Aus für DRK-Standort Finsterwalde
Die plötzliche Schließung des DRK-Pflegedienstes in Finsterwalde zwingt rund 250 Pflegebedürftige und ihre Angehörigen dazu, sich eine neue Krankenversorgung zu suchen. Doch eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht. Von A. Kabisch und F. Ludwig
Nachdem der ambulante Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Finsterwalde (Elbe-Elster) überraschend angekündigt hatte, den Dienst kurzfristig einzustellen, suchen rund 250 zu pflegende Personen nun nach einem Ersatz. Die Suche gestaltet sich aber schwierig, wie der rbb erfahren hat.
Auch andere Pflegedienste vor Ort leiden unter Personalmangel bei gleichzeitig steigendem Pflegebedarf in der Region. Zudem stellt die kurzfristige Schließung alle Beteiligten in der Region vor Probleme. Der örtliche Pflegestützpunkt hat zwar Hilfe angeboten, ebenso das Gesundheitsministerium. Doch eine Lösung ist aktuell nicht in Sicht.
Die Patienten hatten, trotz anderslautender Mitteilungen vom DRK, erst kurzfristig von der Schließung erfahren, wie mehrere Betroffene dem rbb berichteten. Viele hätten erst im Radio davon erfahren, als das DRK seine offizielle Mitteilung verschickt hatte.
Wie viele Patienten bereits einen neuen Pflegedienst gefunden haben, konnte das DRK am Montag nicht sagen. Mit den anderen rund 30 privaten Pflegediensten in Finsterwalde liefen intensive Gespräche, so die Vorstandsvorsitzende des Kreisverbandes Lausitz, Bianka Sebischka-Klaus. Ob diese erfolgreich verlaufen, sei aber nicht abzuschätzen. Wie der rbb von zwei anderen Pflegediensten in der Region erfahren hat, wird es kaum möglich sein, weitere Patienten dort aufzunehmen. Ein Pflegedienst berichtete dem rbb am Montag, dass derzeit verzweifelte Angehörige unter Tränen um eine Aufnahme bitten würden - etwa 20 Anrufe erhalte der Dienst pro Tag. Eine Aufnahme ist auch hier wegen Personalmangels aber nicht möglich - die Chefin selbst fahre mittlerweile zu den Patienten.
Laut dem Pflegestützpunkt Finsterwalde, einer unabhängigen Beratungsstelle, sind alle Dienste in der Region von akutem Fachkräftemangel bedroht. "Aufgrund der demografischen Entwicklung und des bestehenden Fachkräftemangels sind die Kapazitäten der ambulanten Pflegedienste schon seit längerem begrenzt. Die Lage spitzt sich zu", heißt es vom Pflegestützpunkt Finsterwalde. Kurzfristig alle 250 betroffenen Patienten des DRK unterzubringen, werde für Schwierigkeiten bei den anderen Pflegediensten sorgen, so der Stützpunkt weiter.
Das Problem in Elbe-Elster liegt auch darin, dass es sich um einen Flächenlandkreis handelt. Der Landkreis ist von der Fläche her etwa doppelt so groß wie Berlin, bei lediglich etwa 100.000 Einwohnern. Dementsprechend gebe es deutliche regionale Unterschiede bei der Versorgung von Pflegebedürftigen, so der Pflegestützpunkt. In Städten sei es leichter, eine Versorgung zu finden, als auf dem Land, allein wegen der langen Fahrtzeiten, die die Dienste auf sich nehmen müssten.
In einigen Regionen gebe es eine Unterversorgung. "Mit der Schließung des DRK Finsterwalde trifft es gleich mehrere Orte besonders stark", so der Stützpunkt. Das DRK schließt mit seinem Pflegedienst in Finsterwalde auch die Standorte in Doberlug-Kirchhain und Sonnewalde. Die betroffenen Patienten des DRK können sich nun lediglich an andere Pflegedienste wenden oder den Pflegestützpunkt um Beratung bitten.
Erst in der vergangenen Woche hatte das DRK erklärt, die ambulante Pflege aufgrund akuten Personalmangels nicht fortsetzen zu können. Die Vorstandsvorsitzende Bianka Sebischka-Klaus sagte dem rbb, man habe alles getan, um den Standort zu erhalten. Unter anderem habe man über Personalvermittlungen und Neueinstellungen versucht gegenzusteuern, dennoch habe rund die Hälfte der Beschäftigten den Pflegedienst seit der Coronapandemie verlassen.
Als Begründung wird beispielsweise die Mehrbelastung in der Pandemie genannt, aufgrund der viele Beschäftigte die Branche gewechselt hätten. Diese Mehrbelastung hatten allerdings auch andere Pflegedienste.
"Es ist bedauerlich, dass weder der Landkreis, noch die ambulanten Pflegedienste rechtzeitig über die Schließung informiert wurden und keine gemeinsamen, lösungsorientierten Gespräche im Vorfeld erfolgten. Eine kurzfristige Sicherstellung der Versorgung dieser hohen Patientenzahl ist schwer zu realisieren", zieht der Pflegestützpunkt ein ernüchterndes Fazit zur aktuellen Situation. Auch Kritik am DRK ist herauszuhören.
Dabei hat sich das Problem bereits seit längerem abgezeichnet, wie mehrere Mitarbeiter dem rbb berichteten. So sei eben nicht alles versucht worden den Standort zu erhalten, es habe gar einen Einstellungsstopp gegeben, trotz der angespannten Lage. Viele Beschäftigte sehen die Probleme als hausgemacht an. Gleichzeitig sei die Betroffenheit unter den verbliebenen Mitarbeitern hoch, weil ihre Patienten nun keine Anschlusslösung hätten. Eine Mitarbeiterin erzählte dem rbb, dass es etwa im Bereich Münchhausen keinen anderen Pflegedienst gebe.
Eine nun diskutierte Lösung ist die Übernahme der verbliebenen Mitarbeiter samt deren Patienten in andere Pflegedienste. Das hätte auch den Vorteil, dass die zu pflegenden Personen sich nicht an neue Bezugspersonen gewöhnen müssten. Doch noch ist nicht klar, welche bürokratischen Hürden dafür genommen werden müssen. Auch das Brandenburger Gesundheitsministerium hat nach rbb-Nachfrage Unterstützung für komplizierte Einzelfälle angeboten.
Dennoch ist in jedem Fall Eile geboten - bis zur Schließung des DRK-Pflegedienstes sind nur noch etwa eineinhalb Wochen Zeit.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.08.2023, 18:26 Uhr
Beitrag von A. Kabisch und F. Ludwig
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