Energie oder Landwirtschaft
Zukünftig soll im Tagebau Jänschwalde keine Kohle mehr gefördert werden. Was passiert dann mit den Flächen? Bauern wollen Landwirtschaft betreiben, die Leag hingegen erneuerbare Energie produzieren. Geht beides? Von A. Anders-Lepsch und F. Ludwig
Noch drehen sich die Schaufelräder der riesigen Bagger im Tagebau Jänschwalde (Spree-Neiße). Noch wird die Braunkohle aus der gigantischen Grube gehoben und noch transportieren Förderbänder und Züge sie in das nahgelegene Kraftwerk. Noch.
Denn obwohl noch um das genaue Ausstiegsdatum auf Bundes- und Landesebene gerungen wird, steht eines bereits fest: Die Braunkohleförderung in der Lausitz wird enden - nach aktuellem Stand im Jahr 2038.
Schon jetzt laufen aber Verhandlungen, es geht um das Land, auf dem jetzt noch die Schaufelräder rotieren. Denn irgendwann werden die Flächen ausgekohlt und renaturiert sein. Die Leag, der Tagebaubetreiber, will dort am liebsten erneuerbare Energie produzieren. Die Bauern und Agrargenossenschaften in der Umgebung wollen das Land hingegen wieder für die Landwirtschaft nutzen.
Zu ihnen gehört die Agrargenossenschaft Heinersbrück. Etwa 1.000 Hektar Fläche gehören zum Betrieb - wegen der Erntezeit ist aktuell viel zu tun. Es könnte aber noch mehr werden, sagt Frank Schneider von der Genossenschaft. "Wir erwarten etwa noch 400 Hektar aus dem Tagebau, aus der aktiven Rekultivierung", so Schneider. Ab 2024 sollen dem Betrieb die Flächen nach und nach wieder zur Verfügung gestellt werden.
Das ist gesetzlich geregelt, im sogenannten Braunkohlenplan. Hier ist festgelegt, dass die Landwirte das Land, das für den Tagebau genommen wurde, nach der Rekultivierung wieder bewirtschaften sollen.
Die Leag als Betreiberin der Tagebaue und Kohlekraftwerke ist allerdings Besitzerin der Flächen. Der Konzern stellt sich seit Längerem auf die Zeit nach der Braunkohle ein und entwickelt neue Geschäftsfelder. Vor allem mit erneuerbaren Energien will der Konzern zukünftig Geld verdienen. Die sogenannte "Gigawatt-Factory", ein Zusammenschluss zahlreicher Photovoltaik- und Windkraftflächen, soll bis 2030 insgesamt sieben Gigawatt Leistung bereitstellen. Doch diese Pläne brauchen Platz.
Dementsprechend schaut auch der Energiekonzern auf die rekultivierten Tagebauflächen. Gibt es nun einen Konflikt zwischen Stromerzeugung und Landwirtschaft - zwischen Bauern und Leag?
Franziska Uhlig-May, verantwortlich für die Genehmigungsplanung im Bereich erneuerbare Energien bei der Leag widerspricht. Durch den Braunkohleplan sei der Konzern zur Existenzsicherung der Landwirtschaftsbetriebe verpflichtet, sagt sie. "In dem Zusammenhang stellt sich diese Frage eigentlich nicht, sondern es geht darum ein zukunftsfähiges und tragfähiges Konzept für die Landwirte zu finden", so Uhlig-May.
Die Wirtschaftszweige sollen also möglichst miteinander verknüpft werden - Windräder, Photovoltaik-Anlagen und Landwirtschaft auf einer Fläche.
"Man könnte bei entsprechenden Abständen Getreide anbauen, auch Futter", sagt Landwirt Frank Schneider aus Heinersbrück. Auch die Weidehaltung bestimmter Tierarten hält er für möglich.
Auf manchen Flächen käme ihm eine alternative Nutzung sogar ganz gelegen. So verfügt die Genossenschaft seit dem Jahr 2000 über eine rekultivierte Fläche, die zwar ertragreich ist - allerdings auch 18 Kilometer vom Betriebssitz entfernt. Die Arbeiten auf der Fläche sind entsprechend aufwändig.
"Um diese Aufwendungen etwas zu reduzieren und der Fläche eine neue Perspektive zu verleihen, würde es sich anbieten auch hier eine Solaranlage zu errichten", so Schneider.
Bislang handelt es sich bei den Konzepten zur Doppelnutzung noch um Ideen. Konkret umgesetzt werden die aktuell erstmals bei Forst. Dort hat die Leag kürzlich die Genehmigung für einen Windpark auf rekultivierter Fläche erhalten. Die Gespräche mit dem betroffenen Landwirt laufen, wie der Energiekonzern sagt.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 18.07.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Aline Anders-Lepsch und Florian Ludwig
Artikel im mobilen Angebot lesen