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Audio: Antenne Brandenburg | 04.01.2023 | Ute Sander | Quelle: dpa/A.Franke

Reaktionen auf Habeck-Vorstoß

"Ein früherer Kohleausstieg? Nicht mit uns"

Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck soll der Kohleausstieg in Deutschland schneller klappen als zunächst geplant. Die Südbrandenburger Politik reagiert mit Unverständnis und fordert geschlossen die Einhaltung von Zusagen.

Harald Altekrüger, Landrat des Spree-Neiße-Kreises im Südosten Brandenburgs, hat auf die Forderung nach einem früheren Kohleausstieg ablehnend reagiert. "Nicht mit uns", lässt er sich in einer gemeinsamen Mitteilung seines Landkreises, des Kreises Oberspreewald-Lausitz und der Stadt Cottbus am Mittwoch zitieren.

Zum Jahresanfang hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einen früheren Kohleausstieg, insbesondere in den ostdeutschen Kohlerevieren, ins Spiel gebracht. Statt 2038 solle hier schon 2030 keine Kohle mehr verbrannt werden, so Habeck. Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Kohleländer, Rainer Haseloff (Sachsen-Anhalt) und Michael Kretschmer (Sachsen) hatten dieser Forderung genau wie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bereits eine Absage erteilt. Nun legte die Kommunalpolitik nach.

"Strukturwandel ist gefährdet"

Die Äußerung Habecks sei für ihn überraschend und "zur Unzeit" gekommen, erklärte Altekrüger. In seinem Landkreis liegen die Tagebaue Jänschwalde und Welzow, sowie die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe. "Für unsere regionale Wirtschaft und die Einwohnerinnen und Einwohner unserer schönen Lausitz würde dieses Ausstiegsszenario erhebliche Einschnitte mit sich bringen und sogar die erfolgreiche Umsetzung des Strukturwandels in den brandenburgischen als auch in den sächsischen Braunkohlerevieren massiv gefährden", so Altekrüger. Bei der Umsetzung der Strukturwandelprojekte oder auch bei der Nutzung neuer Technologien, beispielsweise Wasserstoff zur Energieversorgung, sei Zeit aktuell die wichtigste Ressource, so der Landrat weiter.

Das von der Kohlekommission ausgehandelte Ausstiegsdatum 2038 bedeute für die Lausitz vor allem Planungssicherheit. "Gerade in Zeiten wie diesen, in der wir uns ernsthaft der Frage nach einer allzeit sicheren Energieversorgung stellen müssen, bedarf es politischer Entscheidungen, die den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes langfristig Sicherheit geben können", fährt Altekrüger fort. Der Strukturwandel lasse sich nur schrittweise vollziehen. Er fordere deshalb Verlässlichkeit von der Politik.

"So geht man nicht mit Menschen um"

Unterstützt wird Harald Altekrüger auch vom Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD). "So geht man nicht mit Menschen um. So macht man keine Wirtschafts- und Energiepolitik. So gefährdet man als Bundesminister die Glaubwürdigkeit von Politik, von Kompromissen und vor allem gefährdet man so die Zeitpläne und Aktivitäten aller Lausitzer Akteure mitten im Strukturwandel", so Schick in der Mitteilung.

"Nach wie vor gelten die Aussagen der Kohlekommission zum Ausstieg", erklärte zudem Oberspreewald-Lausitz-Landrat Siegurd Heinze (parteilos). Auch ein Bundesminister müsse die darauf beruhenden Gesetze akzeptieren. Erst müsse die Energiewende gelingen bevor man sich von der Grundlastversorgung der Kohlekraftwerke verabschieden könne, so Heinze. Aus seiner Sicht würde ein früherer Kohleausstieg eine deutliche Verteuerung von Strom für die Verbraucher mit sich ziehen. Habecks "guter Vorsatz für das neue Jahr" mache nur Sinn, wenn dieser auch eine Chance auf Realisierung habe. "Rein politisches Wunschdenken unter Ausblendung der Gesetze der Physik ist wenig angebracht", so Heinze.

Habeck sieht wirtschaftliche Gründe für früheren Ausstieg

Wirtschaftsminister Habeck hatte zuvor erklärt, dass es für einen früheren Ausstieg in Ostdeutschland einen Konsens geben müsse. Er wolle dies nicht per Weisung entscheiden. "Es muss in einer breiten Allianz als guter Plan verstanden werden", so Habeck gegenüber der Deutschen Presseagentur. Diese Allianz für einen Ausstieg 2030 habe es in Nordrhein-Westphalen gegeben.

"Konsens heißt ja nicht, dass alle mitmachen, aber dass es politisch gewollt und getragen wird. In Ostdeutschland ist die Skepsis deutlich größer. Und dann muss man schauen, ob so eine Verabredung möglich ist", nahm Habeck die Kritik bereits vorweg.

Aus seiner Sicht sprechen vor allem wirtschaftliche Gründe gegen die Kohle. Die Verstromung von Kohle rechne sich ab 2030 schlicht nicht mehr, da der sogenannte Zertifikatehandel nachgeschärft worden sei. Unternehmen müssen ihr Recht auf den Ausstoß von Treibhausgasen nachweisen, können mit diesen Nachweisen, den Zertifikaten, aber auch handeln. Die Zertifikate sollen stärker verknappt werden, kostenlose Zertifikate soll es nicht mehr geben. Dadurch, so Habeck, werde die Kohleverstromung teurer und unattraktiv.

Auch Habeck erklärte, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet sein müsse. "Es
müssen wasserstofffähige Kraftwerke gebaut sein. Die gibt es noch nicht, die müssen entwickelt und produziert werden", sagte der Minister.

Kohleausstiegsgesetz gilt weiterhin

Das Lausitzer Braunkohleunternehmen Leag reagierte zurückhaltend auf den Habeck-Vorstoß. Auch das Unternehmen betonte die Wichtigkeit von Planungssicherheit. Für die Leag gelte "die Maxime eines geordneten Kohleausstiegs ebenso wie die im Kohleausstiegsgesetz formulierten Checkpoints zur Prüfung eines vorfristigen Ausstiegs". Im Kohleausstiegsgesetz war festgelegt worden, dass der Ausstieg auch 2038 nur dann vollzogen wird, wenn eine Versorgungssicherheit mit Strom aus anderen Quellen hergestellt worden ist.

Die Lausitzer Braunkohlekraftwerke sind voraussichtlich die letzten deutschen Kohlekraftwerke, die vom Netz gehen. In Nordrhein-Westphalen ist der Ausstieg bereits auf 2030 vorgezogen worden. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sieht einen Ausstieg "idealerweise" 2030 vor. Nach wie vor gilt allerdings das Kohleausstiegsgesetz, das ein Ende der Kohleverstromung für 2038 vorsieht. Voraussetzung ist die Erfüllung sogenannter Check-Points, die regelmäßig überprüft werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.01.2023, 14:30 Uhr

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