Geflüchtete in Südbrandenburg
Die Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze wurden verstärkt, zurzeit erfasst die Polizei vor allem in Südbrandenburg Geflüchtete. Dabei versucht sie, an die Hintermänner der Schleusungen zu kommen. Von P. Manske und A. Opitz
Ein Waldstück bei Forst (Spree-Neiße) am Donnerstag, direkt an der deutsch-polnischen Grenze. Ein Polizeihubschrauber kreist am Himmel, am Boden stehen mehrere Wagen der Bundespolizei. Die Beamten führen hier Schleierfahndungen nach Personen durch, die illegal nach Deutschland eingereist sind.
"Wir hatten hier einen Bürgerhinweis erhalten, dass sich mehrere Personen in Zelz auffällig verhalten haben", so der Sprecher der zuständigen Bundespolizeidirektion Berlin, Jens Schobranski.
"Wir haben hier sechs Männer angetroffen und gehen Hinweisen nach, dass wohl weitere zwölf Mann Richtung Jerischke unterwegs sind." Polizeistreifen suchen nach ihnen und entdecken sie wenig später an einem Straßenrand. Darunter sind auch ein kleiner Junge und einige Jugendliche. Ihr Ziel ist die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). Die meisten von ihnen haben keine Pässe dabei. Sie geben an, aus Syrien zu sein.
Dass Pässe fehlen, kann laut Schobranski unterschiedliche Gründe haben. "Teilweise haben sie keine, weil es Minderjährige sind, in ihren Herkunftsländer keine Pässe ausgestellt worden sind. Mitunter haben sie die weggeschmissen, um hier anzugeben, dass sie einer Nation angehören, die bei einem Schutzantrag eher auch einen Schutz erhält." Teilweise seien den Migranten die Dokumente aber auch schon abgenommen worden, als sie in einem anderen Staat angekommen seien, "weil man auch dort nicht legal eingereist ist", so der Sprecher.
Seit April zählt die Bundespolizei nach eigenen Angaben jeden Monat deutlich mehr als 1.000 unerlaubte Einreisen über die deutsch-polnische Grenze. Im Süden Brandenburgs greifen die Beamten inzwischen bis zu 100 Personen am Tag auf, am Dienstag waren es 138. Das fordere die Einsatzkräfte enorm, sagt Schobranski. "Was wir hier gerade erleben, ist aktuell Alltag in Südbrandenburg."
Die meisten Migranten werden laut Bundespolizei von Schleusern über die Grenze gebracht. Diese Schleuserbanden will die Polizei bekämpfen. Deshalb müssen alle aufgegriffenen Migranten ihre Handys abgeben. Die letzten Anrufe könnten Hinweise auf die Hintermänner geben. Doch die Ermittlungen seien "sehr langwierig und schwierig", so der Polizeisprecher, "weil wir es hier oft mit Schleusergruppierungen zu tun haben, die im Ausland sitzen."
Laut der Polizei zahlt jeder Migrant im Schnitt 10.000 Dollar an die Schleuser, um aus seinem jeweiligen Heimatland bis nach Deutschland gebracht zu werden. Das entspricht zurzeit rund 9.500 Euro.
Die Schleuser nutzen immer wieder neue Routen, um nicht erwischt zu werden. Schaut man auf Brandenburg, führen die zurzeit vor allem in den Süden des Landes. "Lange Zeit wurde unsere Grenze zwischen Deutschland und Polen von der so genannten 'Belarus-Route' dominiert. Momentan dominiert die so genannte 'Balkan-Route', sie kommen also schon über die Türkei bis an die deutsch-polnische Grenze", so Schobranski.
Bereits kurz vor dem Einsatz bei Forst hatte die Polizei auf der Autobahn 15 bei Roggosen (Spree-Neiße) einen Transporter gestoppt, in dem 55 Migranten waren. Die Hälfe von ihnen waren Frauen und Kinder. Der mutmaßliche Schleuser wurde festgenommen.
Aus Sicht des Innenministers Michael Stübgen (CDU) nimmt die illegale Migration nach Brandenburg täglich zu. Vor Kurzem wurde die Polizeipräsenz verstärkt. Am Montag sagte Stübgen in einer Zwischenbilanz, dass insgesamt 550 geschleuste Personen in den vergangenen zwei Wochen festgestellt worden seien.
Für ein verschärftes Vorgehen gegen Schleuser hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zusätzliche Kontrollen der Bundespolizei direkt an den Grenzen zu Polen und Tschechien angeordnet. Der Bundespolizei sollen "flexible Schwerpunktkontrollen" im Grenzgebiet ermöglicht werden.
Faesers Brandenburger Amtskollege Stübgen hat dieses Vorgehen kritisiert. Er hatte immer wieder stationäre Grenzkontrollen zu Polen statt der nun beschlossenen flexiblen Kontrollen gefordert. Das hatte Faeser bisher abgelehnt. Für die Zukunft schloss sie solche stationären Kontrollen im Innenausschuss des Bundestags aber nicht aus.
Die meisten Migranten, die von der Polizei am Donnerstag bei Forst aufgegriffen wurden, werden höchstwahrscheinlich einen Asylantrag stellen und deshalb vorerst bleiben dürfen. Erwachsene Personen werden in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Eisenhüttenstadt gebracht, Minderjährige Betreuern des Jugendamts übergeben.
In den nächsten Wochen rechnet die Bundespolizei mit noch mehr Menschen, die über Brandenburg nach Deutschland wollen.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.09.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Phillip Manske und Aspasia Opitz
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