rbb24
  1. rbb|24
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 13.02.2023 | Anke Blumenthal | Quelle: rbb

Analyse der Krankenhausgesellschaft

Was die Krankenhausreform für eine kleinere Klinik wie in Forst bedeuten würde

Die geplante Krankenhausreform ist umstritten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat nun eine Analyse der Vorschläge veröffentlicht. Demnach könnte etwa jede zweite Geburtsstation schließen. Betroffen wäre auch die Lausitzklinik Forst. Von Anke Blumenthal

Durchschnittlich einmal pro Tag kommt in der Lausitzklinik Forst (Spree-Neiße) ein Baby auf die Welt - eine Luxussituation für junge Familien. Emilia ist seit drei Tagen auf der Welt, geboren in der Lausitzklinik. Hier scheint sich wirklich alles um das Mädchen zu drehen.

"Das finde ich gerade gut, dass es hier so individuell ist", sagt Mutter Franziska Biedermann aus Forst, "dass man hier das Gefühl von Einzelbetreuung hat, jederzeit fragen kann, Hilfe bekommt und das war wirklich sehr angenehm von Anfang bis jetzt." 360 Entbindungen gibt es in Forst pro Jahr, das sind nach den aktuellen Plänen der Regierungskommission zu wenig. 500 müssen es mindestens sein, das ist eines der Kriterien. Die Geburtshilfe in Forst wäre damit Geschichte.

Emilia | Quelle: rbb

Dabei entscheiden sich viele Frauen, zum Beispiel aus Cottbus, bewusst für Forst. "Die wollen nicht abgefrühstückt werden, die wollen nicht fertig gemacht werden. Weg, weg, weg", sagt Gynäkologie-Facharzt Jost Kluttig. "Die wollen, dass man sich auf sie einlässt, sie irgendwo auffängt", sagt er. Es sei der Vorteil der kleinen Klinik, individuell sein zu können. "Alles andere können die anderen mindestens genauso gut, keine Frage."

Bund-Länder-Treffen am Donnerstag

Brandenburg sieht kleine Kliniken durch Reformpläne gefährdet

Bundesgesundheitsminister Lauterbach will in der Bund-Länder-Runde am Donnerstag über ein mögliches Ende der Fallpauschalen für Kliniken sprechen. Brandenburg will eine Reform - sieht kleine Krankenhäuser aber durch die Pläne gefährdet. Von Andreas B. Hewel

Jede zweite Geburtsstation auf der Kippe

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat am Montag eine Analyse der Auswirkungen der geplanten Krankenhausreform und erste Zahlen für die ingesamt 1.700 Krankenhäuser in Deutschland vorgestellt [dkgev.de]. Würden die derzeitigen Pläne so umgesetzt, würde laut der Analyse die Hälfte der Entbindungsstationen verschwinden.

"Selbst Standorte, die dann wegfallen würden, haben zum Teil bis an die 2.000 Geburten im Jahr", sagt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß. "Das sind große Geburtshilfen, die hohe Qualität bieten können." Wenn das so käme, würden die Wege für Patienten länger werden, sagt Gaß.

Hans-Ulrich Schmidt | Quelle: rbb

Die große Frage, die sowohl die Krankenhausgesellschaft als auch den Geschäftsführer der Lausitzklinik Forst, Hans-Ulrich Schmidt, umtreibt, ist: Wer soll den geplanten, gewaltigen Umbau bezahlen? "Die Transformationskosten, die Veränderungen in diesen Prozessen kosten auch Geld, die Schließung von Abteilungen, Umbauten, Herstellung von ambulanten Flächen, das kostet alles Geld", so Schmidt. Das sei nicht berücksichtigt worden.

Geringe Bereitschaft zu pendeln

Werdende Mütter aus Forst werden also nach den Plänen künftig nach Cottbus zur Entbindung fahren. Das Gleiche träfe für die neun Hebammen, sieben Pflegekräfte und drei Mediziner zu. "Pflege ist eine sehr heimatnahe Veranstaltung, wenn ich das mal so formulieren darf", so Gerald Gaß. "Da ist die Bereitschaft zu pendeln deutlich geringer als beispielsweise im ärztlichen Dienst."

Hebamme Sandy Bartoschek hatte sich einst bewusst für ihr kleines Krankenhaus in der Heimat entschieden. "Man hat schon Angst, dass die Kliniken geschlossen werden und wir irgendwoanders hinsollen." Nach Cottbus pendeln wäre für sie nichts, sagt sie. Bartoschek würde dann "komplett auf Freiberuflichkeit machen".

Interview | Geschäftsführer des Cottbuser Klinikums

"Jedes Krankenhaus muss kämpfen - das ist so gewünscht von der Politik"

2022 war erneut ein Krisenjahr für das Gesundheitswesen. Im Interview spricht der Geschäftsführer des Cottbuser CTK über die Kommerzialisierung in der Medizin, die Impfpflicht und den Fachkräftemangel. Beim Thema Unimedizin ist er optimistisch.

Medizinische Versorgung in den Mittelpunkt stellen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Anfang Dezember Vorschläge für die Krankenhausreform vorgestellt, um Kliniken zu entlasten. Für die Krankenhäuser sollen bei der Behandlung von Patienten weniger finanzielle Aspekte eine Rolle spielen - die medizinische Versorgung soll in den Mittelpunkt gerückt werden. Eine Basisvergütung soll neben das Fallpauschalen-System treten.

Die Reform sieht auch eine stärkere Spezialisierung der Kliniken vor. Anders als heute sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben, zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die "Regel- und Schwerpunktversorgung" kümmern.

Ob eines Tages die Schwester oder der Bruder von Emilia in Forst zur Welt kommt, werden auch die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zeigen. Bis zur Sommerpause soll der Gesetzentwurf vorliegen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.02.2023, 16:10 Uhr

Beitrag von Anke Blumenthal

Artikel im mobilen Angebot lesen