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Video: rbb|24 | 12.07.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Quelle: rbb/Screenshot

Nachwuchsprobleme in Elbe-Elster

Freiwillige Feuerwehren in Dörfern machen dicht

Die Feuerwehr ist ein fester Anker in den meisten Brandenburger Dörfern - und dem Dorfleben. Doch dieses Bild bekommt Risse: Der Nachwuchs fehlt, Wachen müssen schließen. Von Phillipp Manske und Daniel Mastow

Wenn es in Friedersdorf (Elbe-Elster) mal brennen sollte, dann rückt aus der kleinen Wache niemand mehr aus. Die Freiwillige Feuerwehr in dem Herzberger Ortsteil musste schließen, das Gebäude dient jetzt nur noch als Lagerraum.

"Das war einst das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr. Gelöscht wird hier leider nichts mehr", sagt Ralf Becker, der Stadtwehrführer von Herzberg.

Stadtwehrführer Ralf Becker öffnet das Gebäude der Wache Friedersdorf | Quelle: rbb/Screenshot

Die Feuerwehr kommt - doch es dauert länger

Auch im Nachbardorf Mahdel hat die Freiwillige Feuerwehr dicht gemacht. Auf den Dörfern fehlen die Leute, die freiwillig zur Feuerwehr gehen. Mahdel gehört wie Friedersdorf zur Stadt Herzberg. Deren Freiwillige Feuerwehr muss jetzt fast alles allein machen.

"Die Einsätze können wir gerade noch so abdecken", sagt Becker. Das dauere aber natürlich "ein paar Minuten länger", weil der Anfahrtsweg bedeutend länger sei. In dieser Zeit hätte die Feuerwehr schon den Löschangriff starten können, sagt der Stadtwehrführer.

Problem: Alternde Bevölkerung

In Herzberg prallen Extreme aufeinander. Im vergangenen Jahr hatte die Feuerwehr durch Waldbrände und andere Einsätze so viel zu tun wie noch nie - und das mit so wenig Leuten wie lange nicht. "Ich weiß nicht, vielleicht ist das so ein fehlendes Gespür dafür, dass sie selber auch mal betroffen sein können", sagt Bürgermeister Karsten Eule-Prütz (parteilos) auf die Frage nach einer Erklärung dafür, warum Feuerwehrleute fehlen.

Die Feuerwehrwache Mahdel | Quelle: rbb/Manske

Eine weitere liefere auch der Blick auf die Einwohner. "Wir haben in den Ortsteilen teilweise eine alternde Bevölkerung, die einfach nicht mehr in der Lage ist, in die Feuerwehr einzutreten." Das beobachtet auch Stadtwehrführer Ralf Becker. Es gebe einige verlassene Häuser. In den bewohnten leben meist ältere Menschen. "Die Jugend ist meistens dort hingezogen, wo man - in Anführungsstrichen - besser leben kann, mehr Geld verdient, wo es mehr Partys gibt", so Becker. "Auf jeden Fall ist es hier mit der Jugend zurzeit sehr schlecht."

Problem: Art zu helfen und Arbeitswelt wandeln sich

Nicht nur in Herzberg fehle Feuerwehrnachwuchs, sagt Daniel Brose, der Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg. "Es kommt hin und wieder vor, dass Feuerwehren, gerade kleine Ortsfeuerwehren, schließen müssen, weil sie keine Mitglieder finden." Das beobachte er seit rund zehn Jahren. Ein großes Mitgliedersterben gebe es nicht, sondern oft seien kleine Gemeinden betroffen.

Laut Brose liegt das auch daran, das sich die Arbeitswelt stark verändert hat. "Heute ist nicht mehr 'Arbeiten am Ort', sondern die Menschen müssen viel reisen." Auch die Art, wie Menschen helfen, habe sich gewandelt. Sie würden sich nicht mehr so stark binden wollen, so Brose. "Mitgliedschaft in einer Feuerwehr ist auch eine Verpflichtung - nicht für ein Jahr zu helfen, sondern sich dann auch an einer Freiwilligen Feuerwehr zu beteiligen."

Das Ehrenamt im Wandel

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Vielen Einrichtungen fehlt - trotz hoher Bereitschaft - ehrenamtliche Unterstüzung. Insbesondere in Tier- und Seniorenheimen sind junge Engagierten Mangelware. Der Blick in die Zukunft sei für viele ungewiss. Von Franziska Eberlein.

Pflicht zum Helfen als Option?

Kommt also bald niemand mehr, wenn es im ländlichen Raum brennt, zum Beispiel in den Dörfern rund um Herzberg? Bürgermeister Eule-Prütz bliebe ein drastisches Mittel. "Wenn man es mal ganz genau betrachtet, würde ich als Bürgermeister vielleicht irgendwann sagen müssen: Ich muss zwangsverpflichten." Laut Gesetz dürfe er das, in Frage käme dann jeder Herzberger in einem bestimmten Alter, so der Bürgermeister. Sie würden kontaktiert und mehrere Wochen ausgebildet werden. "Ich glaube, der Jubel wird groß sein", so Eule-Prütz ironisch.

Dieser Schritt musste in Brandenburg laut Landesfeuerwehrverband noch nirgendwo gegangen werden. Es gebe aber solche Fälle, zum Beispiel in Grömitz in Schleswig-Holstein [deutschlandfunknova.de].

Man müsse sich Gedanken machen, wie die Feuerwehr der Zukunft aussieht, sagt der Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes, Brose. Doppelmitgliedschaften wären seiner Ansicht nach mit Blick auf die veränderte Arbeitswelt eine Idee. Jemand, der in seinem Wohnort aktiv ist, könnte das zusätzlich auch in dem Ort sein, in dem er arbeitet.

Wichtig sei außerdem die Nachwuchsförderung. Die Feuerwehr müsse in strukturschwachen Regionen "deutlich stärker" auf sich aufmerksam machen, so Brose. "In der Regel kann man schon mit sechs Jahren, acht Jahren in der Jugendfeuerwehr anfangen. Und wenn man dann, wie im Fußballverein, Feuer und Flamme für ein Hobby ist, ist man auch oft später Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr."

Nachwuchsgewinnung

Uckermark führt flächendeckend Feuerwehrunterricht an Schulen ein

Feuerwehr als Unterrichtsfach

Um etwas gegen den Mangel an Freiwilligen zu machen, ist die Feuerwehr in Herzberg in Schulen unterwegs und macht Werbung - auch mit einem eigenen Unterrichtsfach. Dabei könnten Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen in besonders kurzer Zeit ausgebildet werden, so Bürgermeister Karsten Eule-Prütz. "Wenn sie mit der Schule fertig sind, sind sie ausgebildeter Truppmann und können sofort in jeder Feuerwehr eingesetzt werden."

So einen Feuerwehrunterricht gibt es unter anderem auch in Schulen in Goyatz (Oberspreewald-Lausitz), Nauen (Havelland) und in der Uckermark. Ab dem kommenden Schuljahr wird er auch an einer Schule in Oranienburg (Oberhavel) als Wahlpflichtfach angeboten.

Derweil droht im Elbe-Elster-Kreis nach Friedersdorf und Mahdel bald die nächste Freiwillige Feuerwehr schließen zu müssen - die im Ortsteil Osteroda.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.07.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Phillipp Manske und Daniel Mastow

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