter der Nation sind", so Jödis Heidemann, Lehrerin aus Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz). Auch sie will wieder Zeit für die Schüler haben. "Die Kinder kommen zu kurz. Ich sehe das mal als Mutter... ich habe wirklich Sorge um meine Kinder."
Dass es zu wenige Lehrer gibt, ist nichts neues - auch für das Bildungsministerium nicht. Doch dessen Lösungsansätze seien völlig falsch, sagte Birgitt Petendi aus Cottbus. "Ich denke es ist Augenwischerei, damit das Ministerium selbst besser dasteht." Erreicht worden sei dagegen eine Verschlechterung der Schüler, sagt sie.
Um beispielsweise Lehrer von Aufgaben zu befreien, sollen Assistenzstellen geschaffen werden. Dafür fallen aber wiederum Förderstunden weg. Das ist nur ein Beispiel der Pläne. Ein weiteres ist die Erhöhung der Pflichtstundenzahl. "Wenn man Teilzeit zurückfährt - klar, dann sind mehr Leute im System", sagt die Personalratsvorsitzende Birgit Szesny. "Wenn die, die in den Ruhestand gehen können, nicht gehen - klar, dann sind sie im System. Dann sind Lehrer da, aber das ist das, was wir hier versuchen wollen, zu verhindern." Schon jetzt seien die Lehrer so überlastet, dass es gesundheitliche Folgen habe.
Auch in Berlin haben sich Lehrerinnen und Lehrer am Mittwoch Luft gemacht - und den zweiten Tag in Folge ihre Arbeit niedergelegt und demonstriert. Mit dem Protest will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Senat dazu bewegen, über einen gesonderten Tarifvertrag Gesundheitsschutz zu verhandeln. Er soll vor allem kleinere Klassengrößen festschreiben. Außerdem solle sich der Senat dazu verpflichten, mehr Lehrkräfte auszubilden.
Der Senat lehnt es bis jetzt ab, über einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz zu verhandeln. Das Land verweist darauf, dass auch Berlin zur Tarifgemeinschaft der Länder gehöre und deshalb nicht über die Klassengröße verhandeln könne.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.03.2023, 16:40 Uhr
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